Skip to content

Blue Crude – Kraftstoff der Zukunft?

Erdöl ist Basis zur Herstellung von Diesel und Benzin – doch das Vorkommen ist begrenzt und die Verbrennung schlecht für die Umwelt. Kann das synthetisch hergestellte Blue Crude ein emissionsneutraler Erdöl­ersatz werden?

Umweltfreundliche Alternativen zu den herkömmlichen Kraftstoffen sind ein wichtiges Thema des 21. Jahrhunderts. Energie aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind- oder Solaranlagen zu speichern und in Autos nutzbar zu machen, ist das große Ziel. Einen ganz anderen Weg gehen die Dresdner Entwickler des vom Bundesforschungsministerium geförderten Unternehmens Sunfire GmbH. Sie stellen einen synthetischen Ersatz für Erdöl – namens Blue Crude – her. Und da zur Synthese Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre verwendet wird, ist er – trotz der Emissionen beim Verbrennen – theoretisch emissionsneutral.

Herstellung

Das Syntheseverfahren zur Herstellung von Blue Crude lässt sich in drei Schritte unterteilen. Im ersten Schritt wird Wasser durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauer­stoff zerlegt. Hierfür wurde eine spezielle Wasserdampf-Elektrolyse entwickelt, die unter hohen Temperaturen arbeitet. Im zweiten Schritt wird Kohlenstoffdioxid mit Wasserstoff aus dem ersten Schritt zu Kohlenmonoxid reduziert. Wasserstoff und Kohlenmonoxid bilden zusammen das sogenannte Synthesegas. Dieses wird nun im dritten Schritt durch das bereits seit 1925 bekannte Fischer-­Tropsch-­Verfahren, das eigentlich zur Kohleverflüssigung bekannt ist, zu Blue Crude synthetisiert. Dieser letzte Schritt ist eine exotherme Reaktion, es wird also Energie frei, die wiederum zur Dampferzeugung für die Wasserdampf-Elektrolyse des ersten Schrittes genutzt wird. Damit werden besonders hohe Wirkungsgrade von 65 bis 70 Prozent erzielt. Das für die Synthese benötigte Kohlenstoffdioxid kann auf zwei Arten gewonnen werden. Es ist möglich, es dort abzufangen, wo es in großen Mengen entsteht, also in Kohlekraftwerken o. ä., oder es kann auch direkt aus der Luft extrahiert werden.

Vor- und Nachteile von Blue Crude

Neben der theoretischen Emissions­neu­tra­li­tät verbrennt der synthetisch hergestellte schadstoffärmer als herkömmlicher Diesel. Er ist größtenteils frei von Schwefel und Aromaten. Der entscheidende Vorteil von Blue Crude aber ist die bereits bestehende Infrastruktur. Es müssen keine neuen Raffinerien, Tankstellen oder Autos gebaut werden, lediglich neue Syntheseanlagen würden benötigt. Doch leider hat 2015 die Universität Stuttgart nachgewiesen, dass die Emissionsneutralität von Blue Crude wohl nur theoretisch erreichbar ist. Wird die Wärme, die für das Direct-­Air-­Capturing-­Verfahren benötigt wird, durch Erdgasverbrennung bereitgestellt und kommt der Rest der Energie aus erneuerbaren Energien, so ist eine CO2 -Einsparung gegenüber fossilen Brennstoffen von etwa 35 Prozent zu erwarten, wird Ökostrom verwendet, so steigt die Einsparung auf bis zu 85 Pro­zent an. Doch die Anlage hat hierbei einen sehr geringen Wirkungsgrad und wäre kaum konkurrenzfähig. Verwendet man hingegen den herkömmlichen Strommix, so ist mit deutlichen Mehr­emissionen im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen zu rechnen. Zudem ist Blue Crude gegenüber fossilem Erdöl deutlich teurer und wäre kaum konkurrenzfähig.

Aussicht

Blue Crude wird in absehbarer Zukunft kein sinnvoller Ersatz für fossiles Erdöl sein können. Nichtsdestotrotz bietet es eine interessante Alternative zum klassischen Erdöl. Werden die Erdölressourcen knapp, kann Blue Crude zu einer wichtigen Alternative für die Chemieindustrie zur Herstellung von Kunststoffen werden.

Henrik Schopmans, Deutsches Jungforscher­netzwerk – juFORUM e.V., Karlsruhe
| www.juforum.de

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Pinterest
XING
WhatsApp
Email

