Den Klimawandel mit Mathematik und Naturwissenschaften besser verstehen

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Kein Thema brennt Schülerinnen und Schülern aktuell so auf den Nägeln wie der Klimawandel. In der neuen Ausgabe des „Lehrerspezial“ gibt CASIO Anregungen rund um Umweltschutz und Klima für einen alltagsrelevanten Mathematik- und MINT-Unterricht ab Klasse 5.

Klimadaten messen, Umweltstatistiken nutzen und Klimaprognosen nachvollziehen – um komplexe Sachverhalte zu diesem hochaktuellen Thema zu verstehen, sind Mathematikkenntnisse gefragt. Im neuen „Lehrerspezial“ unter www.casio-schulrechner.de/lehrerspezial bekommen Mathematik- und MINT-Lehrkräfte Anregungen rund um das Themenfeld Klima. Ob Messungen der Gewässerqualität und Modellierung von Wetterdaten oder Integralrechnung mit Temperaturverläufen – das Lehrerspezial bietet viele Beispiele für einen anschaulichen Matheunterricht, der Spaß macht, an Interessen der Jugendlichen anknüpft und dazu beiträgt, dass Schülerinnen und Schüler die große Herausforderung „Klimawandel“ besser verstehen.

Experimente unterstützen dabei, die physikalischen Prozesse im Klimasystem nachzuvollziehen. Mit dem Messwerterfassungssystem C-Lab und dem Grafikrechner FX-CG50 lassen sich Daten wie etwa CO2-Gehalt und Temperaturen leicht messen und die Entwicklung der Messwerte live verfolgen. Das C-Lab stellt CASIO in der Rubrik „Produktspezial“ vor.

Wie Interessierte Jugendliche nach dem Schulabschluss in Klimaforschung und -schutz einsteigen können und wieso dafür neben Mathematik und Physik auch sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse wichtig sind, erklärt Dr. Ingo Harms vom Klima-Exzellenzcluster der Universität Hamburg im Interview. Außerdem stellt CASIO in der Rubrik „Berufsspezial“ einen Ausbildungsberuf im Bereich Klima und Umweltschutz vor.

Zur aktuellen Lehrerspezial-Ausgabe: www.casio-schulrechner.de/lehrerspezial

Unbekannte Alternative – naturwissenschaftliche  Ausbildungsgänge an Berufsfachschulen

Mit der Berufswahl zum Ende ihrer Schulzeit stehen alle Schülerinnen und Schüler vor einer weitreichenden Weichenstellung für ihr weiteres Leben. Dass diese Entscheidung vielen heutzutage immer schwerer fällt, ist angesichts der Vielzahl von Ausbildungsberufen und einer noch viel größeren Anzahl von Studiengängen durchaus nachvollziehbar. Umso wichtiger ist es, über die passenden Ausbildungsmöglichkeiten informiert zu sein. Manchmal werden dabei, gerade im naturwissenschaftlichen Bereich, interessante Alternativen übersehen.

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Wie sieht ein diversitätsorientierter MINT-Fachunterricht  aus, der möglichst alle anspricht?

Projekt "Teaching MINTD"

Wählen Mädchen eher soziale und Jungen eher technisch orientierte Berufsfelder? Wie sieht es aus mit der Diversität im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht? Das Projekt „Teaching MINTD“ an der PH Schwäbisch Gmünd beschäftigt sich mit dem Thema und hat zum Ziel, auf der Grundlage aktueller physik- und technikdidaktischer Forschungsergebnisse einen diversitätsorientierten Ansatz unter besonderer Beachtung des Gender-Aspekts für die Lehramtsausbildung zu entwickeln, zu erproben und zu implementieren.

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Ökologischer Fußabdruck im Ozean

Ozeane sind nicht beliebig belastbar und schon gar nicht „unendlich“, auch hier hat der Mensch seinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen. Bilder von Plastikmüll an einsamen Stränden, im Magen von Meerestieren und jetzt sogar im Marianengraben, dem tiefsten Punkt der Erde, haben das verdeutlicht. Erst Fotos machen Texte und Zahlen zu einer eindrucksvollen Botschaft. Aber wie fotografiert man die Erwärmung der Ozeane? Anschauliche Bilder sind rar – vielleicht wird die Ozeanerwärmung daher vergleichsweise wenig thematisiert. Die Rolle der Ozeane im Klimawandel darf aber nicht unterschätzt werden.

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Digitale Unterrichtsressourcen zum Thema Klimakrise

Einem Bericht des Weltklimarats von Ende 2018 zufolge bleiben der Menschheit für eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 °C nur noch wenige Jahre. Wird das Ziel verfehlt, besteht die Gefahr, dass das Klima in eine Art Teufelskreis gerät. Um die Problematik und Lösungsansätze Schülerinnen und Schüler nahezubringen, existieren vielfältige digitale interaktive Informationsangebote, von denen einige hier vorgestellt werden. 

Ein Beitrag von Prof. Dr. Daniel Gembris

 

Im Jahr 2016 betrug der Ausstoß von Klimagasen in Deutschland durchschnittlich elf Tonnen CO₂-Äquivalente pro Kopf. Diese Angabe umfasst sowohl die tatsächlichen CO₂-Emissionen als auch die anderer Klimagase, gewichtet mit ihrer Kli ma wirk sam keit im Vergleich zu CO₂. Für eine klimaneutrale Welt müssen die Emissionen auf unter eine Tonne CO₂- Äquivalente gedrückt werden. Mit dem CO₂- Rechner des Umweltbundesamtes (www.uba.co2-rechner.de) oder dem Klimarechner der Umweltorganisation WWF (www.wwf.de/themen-projekte/klima-energie/wwf-klimarechner) kann jeder näherungsweise seinen persönlichen CO₂-Fußabdruck berechnen. Bei einer umweltbewussten Lebensweise ist es möglich, um 40–60 Prozent unter dem Durchschnittswert zu bleiben. Entsprechende Einspartipps gibt zum Beispiel die App Klima-Helden des Umweltzentrums Hannover e. V. Klima Tracker (www.weweave.net) ist eine Android-App für eine kontinuierliche Bestimmung des individuellen CO₂- Fußabdrucks.

Bei einem dadurch ermöglichten Vergleich der CO₂-Emissionen von Schülerinnen und Schülern sowie ihrer Familien im Unterricht sollte aber unbedingt deren Privatsphäre geachtet werden. Niemand sollte am Pranger stehen.

 

Energie-Führerschein

 

Mit der App Energie-Führerschein aus Österreich (www.fluxguide.com), die sich besonders für die Jahrgangsstufen 7 und 8 eignet, lässt sich das Energie-Bewusstsein schärfen. Das Quiz-Programm bietet verschiedene Levels, die analog zu den Energie- Effizienzstufen von Haushaltsgeräten bezeichnet sind (von C bis A++). Mit jedem erfolgreich absolvierten Level verwandelt sich eine auf dem Smartphone oder Tablet angezeigte virtuelle Insel Schritt für Schritt von einer dreckigen Industrielandschaft in eine ökologische Musterinsel. Ab Level A werden Fragen gestellt, die eine kleine Rechnung erfordern, z. B. zur Bestimmung von Energiekosten. Nur wenige Fragen des Quiz beziehen sich spezifisch auf Österreich, wie z. B. eine zur Aufschlüsselung des dortigen Energieverbrauchs.

Ökologischer Umbau einer virtuellen Insel als Erfolgsbarometer in dem Quiz „Energie-Führerschein“
Simulation der Auswirkungen verschiedener Zeitverläufe der CO₂-Emissionen

Simulation der Auswirkungen des  CO₂-Ausstoßes

Die internationale Staatengemeinschaft hat sich das Ziel gesetzt, den weltweiten Temperaturanstieg gegenüber der vorindustriellen Zeit auf 2 °C, besser noch auf 1,5 °C zu begrenzen. Dem entspricht eine bestimmte, von der Menschheit verursachte Menge CO₂, die noch in die Atmo sphä re gelangen darf. Je früher die CO₂- Emis sionen abgesenkt werden, desto mehr Zeit bleibt bis zur Erreichung des Ziels. Und umgekehrt gilt: Je länger gewartet wird, desto schneller muss die Reduktion erfolgen – was zunehmend radikalere Maßnahmen erfordert. Mit der für iOS und Android erhältlichen, kostenlosen App CO₂- Modeller der Universität von Southampton/UK (www.co2modeller.info) lassen sich verschiedene Szenarien durchspielen. Für die Berechnungen wird eine – verglichen mit Modellen, die für Simulationen auf Supercomputern genutzt werden – stark vereinfachte Variante verwendet, die aber wesentliche klimarelevante Größen und ihre Zusammenhänge berücksichtigt.

