Der Einsatz von Escape Games oder EduBreakouts im Unterricht ist heute bei Weitem keine so exotische Methode mehr wie noch vor ein paar Jahren. Mittlerweile gibt es zahlreiche Formate dieses kreativen Konzepts und alle sorgen für motivierende Abwechslung im Klassenzimmer. Auch aus meinem Unterricht sind Escape Games kaum noch wegzudenken und meine Schüler*innen fordern diese regelmäßig mit den Worten ein: „Herr Bendlow, wann machen wir mal wieder ein Escape Game?“
Ein Beitrag von Fabian Bendlow, Rhein-Sieg-Gymnasium, Sankt Augustin
Zum Ende des letzten Schuljahres wollte ich meine Schüler*innen allerdings mit etwas Neuem überraschen. Nach einem kurzen Brainstorming kam die Idee: Warum das Konzept nicht einmal umdrehen? So wurde aus EduBreakout ein EduBreakin. Die Schüler*innen sollen nicht aus einem Raum entkommen, sondern in einen Raum eindringen.
Die Hintergrundgeschichte
Aus der Schule wurde der MINT-Innovationspreis NRW entwendet, ein wichtiger Pokal, den das MINTeam der Schule, eine Gruppe engagierter MINT-Lehrkräfte, gewonnen hatte – darunter auch ihr eigener Lehrer, Herr Bendlow. Aufgabe der Schüler*innen bei diesem EduBreakin ist es zunächst, herauszufinden, dass ein Mitglied der Schulleitung den Pokal an sich gerissen hat. Dann gilt es herauszufinden, wo sich diese Person zur Zeit der Durchführung des EduBreakin befindet. Als letzte Herausforderung muss der Person der Pokal wieder entwendet werden, was nur durch geschickte Ablenkung gelingen kann. Erst wenn der Pokal wieder rechtmäßig in den Händen von Herrn Bendlow ruht, ist die Mission erfüllt. Hier meine Erfahrungen mit dem EduBreakin „Die Suche nach dem MINT-Pokal“.
Das Material
Der EduBreakin ist für einen Biologiekurs der Oberstufe konzipiert. Der Zeitrahmen umfasst eine Doppelstunde mit insgesamt 90 Minuten. Das aktuelle Thema Biomoleküle sollte den fachlichen Rahmen für die Gestaltung des Materials bieten. So finden sich im Material Aspekte wie Aminosäuren und Peptidbindung, Proteinstruktur und Denaturierung sowie Proteinfaltung und protein-assoziierte Krankheiten wieder. Daneben wird auch ein regionales MINT-Netzwerk, das zdi Rhein-Sieg, als Lerngegenstand thematisiert, weil es den besagten MINT-Preis verliehen hat.
Obwohl sich die Behandlung der biologischen Fachinhalte spielerisch gestaltete, wurde die Methode zum Neuerwerb des Fachwissens eingesetzt. Da die Schüler*innen über Schultablets verfügten, wählte ich eine digitale Lernumgebung für den EduBreakin. Diese sollte die gesamten Fachinformationenbereitstellen, aber auch den spielerischen Charakter des Konzepts unterstützen. Am Ende entschied ich mich für die Plattform Genially. Außerdem kaufte ich im Internet einen Pokal und ließ ihn mit einer eigenen Namensplakette versehen. Gemäß der Rahmengeschichte musste der MINT-Pokal von den Schüler*innen aus dem Besitz eines Schulleitungsmitglieds entwendet werden. Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich tatsächlich einen Kollegen gefunden habe, der bei dieser unkonventionellen Stunde als Übeltäter mitgewirkt hat. Da Herr Schürings (Name nicht verändert – Ehre, wem Ehre gebührt) tatsächlich Teil der Schulleitung der Petersberg Gesamtschule Oberpleis ist, war das Schauspiel perfekt. Als Oberstufenkoordinator war er außerdem allen Schüler*innen des Sekundarstufe-II-Kurses bestens bekannt, wodurch der EduBreakin noch authentischer und persönlicher für sie wurde.
Die Vorbereitung
Der EduBreakin ähnelt vom Aufbau her einer Schnitzeljagd. Die Schüler*innen werden zu Detektiv*innen und müssen in Teams den Verbleib der begehrten Trophäe ermitteln. Die Suche gliedert sich dabei in vier Phasen. Die Folien der einzelnen Phasen sind mit einem Passwort geschützt, um sicherzustellen, dass die Schüler*innen auch alle Fachinhalte oder Ermittlungsschritte während der Suche absolvieren. In jeder Phase müssen sich die Schüler*innen mit bestimmten biologischen Fachinhalten beschäftigen. Dazu können über die Genially-Oberfläche verschiedene Infoquellen wie Erklärfilme, Abbildungen oder Infotext abgerufen werden. Nach der fachlichen Recherche müssen die Schüler*innen ein Lernquiz absolvieren. Hierfür kam die Plattform LearningApps.org zum Einsatz. Nach erfolgreichem Abschluss des Quiz erhalten die Teams den nächsten Hinweis auf der Suche nach dem MINT-Pokal und das Passwort für die nächste Phase.
Die Durchführung
Um die Schüler*innen möglichst authentisch mit auf diese Reise zu nehmen und sie zunächst im Glauben zu lassen, dass unserem MINT-Team wirklich ein Pokal entwendet wurde, gestaltete ich meinen Auftritt am Anfang der Stunde entsprechend. Scheinbar stark angesäuert berichtete ich lautstark und wild gestikulierend von dem Diebstahl und ließ meiner schlechten Laune ungehemmt freien Lauf. Das eigentliche Thema der Stunde würde mit sofortiger Wirkung gestrichen und es ginge in den nächsten Minuten ausschließlich darum, den Pokal wiederzubeschaffen. Um die Dramatik und Ernsthaftigkeit zu unterstreichen, wählte ich ausnahmsweise entsprechende Worte im Kursraum: „Ihr habt jetzt 90 Minuten Zeit, um mir diesen Pokal zu bringen. Findet heraus, wer ihn gestohlen hat, und bringt mir, verdammt noch mal, den Pokal!“ Dieser etwas ungewohnte Stundeneinstieg gelang so glaubhaft, dass meine Schüler*innen völlig verwirrt waren und mir die Geschichte abkauften. Spätestens als ich die Schülerteams per QR-Code zu der vorbereiteten Genially-Tour schickte, war jedoch klar, dass diese unkonventionelle Stunde doch geplant war. Dies tat der Motivation jedoch keinen Abbruch. Noch innerhalb der Doppelstunde gelang es auch, den Übeltäter zu entlarven und den Pokal sicherzustellen.
Fazit
Mir als Lehrer hat dieses EduBreakin viel Freude bereitet. Die Schüler*innen sind voll auf die Geschichte angesprungen und haben sich motiviert und begeistert auf die Suche nach dem MINT-Pokal gemacht. Dies wurde auch in der anschließenden Feedbackrunde durch eine Schüleräußerung deutlich: „Es war eine geile Abwechslung!“
Hier geht’s zum EduBreakin
Die Genially-Lernoberfläche finden Sie hier:
Eine Übersicht inklusive der Passwörter für die einzelnen Phasen und der dadurch freigespielten Hinweise gibt es hier: