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Forschen für die Gesundheit

Kann man in naturwissenschaftlich-technischen Fächern bereits Achtklässlern wissenschaftliche Denkweisen vermitteln? Und gelingt es dabei, zusätzlich einen Bezug zur Praxis herzustellen?

In Biologie-, Chemie- oder Physikstunden gilt es, zahlreiche theoretische Sachverhalte zu vermitteln. Wenn zudem Zeit ist, einzelne Themen mit Experimenten zu vertiefen, ist das ein großer Gewinn. Besonders nachhaltig gelingt diese Vertiefung, wenn Schülerinnen und Schüler selbst zu einer motivierenden Fragestellung forschen können, z. B. in sogenannten „Forscherfällen“. Im Rahmen von Workshops zur Medizintechnik gelingt es der Initiative Junge Forscherinnen und Forscher e. V. (IJF), Schülerinnen und Schüler zu wissenschaftlichen Denk- und Arbeitswei sen anzuregen. Dort gelingen Betrachtungen, die zum Hinterfragen bewegen und zum Überdenken von Verhaltensweisen führen.

„In fünf Stationen erlebten wir die Welt der Medizintechnik. Ich startete mit dem Brain Computer Interface. Dabei bekommt man ein Gerät auf den Kopf gesetzt, das Gehirnströme auf einem Laptop sichtbar macht. Durch verschiedene Konzentrations auf gaben konnte ich Veränderungen in den Hirnströmen feststellen“, berichtete Laurenz, Schüler in der 8b des Robert- Mayer- Gymnasiums Heilbronn.

Dort und an einigen weiteren Schulen war die IJF mit ihren neuen Projekttagen „Zukunftsforscher – Technik für Gesundheit“ bisher zu Gast. Die Stationen beinhalten verschiedene Forscherfälle: Blutbilder mikroskopieren, Elektro kardio gramme (EKG) erstellen oder mittels einer Wärmbildkamera eine medizinische Thermografie durchführen. „An der letzten Station konnte man mit mithilfe von vielen Bechern verschiedene medizinische Schnelltests auf ihre Verlässlichkeit überprüfen. Spannend war, wie leicht Ergebnisse verfälscht werden können“, so das Resümee des Vierzehnjährigen.

Freiräume zum Forschen

Das Kennenlernen medizintechnischer Anwendungen in Form von Experimenten ist ein Teil der insgesamt acht Schulstunden der Würzburger MINT-Initiative im Rahmen ihrer Projekttage „Zukunftsforscher – Technik für Gesundheit“. Zu Beginn führt ein informativer Einführungsvortrag zu Naturwissenschaft und Technik in der Medizin in das Thema ein. Die IJF hat in ihrem Arbeitsheft praxisbezogene Fälle aufgegriffen. Forscherfälle, bei denen Schülerinnen und Schüler Protagonisten helfen sollen. Zum Beispiel der Fall „Herr Otto“: Ein 70-Jähriger führt mehrmals Glucose-Tests durch, erhält verschiedene Ergebnisse und ist deshalb verunsichert. Aufgabe ist es, herauszufinden, warum die Tests bei Herrn Otto zuhause andere Ergebnisse als beim Arzt liefern. „Was kann Herr Otto falsch gemacht haben?“ Solche Forscherfälle sensibilisieren Schülerinnen und Schüler dafür, dass Schnelltests richtig angewendet werden müssen und dass sie auch mal falsche Ergebnisse liefern können. Die von der IJF ausgedachten Experimente regen zum Hinterfragen an. Sie bewirken, dass sie ihr eigenes Verhalten überdenken. 

Mit den Projekttagen bietet die Initiative Schülerinnen und Schülern der achten bis zwölften Jahrgangsstufen die Möglichkeit, zu erfahren, welche Technik in Medizinprodukten steckt und wie man sie verantwortungsbewusst anwendet. Außerdem bekommen die jungen Menschen gezeigt, wie medizintechnische Produkte unsere Lebensqualität verbessern. Viele Produkte haben längst den Weg in den Alltag gefunden wie Fieberthermometer, Herzschrittmacher, Hörgeräte oder Prothesen. An die intensive Forschung und Entwicklung vorab denken die wenigsten.

Angebot ergänzt Bildungsplan

„Das Thema Medizintechnik passt gut zu unseren bisher behandelten Unterrichtsinhalten Auge und Optik. Als die Achtklässler beim ersten Projekttag selbst Brillen ausprobieren durften, die Sehbeeinträchtigungen simulieren und nachempfinden lassen, fingen sie an zu verstehen. Impulse und Ideen von extern, wie die der IJF, sind hilfreich. Sie verschaffen jungen Menschen einen emotionalen Zugang zum Thema und machen deutlich, dass Unterrichtsinhalte kein Selbstzweck sind, sondern ihre Berechtigung im Berufsalltag haben“, zeigte sich Biologielehrerin Ulrike Rabah am Robert- Mayer- Gymnasium Heilbronn begeistert.

Besonders beliebt – Eigene Ideen  handwerklich umsetzen

Am besten kommt bei den Schülerinnen und Schülern der Projektpart „Erfinden und Bauen“ an. „Hier sind sie gefordert, in Teamarbeit ihre eigenen Prototypen einer aktiven Handprothese zu designen und zu bauen“, sagt Dr. Mirjam Falge, Projektverantwortliche und wissenschaftliche Referentin der IJF. „Die Experimentierphase wird mit Begeisterung angenommen.“ Aus Alltagsgegenständen entstehen innerhalb von 45 Minuten Greifhilfen. Manche seien so gut durchdacht, dass sie auch in Wirklichkeit funktionieren und Patienten mit Handicap helfen würden. Gemeinsam mit Experten mit pädagogischem und naturwissenschaftlichem Hintergrund entwickelte Falge die praxisbezogenen Projekttage und das Arbeitsheft. Derzeit sind sie von Realschulen, Gymnasien oder Berufsoberschulen im Raum Heilbronn- Franken durch die Förderung der Arnfried und Hannelore Meyer- Stiftung kostenfrei buchbar. Eine Ausweitung ist geplant. Die Zusammenarbeit im naturwissenschaftlichen Unterricht von Schulen mit der Initiative Junge Forscherinnen und Forscher wird von Vittorio Lazaridis, Ministerialdirigent des Kultusministeriums Baden-Württemberg begrüßt und empfohlen.

Finaler Test: Lässt sich mit der selbstgebauten  Handprothese ein Becher samt 100 ml Wasser  Inhalt hochheben? Schüler probieren aus, ob  ihre Produktentwicklung erfolgreich war.

Was die Projekttage bei Schülerinnen und Schülern bewirken:

– Verständnis für die Relevanz von Naturwissenschaft und Technik im Gesundheitsbereich

– Verständnis für physiologische Aspekte des menschlichen Körpers wie Herz- Kreis laufsystem, Sinnesorgane, Muskeln und Nervensystem

– Förderung der naturwissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweise durch eigenes Experimentieren

– Planen und Entwickeln eines medizintechnischen Produktes mit Hilfe von Design Thinking

– Förderung von Kreativität, Empathie und Teamgeist

– Aufzeigen von Perspektiven in medizinisch-technischen Berufsfeldern

Natalie Dees


Weitere Informationen: Die IJF hat sich zum Ziel gesetzt, Kinder  und Jugendliche für MINT zu begeistern.  Seit nunmehr fast zehn Jahren ist die  Initiative an Schulen in Bayern und  Baden-Württemberg unterwegs. Die  jungen Naturwissenschaftler der IJF  (Master- oder Doktoranden) kommen  mit den Themen Bionik, Leichtbau,  Energie, Nanotechnologie, Informationstechnologie und Medizintechnik samt  kompletter Ausstattung an Schulen.
Initiative Junge Forscherinnen und  Forscher e. V., Elferweg 49,   D-97074 Würzburg  www.initiative-junge-forscher.de

 

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