Skip to content

Auf der Suche nach Glücksklee

Viel Glück im neuen Jahr – das sollen die kleinen „Glücksklee“-Blumentöpfe verheißen, die alljährlich zu Silvester auf den Markt kommen. Tatsächlich handelt es sich dabei um Sauerklee (Oxalis tetraphylla) aus Mexiko, bei dem alle Blätter grundsätzlich aus vier Einzelblättchen
bestehen. Ein Glücksklee (Trifolium repens) verdient aber seinen Namen gerade dadurch, dass er sich nur mit etwas Glück finden lässt. Die normalen Blätter von echtem Klee bestehen aus drei Blättchen, die fingerförmig angeordnet sind. Daher der wissenschaftliche Gattungsname Trifolium, also Dreiblatt. Bei nur einem von 5.000 Blättern sind vier Blättchen vorhanden – solche Seltenheiten gelten in vielen Kulturen als Glücksbringer. Ob Gene oder Umwelt zu Viererklees führen, wird schon seit Jahrzehnten diskutiert. Der Schlüssel zum Glück(sklee) ist zwar noch nicht gefunden, aber sein Versteck konnte eingegrenzt werden.

Ein Beitrag von Dr. Inge Kronberg

Innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler gibt es fast 300 verschiedene Trifolium-, also Klee-Arten. Wegen einer für Hülsenfrüchtler typischen Symbiose mit Knöllchenbakterien helfen Kleepflanzen, Luftstickstoff in pflanzenverwertbare Stickstoffverbindungen umzuwandeln. Das verbessert die Bodenfruchtbarkeit und kann Kunstdünger ersetzen. Klee ist eine wertvolle Futterpflanze für Weidevieh. Die Schmetterlingsblüten des Klees sind eine wichtige Bienentracht – Kleehonig ist beliebt. Wegen dieser günstigen Eigenschaften wurde vor allem der Weißklee (Trifolium repens L.) weltweit verbreitet. Es ist also kein Wunder, dass es großes züchterisches Interesse an der Genetik des Klees gibt, Glücksklee-Erkenntnisse sind dabei eher ein Randeffekt.

Genetik des Weißklees

Für klassische Vererbungsuntersuchungen nach dem Vorbild von Gregor Mendel braucht man reinerbige (homozygote) Linien. So etwas findet man beim Weißklee aus verschiedenen Gründen aber nicht: Zum einen sind die Pflanzen ausschließlich fremdbestäubt, was Inzucht verhindert und Gene ständig neu kombiniert. Zum anderen sind in Weißkleezellen nicht nur zwei, sondern gleich vier Chromosomensätze vorhanden. Weißklee entstand nämlich aus zwei europäischen Arten, die nach der Eiszeit verschmolzen. Weißklee trägt als Hybridart weiterhin die Chromosomensätze beider Arten, er ist nicht diploid, sondern allo-tetraploid (2n = 4x = 32). Anders als bei Tieren ist so eine Polyploidisierung bei Pflanzen recht häufig (Raps, Pflaume, Erdbeere); sie verleiht durch die Genvielfalt oft eine bessere Anpassungsfähigkeit und erweitert die ökologische Nische.

Oxalis tetraphylla (Vierblatt-Sauerklee): Handelsübliche „Glücksklee“-Ware

So entsteht ein Glückskleeblatt

Trifolium repens (Weißklee): Glück gefunden?

Das Weißkleegenom ist also ausgesprochen mischerbig (heterozygot); im Erscheinungsbild gibt es Merkmalsvarianten bezüglich Blättchenzahl, Blattzeichnung oder Stielfarbe. In der modernen Genetik versucht man merkmalsbestimmende Gene zu finden, indem man nach bereits bekannten DNA-Sequenzen sucht. Treten solche „Marker“ gekoppelt mit dem Merkmal auf, lässt das auf ihre Nähe zum gesuchten Gen schließen. Als Marker dienen etwa kurze, nichtcodierende Basensequenzen in der DNA, die oft wiederholt werden (short tandem repeats). Bekannt sind sie eher von Analysen des genetischen Fingerabdrucks beim Menschen. Beim Weißklee wurden 22 solcher Marker und ihre Kopplung mit dem Glückskleemerkmal analysiert. Dadurch ließ sich ein DNA-Bereich eingrenzen, in dem mindestens ein rezessives Gen liegt, das für die Vierblättrigkeit codiert. Das Gen für die Dreiblättrigkeit ist aber dominant und unterdrückt die Entwicklung eines vierten Blättchens. Dieses dominante Dreiblattgen kann durch eine (somatische) Mutation im Blatt ausfallen, oder zumindest kann seine Aktivierung durch bestimmte Umweltbedingungen wie Temperatur und Nährstoffgehalt verhindert werden – ein Glücksklee entsteht! Die Vierblättrigkeit ist offenbar das ursprünglichere Merkmal, das zeigen auch die vielen Fiederblättchen anderer Hülsenfrüchtler, wie die von Erbse oder Wicke. Man kann es auch so ausdrücken: Eigentlich gibt es immer die Fähigkeit zum Glück(sklee), sie kann zwar durch vorhandene Anlagen unterdrückt werden, aber in einer geeigneten Umwelt wieder ans Licht kommen. Das sind doch glückliche Aussichten!

Tipps für die Suche nach Glücksklee

Haben Sie schon mal Glücksklee gefunden? Nein? Dann liegt das vielleicht nicht nur an dessen Seltenheit; vielleicht haben Sie einfach nicht richtig gesucht! Man braucht dazu Geduld, einen Blick für Feinheiten und Sinn für die natürliche Besonderheit – alles Eigenschaften, die tatsächlich Glück bringen können. Aussichtsreiche Fundstellen gibt es auf gut gedüngten Grünstreifen, Rasen oder Wiesen vor der ersten Mahd. Man sucht am besten im Frühling bei Sonnenschein, dann sind die Blättchen übersichtlich aufgeklappt. Die weiße Zeichnung der Blätter bildet beim Glücksklee ein Quadrat und kein Dreieck wie bei den restlichen Dreiern. Mit so einem Suchbild werden Einzelobjekte öfter gefunden, als es ihrer Häufigkeit entspricht – wenn man etwas übt. In der Evolution halfen Suchbilder den Sammelnden bei der Suche nach Nahrung, Werkstoffen oder eben auch Glücksklee! Der wissenschaftliche Name von Weißklee, T. repens, bezieht sich auf seine Fähigkeit, über Ausläufer ganze Flächen zu bewachsen. Jede Kleefläche entspricht einem Klon, also genetisch identischen Kleeblättern. Beim Suchen „scannt“ man am besten mit den Augen eine Kleefläche, das geht sogar bei großen Flächen rechtschnell. Wo man ein Viererklee entdeckt, sind oft noch weitere – findet man auf Anhieb keines, sucht man am besten gleich eine andere Kleefläche ab.

Weitere Besonderheiten

Übrigens gibt es (noch seltener) fünfblättrige Kleeblätter. Stehen die ersten drei Blättchen für Glaube, Liebe, Hoffnung und das vierte für Glück, soll das fünfte für Wohlstand sorgen. Es gibt aber auch bis zu zehnblättrige Kleeblätter – für diese ließen sich weitere gute Wünsche formulieren.

Suchbild für echtes Glücksklee: Die weiße Zeichnung der Blätter bildet ein Quadrat und kein Dreieck

Dr. Inge Kronberg

Dr. Inge Kronberg ist promovierte Biologin, Fachautorin und Wissenschaftsjournalistin. Sie schreibt in Lehrbüchern und Fachzeitschriften über aktuelle Themen aus der Ökologie, Genetik und Evolutionsbiologie. Im Schulbereich ist sie als Autorin von Natura Oberstufe, Markl Biologie und verschiedenen Unterrichtsheften tätig.

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Pinterest
XING
WhatsApp
Email

Ähnliche Beiträge

Schüler und Schülerin sitzen an einem Tisch im Klassenzimmer, während ihnen die Lehrerin etwas erklärt
11. Februar, 2025
Die Auseinandersetzung mit politischer Neutralität in Schulen und die Verantwortung von Lehrkräften in gesellschaftlichen Krisensituationen sind von zentraler Bedeutung für die Weiterentwicklung und den Schutz einer demokratischen und menschenfreundlichen Gesellschaft. Der Beutelsbacher Konsens bietet seit Jahrzehnten Orientierung für die politische Bildung in der Schule, auch über den Politikunterricht hinaus. Er betont die Notwendigkeit, kontroverse Themen im Unterricht kontrovers zu behandeln, ohne die Schüler:innen dabei zu indoktrinieren.
Mädchen löst eine Matheaufgabe
22. Januar, 2025
Trotz vielfältiger Maßnahmen in den Bereichen Gendersensibilisierung, Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit sind Frauen in Deutschland in MINT-Berufen im Schnitt immer noch unterrepräsentiert. Zwar gibt es mittlerweile Fachgebiete mit paritätischer Verteilung (etwa Biologie, Medizin), aber auch viele Fachgebiete mit weiterhin extrem niedrigen Frauenanteilen (beispielsweise Physik, Ingenieurswissenschaften). Das zeigt, wie wichtig es ist, eine gendersensible MINT-Bildung zu fördern, die Mädchen und junge Frauen gezielt ermutigt, sich in bisher männerdominierten Bereichen auszuprobieren und langfristig Fuß zu fassen.
Bild eines Schülers mit VR-Brille
16. Januar, 2025
Kann die Zukunft uns verzaubern? Oft blicken wir mit gemischten Gefühlen auf das, was vor uns liegt. Doch Trend- und Zukunftsforscher wie Matthias Horx ermutigen uns, die Möglichkeiten von morgen nicht nur als mitunter Angst einflößende Herausforderung, sondern auch als vielversprechende Chance zu sehen. Sein Buch Der Zauber der Zukunft lädt dazu ein, sich mit einem positiven Blick auf Veränderungen einzulassen – ein Gedanke, der gerade für Lehrkräfte spannend ist. Doch wie können wir diese Perspektive auch in die Klassenzimmer bringen?
Mit dem DESI-Instrument in Arizona wird gegenwärtig eine dreidimensionale Karte der Position und Bewegung vieler Millionen Galaxien erstellt
27. November, 2024
Der Erkenntnisfortschritt der modernen Kosmologie verlief in den letzten zwei, drei Jahrzehnten rasant. Und doch sind die Konsequenzen äußerst kurios. Noch tappt die Wissenschaft vom Universum buchstäblich im Dunkeln, denn der Hauptbestandteil des Alls ist rätselhaft.
Strahlend heller Sonnenschein am klaren blauen Himmel mit ein paar zarten, dünnen Wolken im Hintergrund.
25. November, 2024
Wie fängt man Sonnenlicht am besten ein? Das ist nicht nur bei der Aufstellung von Photovoltaikanlagen wichtig, sondern auch für die Sonnenenergiewandler der Pflanzen, also bei ihren Blättern und deren Verzweigung und Ausrichtung. Es ist nicht vorteilhaft, wenn sie sich gegenseitig im Wege stehen und beschatten. Die Blattstellung folgt einem geometrischen Muster, das, mathematisch betrachtet, mit Spiralen, Selbstähnlichkeit, Fibonacci-Zahlen und dem Goldenen Winkel zu tun hat.
Mehrere Hände, die in einem Klassenzimmer vor einer Tafel mit mathematischen Formeln in die Luft gehoben sind
15. November, 2024
Bildungsdiskussionen in Deutschland sind immer auf Messers Schneide: Auf der einen Seite müssen wir darüber sprechen, was wir eigentlich erreichen wollen. Auf der anderen Seite soll es nicht in langwierige Diskussionen über abstrakte Begriffe abdriften. Was vonnöten ist, ist ein Kern, der die Diskussion bestimmt. Dieser liegt darin, warum wir noch Schulen haben. Sie sind Orte des Lernens – oder sollten es sein. Wir brauchen einen Gegenentwurf zu dem traditionellen Schulverständnis.
Energiefresser Internet
28. Oktober, 2024
Das Internet ist zu einem unverzichtbaren Teil unseres Alltags geworden. Wir alle nutzen es, wenn auch zu ganz unterschiedlichen Anteilen, zur Kommunikation, Unterhaltung, Arbeit und Bildung. Doch kaum jemand macht sich Gedanken darüber, wie viel Energie für all diese Dienste und Daten im Netz aufgewendet werden muss.
Mikrophon mit Publikum im Hintergrund
13. August, 2024
Im ersten Teil der Reihe über TED Talks ging es um Gamification-Ansätze im Klassenzimmer, um den „Schüler“ ChatGPT und darum, wie künstliche Intelligenz das Bildungssystem bereichern kann. Inzwischen ist das TED-Universum um einige weitere inspirierende Talks zum Thema Bildung angewachsen – und auch ältere Talks haben nichts an Aktualität verloren, denn der Wandel der Bildungslandschaft scheint ein immerwährendes Thema zu sein. Grund genug, immer mal über den eigenen Tellerrand zu schauen und sich für den eigenen Unterricht inspirieren zu lassen, etwa mit einem neuen Blick auf Tests und Klassenarbeiten.
Welcome Collection London
19. Juli, 2024
Wie groß ist der Radius der Erde? Fallen alle Objekte mit derselben Geschwindigkeit? Und warum erscheinen die Farben eines Regenbogens immer in der gleichen Reihenfolge? Bei all dem Wissen, das uns das Internet heute in Sekundenschnelle wie auf einem goldenen Tablett präsentiert, vergessen wir allzu oft, welch jahrhundertealte Geschichte hinter so manchen Fakten steckt – und wie viel Versuch und Irrtum.
Header_MZ Blogbeitrag_04-2023 (12)
18. Juni, 2024
Eine auf den ersten Blick völlig unförmige Figur wird um eine Achse gedreht. Plötzlich nimmt ihr Schatten die Gestalt einer aus einer Kindersendung wohlbekannten Maus an. Dreht man sie weiter, erscheinen nacheinander die beiden besten Freunde der Maus: ein Elefant und eine Ente. Wie kann das sein?
Header_MZ Blogbeitrag_04-2023 (11)
28. Mai, 2024
Inmitten der fortschreitenden Debatte über nachhaltige Mobilität ist der Verbrennungsmotor nach wie vor ein zentraler Akteur auf deutschen Straßen und macht den Verkehrssektor zu einem der größten CO2-Verursacher. Um den Klimawandel zu stoppen, müssen wir den CO2-Ausstoß jedoch reduzieren. Die Nutzung erneuerbarer Energien wie Solarenergie, Windenergie, Wasserkraft und Geothermie anstelle von fossilen Brennstoffen könnte genau dazu beitragen. Der Verkehrssektor könnte durch die Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektroantriebe oder sogenannte E-Fuels nahezu emissionsfrei sein und somit die Umwelt und das Klima schützen und das Leben auf unserem Planeten nachhaltiger gestalten.
Blogbeitrag_Fachkräftemangel
14. Mai, 2024
Obwohl die Digitalisierung ist in den letzten Jahrzehnten viele Bereiche unseres Lebens verändert hat, ist die Integration digitaler Technologien in Bildungseinrichtungen noch nicht so weit fortgeschritten, wie es sich so manche Lehrkraft und so manche Schüler:in wünschen würde. Dabei werden ebendiese Schüler:innen von heute die IT-Fachkräfte von morgen sein.