Ähnliche Beiträge

Header_MZ Blogbeitrag_04-2023 (12)
18. Juni, 2024
Eine auf den ersten Blick völlig unförmige Figur wird um eine Achse gedreht. Plötzlich nimmt ihr Schatten die Gestalt einer aus einer Kindersendung wohlbekannten Maus an. Dreht man sie weiter, erscheinen nacheinander die beiden besten Freunde der Maus: ein Elefant und eine Ente. Wie kann das sein?
Header_MZ Blogbeitrag_04-2023 (11)
28. Mai, 2024
Inmitten der fortschreitenden Debatte über nachhaltige Mobilität ist der Verbrennungsmotor nach wie vor ein zentraler Akteur auf deutschen Straßen und macht den Verkehrssektor zu einem der größten CO2-Verursacher. Um den Klimawandel zu stoppen, müssen wir den CO2-Ausstoß jedoch reduzieren. Die Nutzung erneuerbarer Energien wie Solarenergie, Windenergie, Wasserkraft und Geothermie anstelle von fossilen Brennstoffen könnte genau dazu beitragen. Der Verkehrssektor könnte durch die Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektroantriebe oder sogenannte E-Fuels nahezu emissionsfrei sein und somit die Umwelt und das Klima schützen und das Leben auf unserem Planeten nachhaltiger gestalten.
Blogbeitrag_Fachkräftemangel
14. Mai, 2024
Obwohl die Digitalisierung ist in den letzten Jahrzehnten viele Bereiche unseres Lebens verändert hat, ist die Integration digitaler Technologien in Bildungseinrichtungen noch nicht so weit fortgeschritten, wie es sich so manche Lehrkraft und so manche Schüler:in wünschen würde. Dabei werden ebendiese Schüler:innen von heute die IT-Fachkräfte von morgen sein.
TED-Talk_Bildung_Header_1920x1080
28. Februar, 2024
Wenn wir uns für ein bestimmtes Thema interessieren und dazu unser Wissen erweitern möchten, ist unsere erste Anlaufstelle oft das Internet, gefolgt von Podcasts, Wissensvideos oder Sachbüchern. TED Talks haben in den vergangenen Jahren in Deutschland zwar sicherlich an Bekanntheit gewonnen, fristen jedoch verglichen mit ihrer Popularität in englischsprachigen Ländern wie den USA oder Großbritannien noch immer ein Schattendasein – das jedoch völlig zu Unrecht.
Header_MZ Blogbeitrag_04-2023 (4)
11. Januar, 2024
Es ist ein hübsches Spiel für geduldige Kinder: Auf einer Holzplatte ist ein Kreis aufgezeichnet, und auf dem Umfang dieses Kreises sind in gleichmäßigen Abständen p – 1 Nägel eingeschlagen, wobei p in der Größenordnung von einigen Hundert liegt und am besten eine Primzahl ist. Die Nägel n sind fortlaufend nummeriert. Die Aufgabe besteht darin, für alle n von 1 bis p – 1 einen Faden von Nagel n zu Nagel 2n zu ziehen.
Header_MZ Blogbeitrag_04-2023
20. Dezember, 2023
Seit ein Artikel in der New York Times im Dezember 2017 über ein geheimes Programm zur Erforschung von unbekannten Luftphänomenen (UAP) im US-Verteidigungsministerium berichtete, häufen sich die Nachrichten zu UAP. Ein ehemaliger Geheimdienstoffizier sagte nun vor dem Kongress aus, dass die USA sogar im Besitz „intakter, nicht menschlicher Technologie“ seien. Sollte uns eine außerirdische Intelligenz besuchen, könnte diese Erkenntnis die Menschheit jedoch in eine kosmische Krise stürzen.
Header_Entdeckt_02-2023 (20)
5. Dezember, 2023
Albert Einsteins Relativitätstheorie dient heute als Werkzeug: Erstmals wurde die Masse eines Sterns anhand der Deformation seiner Raumzeit ringsum gemessen. Schon 1912 hatte Einstein entdeckt, wie ein Stern durch seine Schwerkraft die Lichtstrahlen eines anderen, viel weiter entfernten Sterns geringfügig verbiegt. Weil der Ablenkwinkel winzig ist, schrieb er 1936, nachdem er diesen Gravitationslinseneffekt erneut untersucht hatte: „Selbstverständlich besteht keine Hoffnung, das Phänomen zu beobachten.“
Header_Entdeckt_02-2023 (14)
8. November, 2023
Mit Platz für sieben reguläre Besatzungsmitglieder und einer ununterbrochenen menschlichen Präsenz seit Oktober 2000 ist die Internationale Raumstation (ISS) die größte und erfolgreichste Raumstation aller Zeiten. Ihre Zukunft jedoch wird immer ungewisser.
Header_Entdeckt_02-2023 (4)
10. Oktober, 2023
Je größer die Frequenz einer schwingenden Klaviersaite, umso höher ist der Ton, den der Mensch hört. Allerdings steigt die Tonhöhe nicht gleichmäßig mit der Frequenz an, sondern wird vom Gehör logarithmisch abgeflacht.
Header_Entdeckt_02-2023 (3)
27. September, 2023
Der Tag hat noch gar nicht richtig angefangen, da haben wir schon tausend Dinge im Kopf: schnell anziehen, frühstücken, zur Arbeit hetzen … Kaum dort angekommen, füllt sich der Schreibtisch schneller als ein Fußballstadion beim Finale der Weltmeisterschaft. Der Kopierer streikt, das Meeting wurde vorverlegt und der Kaffee ist alle. Nach nur zwei Stunden Arbeit ist man direkt wieder reif für das Bett, weil man letzte Nacht schon wieder kaum geschlafen hat.
MZ-2023_Beitragsbild (1)
15. September, 2023
Digital First, Textverstehen zweitrangig? Der Eindruck könnte entstehen, wenn man das Leseverhalten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit den Ergebnissen der empirischen Leseforschung kontrastiert. Denn die Leseforschung sagt, dass wir anspruchsvolle Sachtexte weniger gut verstehen, wenn wir sie digital lesen. Befragt nach ihren Lesegewohnheiten berichten aber Studierende, dass sie mehr als 80  Prozent ihrer Lesezeiten vor dem Bildschirm verbringen. Belletristik wird hingegen lieber auf Papier gelesen als auf dem E-Reader. Dabei gibt die Leseforschung mit Blick auf die narrativen Texte Entwarnung: Ein Nachteil ist mit der digitalen Lektüre nicht verbunden.
MZ-01-23_Beitragsbild BecksEcke
27. Juni, 2023
Ein raffiniertes Konzept könnte die elementarsten Arbeitsschritte eines Rechners auf eine völlig neue Grundlage stellen – aber das wird voraussichtlich nicht passieren.