Digitale Ressourcen zur Klimakrise

Keep cool 

In diesem Multiplayer-Spiel, an dem bis zu 50 registrierte Personen gleichzeitig teilnehmen können, ist das Ziel die erfolgreiche Führung einer Stadt, wobei zwischen  einem „schwarzen“ und einem „grünen“ Wachstum gewählt werden kann.  www.keep-cool-mobil.de

Flood Maps 

Hierbei handelt es sich um eine Erweiterung des Kartendienstes Google Maps, die  dafür sorgt, dass alle Flächen, die nach einem einstellbaren, durch Eisschmelze und  Wasserausdehnung verursachtem Meeresspiegelanstieg (maximal 60 Meter) unter  dem Meeresspiegel liegen, blau gefärbt dargestellt werden. http://flood.firetree.net

CO₂-Uhr 

Die CO2-Uhr des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change  (MCC) in Berlin veranschaulicht, wieviel CO₂ in die Atmosphäre abgegeben werden darf,  um die globale Erwärmung auf maximal 1,5 °C beziehungsweise 2 °C zu begrenzen. www.bit.ly/2kluDPf

Serena Supergreen

Ein für die Betriebssysteme iOS, Android, Mac OS X und Windows angebotenes Abenteuerspiel zur Berufsorientierung, das darauf abzielt, Schülerinnen für das Erlernen  eines technischen Berufs zu motivieren. Die Spielenden steuern die Jugendliche Serena  Supergreen, die nach einem Praktikum zusammen mit zwei Freundinnen in ihren  Ferien zu einer Insel reist. Sie finden diese verlassen vor und müssen erst einige  Herausforderungen, u. a. die Reparatur der dortigen Windkraftanlage, meistern, bevor  sie nach Hause zurückkehren können. Zum Spiel existiert umfangreiches Begleitmaterial für den Unterricht. https://serena.thegoodevil.com

Übersicht über Computerspiele und Apps zur Nachhaltigen Entwicklung

Tipps für die Bereiche Energiewende, Bürgerbeteiligung und Klimawandel. Einige  Online-Spiele basieren noch auf Adobe Flash und funktionieren daher nicht auf  Smartphones und Tablets. www.wir-ernten-was-wir-saeen.de/computerspiele-apps

Leben mit der Energiewende 

Bei „Leben mit der Energiewende“ handelt es sich um einen vom Journalisten Frank  Farenski produzierte Reihe von Open-Source-Filmen, die im Kino und anderen Orten   vom Regisseur gezeigt werden. www.lebenmitderenergiewende.de

Atmosfair 

Anbieter für eine sogenannte CO₂-Kompensation, die darin besteht, als Ausgleich  für CO₂-Emissionen, die von Privathaushalten vor allem durch die Benutzung von  Flugzeugen verursacht werden, Entwicklungshilfeprojekte zu finanzieren, die an  anderer Stelle zu einer Reduktion von CO₂-Emission oder einem Entzug von CO₂ aus  der Atmosphäre führen. www.atmosfair.de

Über den Autor

 

Prof. Dr. Daniel Gembris  ist Physiker und Dozent für  Mathematik  und  naturwissenschaftliche Grundlagen  an der Staatlichen Studienakademie Dresden der Berufsakademie Sachsen.

Rätselhafte vierte Dimension

Die Zeit ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Die Relativitätstheorie hat die Vorstellung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft revolutioniert – und macht Physikern und Philosophen immer noch Probleme.

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Energie besser verstehen

Energie gilt als schwieriges Thema. In der Physik wird sie häufig ganz abstrakt nur als Bilanzierungsgröße betrachtet. Energie zu bilanzieren ist praktisch, da man verschiedene Prozesse miteinander vergleichen kann. Das ist beispielsweise ökologisch bedeutsam, um die Produktivität und Effizienz in Nahrungsketten und Ökosystemen zu berechnen.

 

Energie als Bilanzierungsgröße zu verwenden ist sinnvoll, erfordert jedoch ein großes Abstraktionsvermögen. Wie soll man sich etwas vorstellen, das man nur als Bilanz, das heißt als Mengenangabe kennt? Wenn dann beispielsweise von „Energiefluss“ die Rede ist, muss sich jeder Lernende (und Lehrende) fragen: „Was fließt denn da?“ Um Energie zu verstehen, muss man über Mengenangaben hinausgehen. Sie wird daher selbst in wissenschaftlichen Darstellungen meist recht anschaulich umschrieben. Für ein zutreffendes Verständnis müssen die Umschreibungen jedoch fachlich geklärt werden.

