Inmitten der fortschreitenden Debatte über nachhaltige Mobilität ist der Verbrennungsmotor nach wie vor ein zentraler Akteur auf deutschen Straßen und macht den Verkehrssektor zu einem der größten CO2-Verursacher. Um den Klimawandel zu stoppen, müssen wir den CO2 Ausstoß jedoch reduzieren. Die Nutzung erneuerbarer Energien wie Solarenergie, Windenergie, Wasserkraft und Geothermie anstelle von fossilen Brennstoffen könnte genau dazu beitragen. Der Verkehrssektor könnte durch die Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektroantriebe oder sogenannte E-Fuels nahezu emissionsfrei sein und somit die Umwelt und das Klima schützen und das Leben auf unserem Planeten nachhaltiger gestalte.
Ein Beitrag von Dr. Thomas Müssig-Pabst
Es stellt sich allerdings die Frage, welche Antriebsart für den Individualverkehr überhaupt realistisch umgesetzt werden kann: Elektromotor mit Batterie, Elektromotor mit Wasserstoff oder klassischer Verbrennungsmotor? Hinzu kommt: Wie steht es jeweils um die Effizienz, also die Höhe des Energieverbrauchs? Und wie realistisch ist die Umsetzung, um die Klimaziele in der vorgegebenen Zeit bis 2045 überhaupt noch zu erreichen? Schauen wir uns zunächst einmal die Effizienz der einzelnen Antriebsmöglichkeiten an.
Energieeffizienz verschiedener Antriebsmöglichkeiten
Beim batteriebetriebenen Elektromotor treten die geringsten Energieverluste auf, was diese Antriebsart zu der mit dem höchsten Wirkungsgrad macht. 64 Prozent der hier zugeführten Energie werden bei der Fortbewegung des Fahrzeuges umgesetzt. Beim Laden der Batterie ist allerdings der Energieverlust bei Wechselstrom höher als bei Gleichstrom. Beim Antrieb mit Wasserstoff werden lediglich 27 Prozent der zugeführten Energie auf die Straße gebracht. Die größten Energieverluste ergeben sich hierbei aus der Herstellung durch Elektrolyse und Reinigung des Wasserstoffs, dem Transport und der Speicherung, bei der der Wasserstoff auf 600 bar komprimiert werden muss. Da diese Technologien schon sehr ausgereift sind, kann man in der Zukunft keine wesentlichen Effizienzerhöhungen erwarten. Das Benzin-Fahrzeug zeichnet sich durch den höchsten Energieverlust aus: Ganze 80 Prozent gehen hier verloren. Und was wäre, wenn statt Benzin E-Fuels verwendet würden?
So entstehen E-Fuels für Verbrennungsmotoren
Die Herstellung von E-Fuels aus Wasserstoff und Kohlendioxid erfolgt in mehreren Schritten:
- Schritt 1: Wasserstofferzeugung. Wasserstoff wird entweder durch Elektrolyse von Wasser oder durch Dampfreformierung von Erdgas oder Biomasse produziert.
- Schritt 2: Kohlendioxid-Abscheidung. Kohlendioxid wird aus industriellen Abgasen oder direkt aus der Luft abgeschieden.
- Schritt 3: Synthese. Wasserstoff und Kohlendioxid werden in einem Synthesereaktor unter hohem Druck und hoher Temperatur zu Methanol umgewandelt.
- Schritt 4: Methanol-Reformierung. Methanol wird in einem weiteren Schritt in einem Reformator in Kohlenwasserstoffe umgewandelt.
- Schritt 5: Raffination. Die Kohlenwasserstoffe werden in einer Raffinerie weiter aufbereitet und veredelt, um hochwertige E-Fuels zu produzieren.
Auswirkung auf den Energieverbrauch
Gemäß dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) ergibt sich folgender Strombedarf aus erneuerbaren Energien für die verschiedenen Antriebsmöglichkeiten pro 100 Kilometer:
• Elektromotor: 18 Kilowattstunden (kWh)
• Wasserstoff (Brennstoffzelle): 54 kWh
• synthetischer Kraftstoff (aus erneuerbaren Energien): 115 kWh
Demnach wird mit dem synthetischen Kraftstoff die über sechsfache Energiemenge im Vergleich zum batteriebetriebenen Elektromotor gebraucht. Auch die Brennstoffzelle liegt um den Faktor 3 hinter der Batterie. Macht es dann überhaupt Sinn, das Konzept des synthetischen Kraftstoffs weiterzuverfolgen?
Umsetzbarkeit der E-Fuels-Technologie
In Deutschland gibt es etwa 49 Millionen zugelassene Autos mit Verbrennungsmotoren. Der durchschnittliche Verbrauch dieser Autos beträgt etwa 6 Liter auf 100 Kilometer. Wenn man annimmt, dass alle diese Autos im Durchschnitt 12.000 Kilometer pro Jahr fahren, ergibt das einen jährlichen Verbrauch von etwa 35 Milliarden Litern Benzin oder Diesel. Geht man weiter davon aus, dass alle diese Autos auf E-Fuels umsteigen, müsste man also jährlich etwa 35 Milliarden Liter E-Fuels produzieren, um den Bedarf zu decken.
Die Pilotanlage von Porsche, die bis 2026 etwa 500 Millionen Liter E-Fuels aus Windenergie herstellen soll, zeigt, wie aufwendig es bereits ist, allein für Deutschland eine entsprechende Infrastruktur aufzubauen – ganz abgesehen von der Menge für 1,6 Milliarden Fahrzeuge weltweit. Betankt man alle in Deutschland zugelassenen Pkws mit E-Fuels, so würde sich der Stromverbrauch in Deutschland um ein Vielfaches erhöhen. Deutschland müsste sich dafür in noch größere Abhängigkeiten mit anderen politisch fragwürdigen Systemen bringen.
Nicht zu vergessen die Infrastruktur, die aufgebaut werden müsste, um E-Fuels herzustellen, denn auch die wäre gewaltig. Deshalb ist es wichtig, für den Individualverkehr statt E-Fuels andere technische Lösungen zu finden.
Fazit
Insgesamt kann man also feststellen, dass der Antrieb Elektromotor mit Batterie zumindest für den Individualverkehr aufgrund der hohen Effizienz und relativ einfachen Umsetzung die sinnvollste Lösung für die Zukunft ist, zumal diese Technologie die Transformation zu regenerativen Energien wegen der sehr effizienten Speicherung des Stroms unterstützt. Voraussichtlich wird nach heutigem Stand der Technik im Schwerlast-, Flug- und Schiffsverkehr jedoch die E-Fuels-Technologie ihre Anwendung finden. Es ist allerdings schwierig, hier in Bezug auf den Kraftstoffverbrauch eine genaue Schätzung zu machen, da dieser stark von verschiedenen Faktoren wie Routen, Entfernungen, Transportvolumen und Flugzeugtypen abhängt.
Quellen und weitere Infos
Mehr zum Strombedarf aus erneuerbaren Energien für die verschiedenen Antriebsmöglichkeiten:
Mehr zu den Wirkungsgraden von Elektroautos, Brennstoffzellen-Pkws und Benzinern:
Anzahl zugelassener Pkws in Deutschland: