Obwohl die Digitalisierung ist in den letzten Jahrzehnten viele Bereiche unseres Lebens verändert hat, ist die Integration digitaler Technologien in Bildungseinrichtungen noch nicht so weit fortgeschritten, wie es sich so manche Lehrkraft und so manche Schüler:in wünschen würde. Dabei werden ebendiese Schüler:innen von heute die IT-Fachkräfte von morgen sein. Eine Studie ergab nun, dass bereits heute ein Fachkräftemangel in Digitalisierungsberufen besteht. Könnte dies der berühmte Tropfen auf den heißen Stein sein, der die Klassenzimmer nun doch digitaler macht?
Ein Beitrag von Silke Panten
Das Beschäftigungswachstum in Digitalisierungsberufen verzeichnet bereits seit Jahren im Durchschnitt ein höheres Wachstum als alle anderen Berufe. Laut dem Kompetenzbarometer: Fachkräftesituation in Digitalisierungsberufen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) wird dies auch vorerst so bleiben, mindestens bis zum Jahr 2027. Das Problem: Es rücken nicht annähernd so viele Fachkräfte nach, wie Jobs entstehen. Die Rede ist hier sogar von einer Fachkräftelücke, die bis 2027 auf 128.000 ansteigen könnte.
Was sind eigentlich Digitalisierungsberufe?
Für Digitalisierungsberufe sind Kompetenzen vonnöten, die dazu befähigen, neue digitale Schlüsseltechnologien zu entwickeln, herzustellen, zu nutzen und zu verbreiten. Laut Kompetenzbarometer sind das insbesondere hoch qualifizierte Softwareentwicklungsexpert:innen, IT-Consultants sowie Fachkräfte für technische Informatik wie Data Scientists und KI-Expert:innen. Doch auch IT-ferne Berufe zählen dazu, so zum Beispiel Produktionsberufe im verarbeitenden Gewerbe wie Ingenieur:innen für Automatisierungstechnik, Mechatroniker:innen oder Fachkräfte zur Gestaltung von Digitalmedien. Insgesamt konnten für das Kompetenzbarometer 93 Digitalisierungsberufe identifiziert werden.
Wie kann man dem Fachkräftemangel entgegenwirken?
Es gibt natürlich mehrere Ansätze, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Einer der wichtigsten ist jedoch mit Sicherheit die Förderung von Bildung und Ausbildung. Wie gesagt: Die Schüler:innen von heute sind die IT-Fachkräfte von morgen. Um also die Anzahl qualifizierter Fachkräfte in digitalen Berufen zu erhöhen, sind die Bildung und die Ausbildung entscheidend.
Vorbereitung in die Schulen holen
Schulabgänger:innen sind häufig nur mangelhaft auf die Berufswelt vorbereitet. Sie wissen weder, welche Tätigkeiten sie interessieren und was ihnen Freude bereitet, noch haben sie einen Überblick darüber, welche Berufe zukunftsorientiert und chancenreich sind. Klar: Man lernt, was man kennt. Wie soll man über den Tellerrand schauen, wenn sich dort erst einmal ein riesengroßer Abgrund auftut?
Oder wenn es vor Möglichkeiten nur so wimmelt und man gar nicht weiß, wo man ansetzen soll, weil man seine individuellen Fähigkeiten nicht kennt? Hier kommen ein paar Handlungsempfehlungen, die sich bereits in der Schule umsetzen lassen:
- Berufsorientierung und Möglichkeiten für Praktika geben: Bereits an Schulen kann über eine große Zahl von zukunftsfähigen Berufen aufgeklärt werden; auch weniger bekannte Mangelberufe dürfen hierbei Beachtung finden. Es ist wichtig, dass Jugendliche noch in der Schule oder nach dem Schulabschluss die Möglichkeit haben, verschiedene Berufe über längere Praktika auszuprobieren, um sich selbst und die eigenen Fähigkeiten kennenzulernen, anstatt sich nahezu blauäugig für eine mehrjährige Berufsausbildung entscheiden zu müssen, die nicht zu einem passt.
- Digitale Lernressourcen einsetzen: Die Digitalisierung darf noch mehr Einzug ins Klassenzimmer halten, etwa in Form von digitalen Lernplattformen, mit deren Hilfe die Schüler:innen selbstständig lernen. Learning by doing, das trifft auch auf Digitalisierung, Informatik und KI zu.
- AGs oder Themennachmittage einrichten: Schulen können Arbeitsgemeinschaften (AGs) in Informatik, Programmierung, Datenanalyse und anderen relevanten Bereichen anbieten, um den Schüler:innen grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Soll der Einstieg niedrigschwelliger oder weniger verpflichtend und zeitintensiv sein, bieten sich auch Themennachmittage an.
- Extracurriculare Aktivitäten und Wettbewerbe organisieren: Mit spannenden Aktivitäten wie Coding-Clubs, Hackathons oder Wettbewerben im Bereich der Digitalisierung schafft man besondere Reize, um Schüler:innen die Möglichkeit zu bieten, praktische Erfahrungen zu sammeln und ihre Fähigkeiten in einem wettbewerbsfähigen Umfeld zu verbessern.
Maßnahmen für Lehrkräfte anbieten
Es ist nichts Neues, dass Lehrkräfte bereits mit den aktuellen Anforderungen ihres Arbeitsalltags aus-, wenn nicht gar überlastet sind. Kraft und vor allem Zeit, um extracurriculare Aktivitäten vorzubereiten und zu begleiten, bleibt hier oft nicht.
Wie könnten es Entscheidungsträger Lehrkräften also leichter machen, Schüler:innen entsprechend für Berufe in der Digitalisierung zu bilden?
- Fortbildungen und Schulungen anbieten: Lehrkräfte benötigen einen Zugang zu Fortbildungen und Schulungen, die ihnen helfen, ihre eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der Digitalisierung zu erweitern. Dies kann sowohl technische Fähigkeiten wie Programmierung oder KI als auch pädagogische Methoden umfassen, um digitale Themen effektiv im Unterricht zu vermitteln. excitingedu DIGITAL bietet hier zum Beispiel regelmäßig kostenfreie Online-Workshops für Lehrkräfte an.
- Ressourcen bereitstellen: Ebenso benötigen Lehrkräfte einen Zugang zu den notwendigen Ressourcen und Materialien, um digitale Inhalte und Technologien auch im Unterricht einsetzen zu können. Dazu gehört die Bereitstellung von Computern, Software, Onlinekursen und Lehrmaterialien.
- Partnerschaften mit Tech-Unternehmen und Expert:innen eingehen: Kooperationen mit Unternehmen und Fachkräften aus der Technologiebranche können dabei helfen, sowohl Lehrkräften als auch Schüler:innen Einblicke und praktische Erfahrungen zu vermitteln. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat hierzu hilfreiche Informationen zusammengestellt.
- Flexibilität im Lehrplan schaffen: Lehrkräfte sollten die Flexibilität haben, selbstständig digitale Themen in den Lehrplan zu integrieren. Dies kann bedeuten, dass Lehrpläne regelmäßig überarbeitet werden, um aktuelle Trends und Technologien in der Digitalbranche zu berücksichtigen. Es kann auch bedeuten, dass bürokratische Hürden aus dem Weg geräumt werden, um Lehrkräften niedrigschwellig die Möglichkeit zu bieten, entsprechende Themen in den Schulalltag einzubauen.