Energieumwandlung?

Ein bekannter Ökologe formuliert, dass Sonnenenergie bei der Photosynthese in Glukose umgewandelt werde. Energie wird jedoch nicht umgewandelt, schon gar nicht in einen Stoff. Energie ist Energie, bleibt unverändert und wird nichts Anderes. Es sei denn beim Urknall.

Energieformen?

Man redet von chemischer Energie und Bewegungsenergie, gar von Windenergie und Atomenergie. Auch hier gilt: Energie ist Energie und nichts Anderes. Daher gibt es streng genommen keine verschiedenen Energieformen: Unterschiedlich ist nicht die Energie, sondern die Formen, in denen Energie gespeichert oder übertragen wird. Beispielsweise spricht man besser nicht von chemischer Energie, sondern von chemisch gespeicherter bzw. chemisch übertragener Energie. Damit wird klar: Energie verändert sich bei Speicherung und Übertragung nicht! Sie bleibt Energie, nur die Speicherung oder die Übertragung sind unterschiedlich.

Energiereiche Stoffe?

Die Ausdrucksweise, dass Nährstoffe, Treibstoffe oder ATP (Adenosintriphosphat) „energiereich“ seien, nährt die Alltagsvorstellung, dass Energie eine stoffähnliche Substanz sei, die in den Stoffen enthalten ist. In ihnen steckt jedoch niemals Energie. Nicht Stoffe liefern Energie, sondern exergone chemische Reaktionen. Entsprechend werden Nährstoffe vom Organismus nicht durch Abbau energetisch genutzt, sondern durch Umsetzen mit Sauerstoff. Um Nährstoffe energetisch zu nutzen, müssen wir also nicht nur essen, sondern auch atmen! Der Zusammenhang von Ernährung und Atmung ist leider nur selten bewusst und wird im Unterricht meist ungenügend behandelt. Im Prozess der Zellatmung werden (abgebaute) Nährstoffe mit Sauerstoff umgesetzt. Beim Prozess der Zellatmung kommen also die mit Atmung und Ernährung aufgenommenen Stoffe zusammen, weshalb er ebenso gut „Zellernährung“ heißen könnte.

Energieträger?

Kein einzelner Stoff kann allein chemische Energie bereitstellen, sondern nur bestimmte chemische Systeme. Energieträger sind also nicht Nährstoffe, Treibstoffe oder Kohle, sondern chemische Systeme: Nährstoffe Sauerstoff, Treibstoffe- Sauerstoff, Kohle-Sauerstoff. Weil Sauerstoff allgegenwärtig ist, vergessen wir seine Rolle gern und setzen sie einfach voraus. Man beachte aber: Bei Kalorienangaben von Nahrungsmitteln handelt es sich um ihren Brennwert (Name!).

Energiereiche Bindungen?

Das Fachwort „Bindungsenergie“ suggeriert, dass Energie in chemischen Bindungen steckt. Die sogenannte Bindungsenergie bezeichnet jedoch die Energiemenge, die aufgewendet werden muss, um die Bindung zu spalten. Spalten von Bindungen erfordert Energie, Herstellen von Bindungen liefert Energie, und zwar umso mehr, je stärker die entstehenden Bindungen sind. Bei einer exergonen Reaktion haben daher die Produkte in der Summe stärkere Bindungen als die Reaktanden. Im Fall der Knallgasreaktion sind die Bindungen im Wassermolekül stärker als die in den Wasserstoff- und Sauerstoffmolekülen – siehe Abbildung 1.

Abb. 1: Die Knallgasreaktion

Es gibt also keine energiereichen Bindungen, sondern nur schwache Bindungen. Chemische Systeme mit schwachen Bindungen sind energetisch nutzbar. Dieser Zusammenhang kann anhand der Prozesse von Photosynthese und Zellatmung verdeutlicht werden. Chemisch sind beide Prozesse gegenläufig, die Summenformeln lauten:

Auch die Teilprozesse können parallelisiert werden, wobei die endergone Wasserspaltung (durch Nutzung der Energie des Lichts, Photoreaktion der Photosynthese) und die exergone Wasserbildung (Endoxidation der Zellatmung) sowie Synthese Reaktion der Photosynthese (Calvinzyklus) und Zitronensäurezyklus der Zellatmung aufeinander bezogen werden. Der Weg der Wasserstoffatome von der Wasserspaltung bis zur Wasserbildung – blau gekennzeichnet – kann in Abbildung 2 anschaulich nachvollzogen werden.

