Das Mikroskopieren stellt eine für die Naturwissenschaften einzigartige Arbeitsweise dar und ist als eine Form des Untersuchens für den Biologieunterricht von besonderer Bedeutung. Beim Mikroskopieren werden die Sinne durch das Mikroskop erweitert und Objekte sowie Phänomene der Natur erfahrbar, die makroskopisch nicht untersucht werden können. Neben den systematischen Beobachtungen können aber auch weitere Fähigkeiten gefördert werden.
Ein Beitrag von Dr. Karl Porges, Maren Nordmann, Dr. Hans-Werner Gross, Prof. Dr. Uwe Hoßfeld
Zu diesen Fähigkeiten gehören die zielgerichtete Präparation von Objekten, wie das Anfertigen und Anfärben mikroskopischer Schnitte, und die erweiterte Dokumentation von Ergebnissen durch mikroskopische Zeichnungen. Gleichzeitig fördert die Arbeit mit einem Mikroskop bei Kindern das genaue, sorgfältige Arbeiten, die Feinmotorik, das räumliche Vorstellungsvermögen sowie den Blick für Details. In der Kombination von Anforderungen an apparative und zeichnerische Fertigkeiten, Beobachtungskompetenz und Selbstkompetenzen wie Genauigkeit, Aufmerksamkeit und Konzentration ist das Mikroskopieren eine komplexe Handlung. Zudem trägt die selbstständige Analyse und Beobachtung von Vorgängen unterhalb der Sichtbarkeitsgrenze erheblich zum Wissensgewinn und einem Grundverständnis für biologische Forschungsgegenstände bei. Das Mikroskopieren erfordert daher besondere Beachtung bei der Planung von Unterrichtseinheiten. Mithilfe eines Mikroskops werden problemorientiertes Arbeiten und forschendes Lernen möglich, das bei den meisten Lernenden großes Interesse und Motivation weckt.
Eine kurze Geschichte der Mikroskopie
Die Entdeckung der Mikroskopie eröffnete den Mikrokosmos als neues Forschungsfeld und lieferte einen bedeutenden Beitrag zur biologischen Bildung. Die Popularisierung der Mikroskopie begann bereits im 17. Jahrhundert mit den ersten Veröffentlichungen, die durchaus ein breites Publikum erreichten. Anfangs faszinierten die neuen Einblicke in der Forschung. Einige Menschen brachten durch ihre semiprofessionelle Beschäftigung mit der mikroskopischen Morphologie bedeutsame Erkenntnisse an die Öffentlichkeit und gaben Impulse für die Wissenschaft. Während die mikroskopische Forschung dann stagnierte, erfreute sich das Mikroskop im 18. Jahrhundert in gebildeten gesellschaftlichen Kreisen großer Beliebtheit. Die Verbesserung der optischen Qualität der Mikroskope ab dem 19. Jahrhundert führte zu einer Fülle von Entdeckungen in den sich nun in Fakultäten wie Biologie, Medizin etc. differenzierenden Universitäten. Heute gehören Mikroskope zur Grundausstattung einer Schule, denn Schüler*innen lernen hier nicht nur die Bedeutung des Mikroskops für die Naturwissenschaften kennen, sondern zugleich seine sachgerechte Handhabung. Auch üben sie den Umgang mit Dauer- bzw. das Anfertigen von Frischpräparaten sowie das Auswerten mikroskopischer Bilder und das Anfertigen mikroskopischer Zeichnungen.
Literaturtipps
Carl Zeiss Microscopy GmbH, Hoßfeld, U., Müller, H.-L., Wachtel, S. (2016): „Mikroskopie für den Biologieunterricht. Praktische Experimente für die biologische Ausbildung.“ Carl Zeiss AG Jena.
Gross, H.-W. (2021): „Der Bildungswert der Kleinwelt“ – Von der Popularisierung der Mikroskopie. Verhandlungen zur Geschichte und Theorie der Biologie, Band 23, S. 23–42.
Porges, K., Hoppe, T., Hoffmann, C., Scheidemann, M., Hoßfeld, U. (2021): „Biologie und Bildung im Jenaer Modell. Ausgewählte Unterrichtsmaterialien.“ 3. überarbeitete Auflage. Jena: AG Biologiedidaktik
Schlüter, W. (1978): „Mikroskopie für Lehrer und Naturfreunde. Eine Einführung in die biologische Arbeit mit dem Mikroskop.“ Berlin: Volk und Wissen
Dauerpräparate an jeder Schule
Alle mikroskopischen Präparate bestehen aus vier Teilen, von denen immer drei transparent sein müssen: Objektträger, Einbettungsmedium, zu untersuchendes Objekt und Deckgläschen. Man unterscheidet Dauer- und Frischpräparate. Frischpräparate sind Nasspräparate, bei denen meist Wasser als Einbettungsmedium dient. Sie werden zum sofortigen Untersuchen hergestellt und anschließend meist gleich wieder entsorgt. Andernfalls müssen sie bedingt haltbar gemacht werden, indem das Wasser gegen ein in kurzer Zeit aushärtendes Harz getauscht wird. Dauerpräparate sind gefärbte oder ungefärbte mikroskopische Präparate, die in einem speziellen Medium zwischen dem Objektträger und dem Deckglas eingeschlossen werden. Sie sind so für längere Zeit konserviert und können jederzeit wieder mikroskopiert werden. Dauerpräparate, die in jeder Schule existieren, sind beispielsweise Blutausstriche, verschiedene Wurzel-, Blatt-, Sprossachsenquerschnitte, Moosblättchen, Riesenchromosomen, Blutgefäße oder Dünndarmzotten.
Durch Laminieren lassen sich Fundstücke konservieren
Gibt es eine Alternative zu den kostspieligen Dauerpräparaten und den nur kurzlebigen Frischpräparaten? Lassen sich jahreszeittypische „Fundstücke“ oder auch Phänomene wie Insektenflügel oder Pollen schnell und unkompliziert konservieren? Kann zudem die Gefahr des Glasbruchs vermieden werden? Die Antwort ist ja. Durch das Laminieren ausgewählter trockener Objekte können diese für die Hosentasche haltbar und handhabbar gemacht werden. Derartige Präparate kann die Lehrkraft mit wenig Aufwand vorbereiten. Einzig ein Laminiergerät ist dazu notwendig, und im Laminieren sind Lehrkräfte bekanntermaßen ja Profis. Neben den Objekten lässt sich auch leicht eine Beschriftung integrieren. Hier empfiehlt sich das Anlegen einer Excel-Tabelle, will man Klassensätze beschrifteter Präparate herstellen.
So werden Lernende eingebunden
Im Allgemeinen ist aber das Lernen durch Tun, das praktische Arbeiten dem bloßen Konsumieren vorzuziehen. Wenn es also möglich ist, sollte sowohl das Sammeln als auch das Laminieren von den Kindern selbst durchgeführt werden. Motivierend ist es sicher auch, wenn die Lernenden ihre biologischen Objekte anschließend mit nach Hause nehmen können. Zu beachten ist jedoch, dass Anschauungsobjekte wie Pollen für Menschen mit Allergien problematisch sind. Für das Sammeln und
Bestimmen durch die Schüler*innen empfehlen sich daher eher ausgewählte Pflanzensamen und Teile toter Insekten. Insektenflügel gehören zu den trockenen Objekten und können ohne Vorbereitung mikroskopisch untersucht werden. Dazu werden die lufttrockenen Objekte ohne Deckglas auf einen Objektträger gelegt oder laminiert. Es können ausschließlich äußere Merkmale mit geringer Vergrößerung betrachtet und gezeichnet werden. Deshalb ist meist auch ein Binokular ausreichend.
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Objekte mikroskopisch im Unterricht untersuchen
Ein Arbeitsblatt mit Anregungen für den Biologieunterricht können Sie sich hier herunterladen: