Die Versauerung der Ozeane hat dem Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung zufolge einen erheblichen Einfluss auf marine Lebensformen, insbesondere auf jene, die ihre Skelette und Schalen aus Kalk aufbauen (zum Beispiel Korallen, Muscheln, Schnecken, Kalkalgen). Diese Organismen spielen eine essenzielle Rolle im marinen Ökosystem. Der niedrigere pH-Wert des sauren Wassers beeinträchtigt jedoch ihr Wachstum und kann das gesamte Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen.
Ein Beitrag von Jun.-Prof. Dr. Nadine Tramowsky, Felix Nell und Laura Hipp
Besonders in den polaren Regionen ist die Ozeanversauerung deutlich erkennbar und stellt eine ernsthafte Bedrohung für kalkbildende Organismen dar. Das Verschwinden dieser Organismen könnte sich auf viele andere Arten auswirken und weitreichende Folgen für uns Menschen haben, deren Existenz von den Ozeanen abhängt. Es ist daher von höchster Bedeutung, das Bewusstsein für dieses komplexe Problem zu schärfen und Maßnahmen zum Schutz zu entwickeln.
Wie kommt es zur Ozeanversauerung?
Das Ozeanwasser hat im Durchschnitt einen leicht basischen pH-Wert von etwa 8. Mit steigender CO2-Konzentration in der Atmosphäre nehmen die Ozeane vermehrt CO2 auf, wobei es mit dem Wasser reagiert und Kohlensäure (H2CO3) entsteht. Die Kohlensäure gibt Wasserstoffionen an das Wasser ab, was wiederum zu einer Erhöhung der Wasserstoffionen-Konzentration führt und das Wasser saurer macht. Dieser physikalisch-chemische Prozess wird als Ozeanversauerung bezeichnet. Gegenwärtig nehmen die Ozeane etwa ein Viertel des anthropogen verursachten CO2 auf und tragen somit zur Milderung der globalen Erwärmung bei. Jedoch lässt diese Puffereigenschaft mit zunehmender Versauerung nach. Die Funktion der Ozeane als bedeutende „CO2-Senke“ wird daher in Zukunft abnehmen und den Treibhauseffekt weiter verstärken, sofern der CO2-Ausstoß nicht deutlich vermindert wird.
Eine Meerjungfrau in der Kontextgeschichte
Das Projekt AdUmint bietet Lehrkräften ein innovatives Tool zur Vermittlung der Ozeanversauerung im Kontext des Klimawandels. In einem faszinierenden Unterwasserabenteuer werden die Auswirkungen der Ozeanversauerung in einer sinnstiftenden Geschichte nach der Methode des digitalen Storytellings in einem Comic eingebettet. Die pädagogische Agentin dieser Geschichte, eine Meerjungfrau, lebt im Korallenriff und beobachtet besorgt, wie sich dieses verändert. Neugierig macht sie sich auf den Weg zum „Ocean Science Lab“, um mehr zu erfahren. Dort stellt sie die Forschungsfrage, welche Auswirkungen ein steigender CO2-Gehalt auf kalkbildende Lebewesen hat, und führt dazu ein Experiment durch. Die gewonnenen Erkenntnisse lassen die Meerjungfrau nicht mehr los, und sie setzt sich für den Schutz der Meeresorganismen ein. Die Geschichte wird zu einem inspirierenden Aufruf zum Schutz der marinen Lebensräume.
So funktioniert das Experiment
Im Experiment wird untersucht, wie sich ein erhöhter CO2-Gehalt im Meerwasser auf die dort lebenden Schalentiere auswirkt. Das Experiment unterteilt sich gemäß dem Forschungskreislauf in die Phasen Vermuten, Planen, Durchführen und Auswerten. Demnach stellen die Schüler*innen in der ersten Phase des Experiments Vermutungen darüber an, wie sich die Ozeanversauerung auf die im Meer lebenden Schalentiere auswirkt. Im zweiten Schritt soll das Experiment geplant werden. Um die Planung zu erleichtern, werden den Schüler*innen die für das Experiment benötigten Materialien dargeboten (Kreidestücke, Bechergläser, Leitungs- und mit CO2 versetztes Wasser (Sprudelwasser), Kreidehalter, Waage, Unterlage). Im Anschluss daran erhalten sie die Aufgabe, einen geeigneten Versuchsaufbau zu entwickeln. Um gleiche Bedingungen für das Experiment herzustellen, erhalten die Schüler*innen Hinweise über die Menge und Art des Wassers sowie über die Größe der Kreidestücke.
Die dritte Phase besteht aus der Durchführung des Experiments. Da die Kreide zu Beginn immer Wasser aufnehmen wird, muss diese zunächst für eine Minute in Leitungswasser gelegt werden. Jetzt können die Schüler*innen mit der eigentlichen Durchführung beginnen. Die erste Aufgabe ist, je ein Becherglas mit Leitungswasser und ein weiteres mit Sprudelwasser zu befüllen. Im nächsten Schritt werden die Kreidestücke gewogen. Anschließend werden beide Kreidestücke mithilfe des Kreidehalters gleichzeitig in das Sprudel und Leitungswasser gegeben. Nach zwei, vier und sechs Minuten wird der Kreidehalter wieder herausgeholt, die Kreidestücke werden abgetrocknet und erneut gewogen. Die Ergebnisse der Messung werden dabei tabellarisch festgehalten und anschließend in ein Koordinatensystem eingetragen. In der Phase der Auswertung sollen die Schüler*innen anhand der Beobachtungen aus dem Experiment entscheiden, ob ihre Vermutung aus der ersten Phase sich als richtig oder falsch erwiesen hat. Zum Abschluss soll erklärt werden, was es für die im Meer lebenden Schalentiere bedeutet, wenn der CO2-Gehalt im Wasser steigt.
Vorteile pädagogischer Agent*innen
Die Förderung von Experimentierkompetenzen in heterogenen Lerngruppen erfordert eine individuelle Gestaltung der Lernumgebung. Studien zeigen, dass Mädchen ausführlichere Erklärungen und Kontrollmöglichkeiten wünschen und Personen mit geringer Selbstwirksamkeitserwartung Anweisungen Schritt für Schritt befolgen. Eine gut strukturierte Instruktion und angemessene Unterstützungsmaßnahmen sind entscheidend für erfolgreiches Experimentieren im Unterricht. Um diese Herausforderungen zu bewältigen,
setzen unsere digitalen Experimentierumgebungen auf pädagogische Agent*innen, animierte Charaktere, die Schüler*innen beim Lernen begleiten und motivieren sollen. Forschungsergebnisse zeigen, dass sympathische Agent*innen, die durch die digitale Experimentierumgebung
führen, den Lernerfolg und die Motivation der Schüler*innen fördern können, besonders bei Lernenden ohne oder mit wenig Vorwissen.
Das Projekt AdUmint
Gefördert durch das BMBF hat das Projekt AdUmint das Ziel, Experimentierkompetenz und Selbstwirksamkeitserwartung im Bereich MINT zu fördern. Dazu werden digitale, barrierearme Anleitungen, unterschiedliche Darstellungsformen und gestufte Lernhilfen während der Durchführung von Experimenten zum Klimawandel eingesetzt.
Hier geht‘s zum Experiment
Das Experiment eignet sich für Schüler*innen der 5. und 6. Klasse. Das MuxBook kann in der Webversion abgerufen und mit der Remix-Funktion bearbeitet werden. Für die Arbeit am Smartphone ist das MuxBook nicht geeignet.
Literaturtipp
Domagk, S. (2008). Pädagogische Agenten in Multimedialen Lernumgebungen: Empirische Studien zum Einfluss der Sympathie auf Motivation und Lernerfolg.
Logos-Verlag.
Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (2022). Fakten zur Ozeanversauerung.
Irion, T. & Hägele, N. (2020). MuxBooks. Das Arbeitsheftkonzept der Gegenwart. Grundschule Deutsch, 65, 16–17.
Jahnke-Klein, S. (2011). Jungen und Mädchen im Mathematikunterricht. Was wünschen sie und wie sollte mit den Wünschen umgegangen werden? Pädagogik, 63(3), 14–17.
Tramowsky, N. (2023). MuxBooks. Digitale Stories mit Kindern im naturwissenschaftlichen Sachunterricht gestalten. In T. Irion, M. Peschel & D. Schmeinck (Hrsg.), Grundschule und Digitalität: Grundlagen, Herausforderungen, Praxisbeispiele (S. 315–324). Beiträge zur Reform der Grundschule, 155. Frankfurt am Main: Grundschulverband.