Rätselhafte vierte Dimension

Die Zeit ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Die Relativitätstheorie hat die Vorstellung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft revolutioniert – und macht Physikern und Philosophen immer noch Probleme.

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Energie besser verstehen

Energie gilt als schwieriges Thema. In der Physik wird sie häufig ganz abstrakt nur als Bilanzierungsgröße betrachtet. Energie zu bilanzieren ist praktisch, da man verschiedene Prozesse miteinander vergleichen kann. Das ist beispielsweise ökologisch bedeutsam, um die Produktivität und Effizienz in Nahrungsketten und Ökosystemen zu berechnen.

 

Energie als Bilanzierungsgröße zu verwenden ist sinnvoll, erfordert jedoch ein großes Abstraktionsvermögen. Wie soll man sich etwas vorstellen, das man nur als Bilanz, das heißt als Mengenangabe kennt? Wenn dann beispielsweise von „Energiefluss“ die Rede ist, muss sich jeder Lernende (und Lehrende) fragen: „Was fließt denn da?“ Um Energie zu verstehen, muss man über Mengenangaben hinausgehen. Sie wird daher selbst in wissenschaftlichen Darstellungen meist recht anschaulich umschrieben. Für ein zutreffendes Verständnis müssen die Umschreibungen jedoch fachlich geklärt werden.

Energieumwandlung?

Ein bekannter Ökologe formuliert, dass Sonnenenergie bei der Photosynthese in Glukose umgewandelt werde. Energie wird jedoch nicht umgewandelt, schon gar nicht in einen Stoff. Energie ist Energie, bleibt unverändert und wird nichts Anderes. Es sei denn beim Urknall.

Energieformen?

Man redet von chemischer Energie und Bewegungsenergie, gar von Windenergie und Atomenergie. Auch hier gilt: Energie ist Energie und nichts Anderes. Daher gibt es streng genommen keine verschiedenen Energieformen: Unterschiedlich ist nicht die Energie, sondern die Formen, in denen Energie gespeichert oder übertragen wird. Beispielsweise spricht man besser nicht von chemischer Energie, sondern von chemisch gespeicherter bzw. chemisch übertragener Energie. Damit wird klar: Energie verändert sich bei Speicherung und Übertragung nicht! Sie bleibt Energie, nur die Speicherung oder die Übertragung sind unterschiedlich.

Energiereiche Stoffe?

Die Ausdrucksweise, dass Nährstoffe, Treibstoffe oder ATP (Adenosintriphosphat) „energiereich“ seien, nährt die Alltagsvorstellung, dass Energie eine stoffähnliche Substanz sei, die in den Stoffen enthalten ist. In ihnen steckt jedoch niemals Energie. Nicht Stoffe liefern Energie, sondern exergone chemische Reaktionen. Entsprechend werden Nährstoffe vom Organismus nicht durch Abbau energetisch genutzt, sondern durch Umsetzen mit Sauerstoff. Um Nährstoffe energetisch zu nutzen, müssen wir also nicht nur essen, sondern auch atmen! Der Zusammenhang von Ernährung und Atmung ist leider nur selten bewusst und wird im Unterricht meist ungenügend behandelt. Im Prozess der Zellatmung werden (abgebaute) Nährstoffe mit Sauerstoff umgesetzt. Beim Prozess der Zellatmung kommen also die mit Atmung und Ernährung aufgenommenen Stoffe zusammen, weshalb er ebenso gut „Zellernährung“ heißen könnte.

Energieträger?

Kein einzelner Stoff kann allein chemische Energie bereitstellen, sondern nur bestimmte chemische Systeme. Energieträger sind also nicht Nährstoffe, Treibstoffe oder Kohle, sondern chemische Systeme: Nährstoffe Sauerstoff, Treibstoffe- Sauerstoff, Kohle-Sauerstoff. Weil Sauerstoff allgegenwärtig ist, vergessen wir seine Rolle gern und setzen sie einfach voraus. Man beachte aber: Bei Kalorienangaben von Nahrungsmitteln handelt es sich um ihren Brennwert (Name!).

Energiereiche Bindungen?

Das Fachwort „Bindungsenergie“ suggeriert, dass Energie in chemischen Bindungen steckt. Die sogenannte Bindungsenergie bezeichnet jedoch die Energiemenge, die aufgewendet werden muss, um die Bindung zu spalten. Spalten von Bindungen erfordert Energie, Herstellen von Bindungen liefert Energie, und zwar umso mehr, je stärker die entstehenden Bindungen sind. Bei einer exergonen Reaktion haben daher die Produkte in der Summe stärkere Bindungen als die Reaktanden. Im Fall der Knallgasreaktion sind die Bindungen im Wassermolekül stärker als die in den Wasserstoff- und Sauerstoffmolekülen – siehe Abbildung 1.

Abb. 1: Die Knallgasreaktion

Es gibt also keine energiereichen Bindungen, sondern nur schwache Bindungen. Chemische Systeme mit schwachen Bindungen sind energetisch nutzbar. Dieser Zusammenhang kann anhand der Prozesse von Photosynthese und Zellatmung verdeutlicht werden. Chemisch sind beide Prozesse gegenläufig, die Summenformeln lauten:

Auch die Teilprozesse können parallelisiert werden, wobei die endergone Wasserspaltung (durch Nutzung der Energie des Lichts, Photoreaktion der Photosynthese) und die exergone Wasserbildung (Endoxidation der Zellatmung) sowie Synthese Reaktion der Photosynthese (Calvinzyklus) und Zitronensäurezyklus der Zellatmung aufeinander bezogen werden. Der Weg der Wasserstoffatome von der Wasserspaltung bis zur Wasserbildung – blau gekennzeichnet – kann in Abbildung 2 anschaulich nachvollzogen werden.

Abb. 2: Beziehungen zwischen Photosynthese und Zellatmung. Blau markiert: Der Weg der Wasserstoffatome

Dr. Ulrich Kattmann, Professor für Didaktik der Biologie an der Universität Oldenburg (i. R.) . Über 45 Jahre Vermittlung von Themen zur
Biologie, vor allem Evolution und Genetik, in Universität, Schulen, zahlreichen Vorträgen, Aufsätzen und Büchern.

Zum Weiterlesen: Der hier vorliegende Beitrag basiert auf dem Buch von Ulrich Kattmann: Neue Wege in die Biologie – Energienutzung durch Organismen. Buch für Lernende des Sekundarbereichs II. Seelze: Friedrich Verlag 2019. Zu Energiebilanzen vgl.: Mathias Trauschke (2016). Energie fließend verstehen, MINT Zirkel 3-2016

Mit Concept Maps ein tieferes Verständnis von Unterrichtsinhalten fördern

Symbolbild einer Mindmap mit Glühbirne

Wie können Lehrkräfte dafür sorgen, dass ihre Schülerinnen und Schüler ein tieferes Verständnis von Inhalten gewinnen, anstatt Inhalte eher oberflächlich zu lernen und kurzfristig zu behalten? Mit dieser zentralen Frage beschäftigt sich die Lehr-Lernforschung seit über vier Jahrzehnten. Eine vielversprechende Möglichkeit sind sogenannte Concept Maps. Wie effektiv ihr Einsatz im Vergleich zu anderen Methoden im Unterricht sein kann, beschreibt dieser Beitrag.

 

Mit Concept Maps lassen sich Begriffe und Zusammenhänge zu einem Thema oder Themengebiet in Form einer Netzstruktur graphisch darstellen. Concept Maps – nicht zu verwechseln mit Mindmaps – bestehen aus Knoten, Pfeilen und Pfeilbeschriftungen. Während die Knoten des Netzes wichtige Begriffe oder Inhalte darstellen, zeigen die Verbindungslinien oder Pfeile an, in welcher Beziehung die Inhalte zueinander stehen und wie sie miteinander zusammenhängen. So lassen sich beispielsweise der Prozess der Photosynthese oder Begriffe und Zusammenhänge zum Thema Energiewende sehr anschaulich in einer Concept Map visualisieren. Als analytischer Prozess können sie dabei helfen, Lernen aktiv zu gestalten: Sie animieren Lernende dazu, sich neue Inhaltsgebiete mit Schwerpunkt auf ihre Grundstrukturen zu erarbeiten und neue Informationen mit bestehendem Wissen zu verbinden. Die Lehr-Lernforschung nimmt an, dass die Arbeit mit Concept Maps ein tieferes Verständnis von Inhalten und Zusammenhängen fördert – unabhängig davon, ob Lernende sie selbst erstellen oder ob sie mit vorgefertigten Maps arbeiten. Seit den 1970er-Jahren werden Concept Maps strategisch zum Lernen und Lehren eingesetzt. Eine aktuelle Metaanalyse von Schroeder, Nesbit, Anguino und Adesope aus dem Jahr 2017 untersucht mit Fokus auf die MINT-Fächer, wie lernwirksam Concept Maps im Vergleich zu verschiedenen anderen Lernaktivitäten sind, denen derselbe Lerninhalt zugrunde liegt.

Wann sind Concept Maps besonders effektiv?

Insgesamt zeigt sich, dass Schülerinnen und Schüler sowie Studierende, die mit Concept Maps lernen, in der Regel bessere Lernleistungen erbringen als diejenigen, die einer anderen Lernaktivität nachgehen. Das gilt nicht nur für die MINT-Fächer, sondern über alle Fächer und Altersstufen hinweg. Und es macht auch keinen Unterschied, ob Lernende dabei individuell oder in Gruppen arbeiten. Außerdem fördern Concept Maps das Lernen, egal ob die Lernenden ihre eigenen Maps erstellen oder ob sie mit vorgegebenen arbeiten. Der Vorteil von Concept Maps zeigt sich deutlicher im Vergleich zu lehrerzentrierten Methoden – wie etwa Vorlesungen – oder Diskussionen im Plenum. Vergleicht man das Arbeiten mit Concept Maps mit Lernaktivitäten, die ähnliche kognitive Prozesse anregen – wie das Erstellen von Kurzzusammenfassungen oder Listen –, schneiden Concept Maps zwar immer noch besser ab, jedoch sind die Unterschiede zu diesen Lernaktivitäten nicht mehr so groß.

Darstellung einer ConceptMap
Eine Concept Map, veranschaulicht mit den Mitteln einer Concept Map

Concept Maps versus Essays

Eine exemplarische Untersuchung aus Deutschland veranschaulicht, wie solche Unterschiede konkret ermittelt werden. Die Studie von Haugwitz, Nesbit und Sandmann (2010) vergleicht zwei alternative Lehrstrategien: den Einsatz von Concept Maps und das Schreiben kurzer Essays. Beide Alternativen animierten Schülerinnen und Schüler, aktiv zu lernen und in Kleingruppen Zusammenfassungen von Informationen zu erstellen. Die Studie wurde im Biologieunterricht zum Thema „Herz und Kreislaufsystem“ mit 248 Schülerinnen und Schülern aus sieben Gymnasien durchgeführt. Sie konnten sich frei zu kleinen Lerngruppen von drei bis fünf Personen zusammenschließen und wurden dann per Zufall einer der beiden Alternativen zugeordnet. In fünf Lerneinheiten erarbeiteten sich die Schülerinnen und Schüler die Inhalte mit verschiedenen Lernmaterialien und fassten sie entweder in Concept Maps oder in kurzen Essays zusammen. Zentrale Begriffe waren dabei vorgegeben, die Zusammenhänge mussten sich die Gruppen selbst erschließen. Die Einheiten schlossen jeweils mit einem kurzen Wissenstest zu den Inhalten des Tages. Die Schülerinnen und Schüler der Concept-Map-Gruppe erhielten vor Beginn noch ein 15-minütiges Training zum Erstellen von Concept Maps. Die Ergebnisse zeigen, dass die Schülerinnen und Schüler, die mit Concept Maps arbeiteten, deutlich mehr Verbindungen zwischen den verschiedenen Lerninhalten herstellten und höhere Leistungen in den nachfolgenden Wissenstests erzielten als diejenigen, die Essays verfassten. Die Studie zeigt auch, dass insbesondere Lernende mit geringen Fähigkeiten vom Erstellen der Concept Maps profitieren, selbst wenn sie mit anderen leistungsschwachen Schülerinnen oder Schülern zusammenarbeiteten.

Fazit für die Unterrichtspraxis

Lernen aktiv zu gestalten, heißt Lernende zum Nachdenken über Inhalte, Strukturen und Zusammenhänge zu animieren. Sie sollen also kognitiv elaborieren, anstatt Lerninhalte bloß zu memorieren. Concept Maps stellen eine ganz konkrete Möglichkeit dar, diese kognitiven Prozesse gezielt zu unterstützen und Lernenden dabei zu helfen, sich auf die wesentlichen Grundstrukturen von Lerninhalten zu konzentrieren. Dies unterstreichen empirische Befunde aus mittlerweile über 40 Jahren Forschung. Es kann sich also lohnen, Lernaktivitäten mit Concept Maps ab und zu anstelle eines Lehrervortrags oder der Arbeit mit Texten und Zusammenfassungen in den Unterricht aufzunehmen. Dies gilt auch über die MINT-Fächer hinaus und kann gerade in der Sekundarstufe zu guten Lernergebnissen führen. Die Befunde zeigen, dass es sich auszahlt, wenn dafür etwas mehr Zeit zur Verfügung steht und Lernende auch einmal länger als eine Woche mit ihren Concept Maps arbeiten können.

Dr. Maximilian Knogler, Annika Schneeweiss


Weitere Informationen: Das Clearing House Unterricht (TU München) wird im Rahmen derQualitätsoffensive Lehrerbildung vom Ministerium für Bildung und Forschung gefördert. Das Modellprojekt bereitet die aktuell beste wissenschaftliche Evidenz zu Themen des MINT Unterrichts für die Lehrerbildung auf. www.clearinghouse-unterricht.de . Kurzreview Concept Maps www.bit.ly/2KbboYO

Mit Licht messen, musizieren und forschen

Symbolbild zur Ausstellung Laser-Licht-Leben

Vor 50 Jahren brach eine neue Ära in der Geschichte der Menschheit an. Die Astronauten installierten auf dem Mond Retroreflektoren, die einfallende Strahlung in die gleiche Richtung zurückwerfen, aus der sie kam. Mit ihrer Hilfe misst man noch heute die Entfernung bis zur Erde mit Hilfe von Laserlicht. Warum für solche Distanzmessungen nur Lasertechnologie in Frage kommt, erklärt die deutschlandweit einzigartige Ausstellung LASER | LICHT | LEBEN der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und der Technischen Universität München (TUM) im ESO Supernova Planetarium und Besucherzentrum auf dem Forschungscampus Garching.

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Vom Zuhörer zum Mitmacher: Interaktiv Präsentieren

Präsentationen haben in der Schule einen festen Platz im Unterricht – mit dem fortschreitenden Einzug digitaler Präsentationstechnik in die Klassenzimmer bekommen sowohl Lehrkräfte als auch Schülerinnen und Schüler immer häufiger die Möglichkeit, vorbereitete Inhalte digital zu präsentieren. Auch gut vorbereitete Inhalte leiden schnell an der Tatsache, dass die Kommunikation naturgemäß eher einseitig verläuft – eine Person oder eine kleine Gruppe präsentiert ihr Wissen, eine größere Gruppe ist zum Zuhören verdammt. Interaktivität findet nur sporadisch statt, obwohl sie gerade im modernen, zeitgemäßen Unterricht von großer Bedeutung ist.

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Plant for the planet – Fermi-Aufgaben zur Veranschaulichung der CO2-Emissionen

200 Milliarden Tonnen Kohlenstoff: Soviel Kohlenstoff enthält die Atmosphäre heute (Stand 2016: 400 ppm CO2) mehr als in vorindustrieller Zeit. Die Klimakrise ist für viele Menschen ein nur schwer zu fassendes Phänomen. Rechnungen im Stil von Fermi-Aufgaben können daher für die Aufklärungsarbeit an Schulen von großem Nutzen sein.

Eine Auseinandersetzung mit der Klimakrise erhöht die Chance für eine nachhaltige Verhaltensänderung. Für die Millionen und Milliarden Tonnen von CO2, um die es geht, fehlen uns leider Alltagserfahrungen.

Fermi-Aufgaben zur Veranschaulichung

Eine Veranschaulichung gelingt in der Umrechnung des CO2-Ausstoßes in die Größe einer Waldfläche, deren Brandrodung die gleiche Menge CO2 freisetzen würde. Für den Wald in Bayern findet man die Angabe, dass Bäume 27,78 Kilogramm Kohlenstoff pro Quadratmeter speichern (bei Regenwäldern liegt der Wert zwischen 12 und 40 Kilogramm). Mit diesem Wert kommt man z. B. für die 2016 in Deutschland geförderten 171,5 Millionen Tonnen Braunkohle mit einem durchschnittlichen Kohlenstoffanteil von 60 Prozent auf eine Waldfläche von rund 3.700 Quadratkilometer. Zum Vergleich: Das Ruhrgebiet hat eine Ausdehnung von 4.435 Quadratkilometern. Die weltweite Steinkohleförderung von 7.153 Millionen Tonnen im Jahr 2014 (7,153 × 1012 kg) entspricht sogar dem Kohlenstoffgehalt einer Waldfläche, die halb so groß wie Frankreich wäre. Das gesamte CO2, das bei der Verbrennung entsteht, reichert sich nur teilweise in der Atmosphäre an. In der Natur existieren viele sogenannte Kohlenstoffsenken, in denen das CO2 aus der Atmosphäre „verschwindet“. Eine davon sind die Ozeane, die durch die Aufnahme von CO2 immer mehr versauern. Die globale Biomasseproduktion, für die Algen etwa zu 50 Prozent verantwortlich sind, wird auf ca. 1014 Kilogramm pro Jahr geschätzt. Allerdings erfolgt auch eine Zersetzung von Biomasse in ähnlichem Umfang. Die anthropogenen, also menschengemachten CO2-Emissionen stören dieses natürliche Gleichgewicht.

Ausweitung der Waldflächen

Eine weitere Rechnung lässt sich zur Beseitigung des überschüssigen CO2 in der Atmosphäre durch das Pflanzen neuer Bäume anstellen, wobei von einem vollständigen Stopp menschengemachter CO2-Emissionen ausgegangen werden soll. Um die vorindustrielle CO2-Konzentration wiederherzustellen, müssten aus der Atmosphäre 375 Gramm Kohlenstoff pro Quadratmeter Erdoberfläche entfernt werden. Zusammen mit der Speicherkapazität von 27,78 Kilogramm Kohlenstoff pro Quadratmeter Wald ergibt sich, dass 1,5 Prozent der Erdoberfläche aufzuforsten wären; das ist 22 mal die Fläche von Deutschland oder fast zweimal die Fläche der Europäischen Union. Für eine Einordnung des Ergebnisses hilft der Vergleich mit der insgesamt vorhandenen Waldfläche: Bei rund 30 Prozent Landflächenanteil, von dem wiederum rund 30 Prozent bewaldet ist, ergibt sich ein Waldflächenanteil von neun Prozent. Es wäre also ein Zuwachs um 17 Prozent erforderlich (mindestens, da CO2 dann aus den Ozeanen in die Atmosphäre übergehen würde). Die wohl bekannteste Initiative zur Pflanzung von Bäumen – „Plant for the planet“ („Pflanzen für den Planeten“) – wurde 2007 von dem damals neunjährigen Schüler Felix Finkbeiner aus Pähl in Oberbayern ins Leben gerufen. In einem Referat entwickelte er die Idee, dass Kinder in jedem Land eine Million Bäume pflanzen könnten. Im Jahr 2008 wurde Felix in ein UN-Gremium für Kinder gewählt und hielt 2011 eine Rede vor den Vereinten Nationen. Eine zentrale Einnahmequelle ist der Verkauf der Schokolade „Die gute Schokolade“.

Bis zum Februar 2018 hat die Initiative nach eigenen Angaben mehr als 15 Milliarden Bäume gepflanzt. Bei einer üblichen Dichte von 500 Bäumen pro Hektar entspricht dies einer Fläche so groß wie Deutschland. Auch wenn es Jahrzehnte dauert, bis nach einer Aufforstung größere Mengen Kohlenstoff gebunden werden, so handelt es sich um einen ernstzunehmenden Beitrag, der leider dadurch geschmälert wird, dass zurzeit so viele Wälder gerodet werden, dass alle drei Jahre eine Waldfläche dieser Größe verschwindet.

Fermi-Aufgabe zur Reduzierung fossiler Energien

Eine drastische Reduktion fossiler Energie wäre im Prinzip möglich, da die Sonne die Erde in wenigen Stunden mit soviel Energie versorgt, wie die Menschheit im ganzen Jahr benötigt, was sich mit weiteren Fermi-Aufgaben nachrechnen lässt. Theoretisch könnte ein vollständig mit Solarzellen bedeckter Südsudan die benötigte Energiemenge bereitstellen. Für die Speicherung der Energie über unterschiedlich lange Zeiträume existieren verschiedene Technologien, die nur konsequent genutzt werden müssten.

Fazit

Wenn zügig eine kohlenstofffreie Energieversorgung hergestellt sowie auf die weitere Rodung von Regenwäldern und Trockenlegung von Mooren verzichtet wird, besteht Hoffnung, dass sich durch Aufforstungen und andere Maßnahmen das überschüssige CO2 noch rechtzeitig wieder aus der Atmosphäre entfernen lässt.

Prof. Dr. Daniel Gembris


Über den Autor:

Prof. Dr. Daniel Gembris ist Physiker und Dozent für Mathematik und naturwissenschaftliche Grundlagen an der Staatlichen Studienakademie Dresden der Berufsakademie Sachsen.


Link- und Literaturtipps:


Download-Material:

Hier finden Sie das Download-Material zu dem Artikel „Plant for the planet – Fermi-Aufgaben zur Veranschaulichung der CO2-Emissionen“ aus dem MINT Zirkel  03/18. (mit einer Diskussion einer 2019 veröffentlichten wissenschaftlichen Studie über Aufforstung als Maßnahme zum Klimaschutz). http://dx.doi.org/10.1126/science.aax0848


Können Tiere zählen?

„One, two, three“: So ähnlich klingen die Laute eines Orcas über das Unterwasser-Mikrofon – mit „Zählen“ hat das natürlich nichts zu tun. Auch „Wundertiere“ wie das Pferd „Kluger Hans“ (um 1900) konnten nicht wirklich zählen oder rechnen, sondern nur sehr gut auf die Erwartungshaltung ihres Trainers reagieren. Trotzdem sind Zählen und Schätzen keine typisch menschlichen Fähigkeiten – auch Tiere können „mehr“ von „weniger“ unterscheiden, also die Anzahl von Objekten oder Tönen vergleichen. Dieser Zahlensinn bedeutet für Tiere eine Reihe evolutiver Vorteile.

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