Abb. 2: Beziehungen zwischen Photosynthese und Zellatmung. Blau markiert: Der Weg der Wasserstoffatome

Dr. Ulrich Kattmann, Professor für Didaktik der Biologie an der Universität Oldenburg (i. R.) . Über 45 Jahre Vermittlung von Themen zur
Biologie, vor allem Evolution und Genetik, in Universität, Schulen, zahlreichen Vorträgen, Aufsätzen und Büchern.

Zum Weiterlesen: Der hier vorliegende Beitrag basiert auf dem Buch von Ulrich Kattmann: Neue Wege in die Biologie – Energienutzung durch Organismen. Buch für Lernende des Sekundarbereichs II. Seelze: Friedrich Verlag 2019. Zu Energiebilanzen vgl.: Mathias Trauschke (2016). Energie fließend verstehen, MINT Zirkel 3-2016

MINT auf dem Acker: Wie ein praxisnaher Lernort in der Natur entsteht

Auf der eigenen Ackerfläche entwickeln Kinder nicht nur mehr Wertschätzung für Natur und Lebensmittel, die Lehrkräfte können hier zahlreiche Unterrichtsinhalte anschaulich vermitteln. Die GemüseAckerdemie unterstützt sie dabei: Im Laufe eines Jahres bauen die Schülerinnen und Schüler bis zu 30 verschiedene Gemüsearten auf dem eigenen Acker an.

 

Radieschen aussäen, den Acker mulchen oder Kartoffeln einpflanzen – all das ist für viele Schülerinnen und Schüler heute völliges Neuland. „Immer weniger Kinder und Jugendliche wissen, wo Lebensmittel herkommen oder haben schon einmal selber Gemüse angebaut“, erklärt Dr. Christoph Schmitz. Kinder und Jugendliche verlieren zunehmend den Bezug zu Natur, Umwelt und Landwirtschaft – und damit sinkt auch ihre Wertschätzung für Nahrungsmittel: Über 30 Prozent der Lebensmittel in Deutschland werden weggeworfen – laut Ernährungsreport 2018 vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) überproportional viele in Haushalten mit Kindern. Gleichzeitig begünstigt diese Entfremdung von der Natur ein ungesundes Ernährungsverhalten. Übergewicht und Diabetes nehmen bei Kindern kontinuierlich zu. Wer schon einmal einen kleinen Möhrensamen dabei begleitet hat, wie er nach und nach zu einer knackigen Möhre geworden ist, weiß, wie viel Zeit und Mühe das kostet. Genau da setzt das BNE-Bildungsprogramm GemüseAckerdemie an, das Schmitz entwickelt und 2013 an der ersten Schule getestet hat: „Egal, wie die Möhre am Ende aussieht, sie wird gegessen. Die Kinder würden niemals auf die Idee kommen, ihr selbst angebautes Gemüse wegzuwerfen“, so Schmitz über die Wirkungsweise des vielfach ausgezeichneten Programms. Bis zu 30 verschiedene Gemüsearten bauen die Schülerinnen und Schüler dabei innerhalb eines Jahres auf ihren Äckern an und hegen und pflegen sie von der Aussaat bis zur Ernte. Als GemüseKlasse können die Lehrkräfte mit ihren Schülerinnen und Schülern auch direkt im Klassenzimmer Gemüse anbauen und die Lehrplanthemen praxisnah am Gemüsebeet vermitteln. Um ein reflektiertes und nachhaltiges Konsumverhalten bei den Kindern zu verankern, wird das Programm von vielseitigen Bildungsmaterialien abgerundet. 2019 ackern knapp 19.000 Kinder an mehr als 450 Kitas und Schulen bundesweit mit der GemüseAckerdemie.

Mehr Wertschätzung für Natur und Lebensmittel

An fast jeder Schule oder in der unmittelbaren Nähe findet sich eine Fläche, auf der Gemüse angebaut werden kann. Auf dem Acker kommen die Kinder der Natur wieder nahe. Er wird als pädagogischer Lernort genutzt. Hier lernen sie nicht nur Gemüse kennen, sondern nehmen einen Regenwurm in die Hand und erfahren, warum er für den Anbau wichtig ist. Darüber hinaus setzen sie sich damit auseinander, wie Tomaten vom Acker über den Handel auf ihren Teller kommen. Doch die Schülerinnen und Schüler erwerben nicht nur neues Wissen rund um Lebensmittel. Sie beginnen vorausschauend zu denken, die Arbeit aufzuteilen, Verantwortung zu übernehmen, geduldiger zu werden. Und: Mit dem Scheitern umzugehen, wenn eine lang gehegte Pflanze eingegangen ist. Diese Sozialkompetenzen erwerben sie beim Unkraut jäten oder Tomaten ausgeizen. Besonders positiv kann sich das Ackern auch auf Kinder auswirken, die im regulären Unterricht auffällig sind. „Mein schönstes Erlebnis war, dass ein recht problematischer Schüler seine Erfüllung in der GemüseAckerdemie gefunden hat und die ganzen Sommerferien zur Verfügung stand“, berichtet eine Lehrerin.

Unterricht mit Praxisbezug

Die Aktivitäten auf dem Acker ermöglichen in vielen Fächern einen Praxisbezug. Die begleitenden Bildungsmaterialien der GemüseAckerdemie liefern dafür Angebote: So können die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel in einem Experiment den Sauerstoffgehalt des Bodens erforschen, den Verbrauch von virtuellem Wasser oder die Produktionskosten von bestimmten Lebensmitteln berechnen. Die Lehrkräfte am Gymnasium am Kattenberge in Buchholz in der Nordheide haben dafür ein didaktisches Konzept entwickelt. „Wir verknüpfen den Acker mit verschiedensten Unterrichtsfächern, zum Beispiel in Physik bei der Einführung des Energiebegriffs, in Chemie für Experimente mit Kartoffelstärke oder in Mathe zum Berechnen von Ernteerträgen und Wasserverbrauch mit dem Dreisatz“, erzählt Lehrer Tim Danker. Gemeinsam mit 19 Kolleginnen und Kollegen betreut er die 2,4 Hektar große Ackerfläche an dem Gymnasium, das auch MINT-EC-Schule ist. Der Acker wird so vielerorts von der gesamten Schule genutzt und stärkt auch den Gemeinschaftssinn. „Unser Acker ist ein Projekt, das viele verbindet: Lehrende, Schülerinnen und Schüler, Eltern und Externe. Wir haben am Wochenende zusammen Aktionen gemacht, etwa die Ackerfläche umzäunt“, erzählt Tim Danker. „Der Acker ist eine Möglichkeit, Schule ein bisschen zu verändern und hat ein Riesen-Potenzial.“

Lydia Ruwe

Die Bildungsprogramme der GemüseAckerdemie im Überblick

AckerSchule
Ein GemüseAcker wird als fester Lernort auf dem Schulgelände etabliert und über Bildungsmaterialien in den Unterricht integriert. Bis zu 30 Gemüsearten bauen die Schülerinnen und Schüler innerhalb eines Jahres an und erfahren so, wo unsere Lebensmittel herkommen und welche Bedeutung die Natur als Lebensgrundlage für uns hat.

Unterstützung für die Lehrkräfte
– Drei Fortbildungen
– Vollständige Ausstattung mit Saatund
Pflanzgut
– Unterstützung bei den Pflanzungen
– Tutorials im Login-Bereich und wöchentliche „AckerInfos“ per Mail mit Tipps und Tricks
– Umfangreiche Bildungsmaterialien und praktische Übungsanregungen

www.gemueseackerdemie.de

GemüseKlasse
In speziellen Indoor-Beeten bauen Schülerinnen und Schüler 20 Wochen lang Gemüse direkt im Klassenzimmer an und setzen sich spielerisch mit
Pflanzenwachstum, Lebensmittelverschwendung und Sortenvielfalt auseinander. Die Themen orientieren sich am Rahmenlehrplan für Sachunterricht. Im Fokus stehen 3. und 4. Klassen.

Unterstützung für die Lehrkräfte
– Komplette Beet-Sets inklusive Saat- und Pflanzgut
– Unterstützung bei der Bepflanzung
– Tutorials im Login-Bereich und wöchentliche „GemüsePost“ per Mail mit Tipps und Tricks
– Umfangreiche Bildungsmaterialien und praktische Übungsanregungen

www.gemueseklasse.de