Eine verlorene Schiffsladung ist nicht nur ein Ärgernis für die Reederei, in den meisten Fällen hat solch ein Ereignis zudem negative Folgen für die Umwelt. Im Januar 1992 gelangten durch einen Sturm etwa 28.800 Kunststofftiere ins Meer. Unter dem Namen „Friendly Floatees“ wurden sie weltbekannt und halfen der Wissenschaft, die windgetriebenen Oberflächenströmungen besser zu verstehen.
Ein Beitrag von Christoph Maitzen
Das unter griechischer Flagge fahrende Frachtschiff Ever Laurel verlor auf seiner Fahrt von Hongkong (China) nach Tacoma (Washington, USA) am 10. Januar 1992 im Nordpazifik in einem schweren Sturm drei Container. Aus diesen Containern gelangten etwa 28.800 Kunststofftiere (gelbe Enten, grüne Frösche, blaue Schildkröten, gelb-rote Biber) ins Meer. Aufgrund ihrer Dichte schwimmen die Kunststofftiere an der Oberfläche und werden durch die Oberflächenströmungen immer mal wieder an Strände gespült. Als im November 1992 einige Stofftiere in Alaska angespült wurden, erkannte der US-amerikanische Ozeanforscher Curtis Ebbesmeyer deren Bedeutung. Die Reise der Friendly Floatees nutzte er, um die Modellierung der windgetriebenen Oberflächenströmungen auf den Weltmeeren zu verbessern.
Fünf thematisch passende Aufgaben für den Unterricht
Um in unteren Jahrgangsstufen einen interessanten thematischen Zugang zur Verschmutzung der Weltmeere zu erhalten, eignen sich gelbe Badeentchen stellvertretend für die grünen Frösche, blauen Schildkröten und gelb-roten Biber am besten. Hier kommen fünf Ideen für Aufgaben, mit deren Hilfe die Schüler*innen tiefer in das Thema „Oberflächenströmungen“ eingeführt werden können.
Aufgabe 1: Die von Entchen bedeckte Fläche berechnen
In der ersten Aufgabe geht es darum, ein Gefühl und eine Vorstellung von der Anzahl der 28.800 Kunststofftiere zu erhalten. Die Schüler*innen sollen die folgenden Aufgaben lösen: Wie groß ist die von den Kunststofftieren bedeckte Fläche, wenn sie
nebeneinander aufgestellt werden? Wie viele Entchen passen auf den Boden des Klassenraums? Die Erkenntnis: Die 55 Millimeter langen und 60 Millimeter breiten Floatees benötigen gut 95 Quadratmeter Fläche; dies sind weit mehr, als in einen normalen Klassenraum passen.
Aufgabe 2: Orte mit ihren geografischen Koordinaten finden
Grundlage für die weiteren Aufgaben ist eine Karte mit den Oberflächenströmungen vom National Oceanography Centre in Southampton. Die Karte steht online zur Verfügung (siehe folgenden Kasten). Auf dieser Karte kann jeder Ort mithilfe seiner geografischen Koordinaten (Längen und Breitengrad), die am Bildrand angegeben sind, aufgesucht werden. Aufgabe der Schüler*innen ist es, den Unfallort des Frachters und Orte, an denen Kunststofftiere gefunden wurden, in die Karte einzuzeichnen.
Aufgabe 3: Oberflächenströmungen auf den Weltmeeren erkennen
Durch das Zusammenwirken von Winden, Erdrotation und Form der Meeresbecken gibt es fünf große Meereswirbel: zwei im Atlantik, zwei im Pazifik und einen im Indischen Ozean. Die Randströmungen dieser Meereswirbel sind auf der westlichen Seite des Ozeans warm und schnell, da sie warmes Wasser aus dem Bereich des Äquators mit sich führen. Auf der östlichen Seite sind die Randströmungen kalt und langsam, da sie kaltes Wasser aus den polaren Regionen mit sich führen. Die Schüler*innen sollen diese fünf Wirbel auf der Karte mit ihrer Strömungsrichtung erkennen und markieren. Zudem sollen sie den ersten Reiseabschnitt der Entchen vom Unfallort nach Sitka in Alaska in die Karte einzeichnen.
Aufgabe 4: Entfernungen bestimmen
Google Maps bietet die Möglichkeit, mit wenigen Klicks die Entfernung zwischen zwei Orten auf der Erdoberfläche zu messen. Im Gegensatz zur Karte mit den Oberflächenströmungen, wo die Strecke als gerade Linie eingezeichnet werden kann, wird sie auf Google Maps wegen der Erdkrümmung gebogen dargestellt. Auf der Karte werden die Landmassen in den polaren Regionen verzerrt größer dargestellt, als sie in Wirklichkeit sind. Die Reise der Entchen erfolgt entlang der Meeresströmungen und die von ihnen zurückgelegte Strecke wird so um ein Vielfaches größer. Die Meereswirbel können von den Entchen in Teilen, aber auch mehrfach durchfahren werden. In dieser Aufgabe erkunden die Schüler*innen mögliche Reiserouten der Entchen an die chilenische Küste, über die Beringstraße in den Atlantik, auf die Hebriden (Schottland) und an die Küste Namibias.
Aufgabe 5: Müllstrudel in den Ozeanen berechnen
Durch die Kreisbewegung führen die fünf großen Meereswirbel dazu, dass sich in ihnen Müll – vor allem Plastikmüll – ansammelt und sie so zu großen Müllstrudeln werden. Expert*innen nehmen an, dass 15 Prozent des Meeresmülls an der Wasseroberfläche treiben, 70 Prozent auf dem Grund landen und weitere 15 Prozent die Küsten erreichen. In dieser Aufgabe berechnen die Schüler*innen die Größe der Müllstrudel (auch im Vergleich zur Fläche von Deutschland) und wie viele Plastikteile sich in ihnen befinden. Man darf sich die Müllstrudel nicht so vorstellen, dass sich in ihnen flächendeckend ein Müllstück an das andere reiht. Vielmehr geht man davon aus, dass sich in dem Müllstrudel im nordpazifischen Ozean (Great Pacific Garbage Patch) durchschnittlich ein Plastikteil pro Quadratmeter und in den übrigen Strudeln ein Plastikteil auf fünf Quadratmetern befindet. Das Great Pacific Garbage Patch, das sich zwischen Hawaii und Kalifornien befindet, soll 1,6 Millionen Quadratkilometer groß sein und ist damit etwa viereinhalbmal so groß wie Deutschland.

Weitere Unterrichtsmaterialien zum Thema „Müll“
Das Projekt Science Education through Earth Observation for High Schools (SEOS) ist eine Initiative zur Nutzung der Satellitenfernerkundung der Erde in den Lehrplänen für die naturwissenschaftliche Ausbildung an Gymnasien. SEOS wurde von der Europäischen Kommission (EG) finanziert und wird von elf Partnern aus europäischen Ländern und in Kooperation mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) durchgeführt. Die Website bietet 17 Tutorials zu Umwelt- und Wissenschaftsthemen an:
SEOS bietet zudem eine sehr interessante und informative Lerneinheit auf Deutsch zum Thema „Meeresströmungen“:
Die Schutzstation Wattenmeer bietet auf ihren Internetseiten unterschiedliche Unterrichtsmaterialien zum Thema „Meere ohne Müll“ an:
Eine mathematische Aufgabenumgebung zum Thema „Müll in der Nordsee“ wird beschrieben in Maitzen, C. (2018). Müll in der Nordsee. Statistische Daten im Sachkontext. In: Was sagt mir das? Statistik(en) besser verstehen, Mathematik 5–10, Heft 43/2018, Friedrich Verlag, Seelze, S. 22–25.

Christoph Maitzen
Christoph Maitzen ist Diplom-Physiker und arbeitet als Gymnasiallehrer für die Fächer Mathematik und Physik an der Ziehenschule in Frankfurt/Main. Er ist Mitherausgeber der Fachzeitschrift Mathematik 5–10 (Friedrich Verlag) und aktiv im Verein Mathematik-Unterrichts Einheiten-Datei e.V. (MUED.de). Seit 2008 veröffentlicht er als Autor Fachartikel, Fach- und Schulbücher.