Unterschiedlichste Anwendungen der 3-D-Drucktechnologie führten in den letzten Jahren in vielen Bereichen der Industrie und Forschung zu enormen Fortschritten. Die stetige Weiterentwicklung zukünftiger Anwendungsmöglichkeiten wie der 3-D-Druck von Häusern oder das sogenannte Bioprinting, also der Druck von Gewebestrukturen oder Organen, lässt darüber hinaus vermuten, dass die Bedeutung der 3-D-Druckindustrie auch weiterhin stark zunehmen wird. Lässt sich das auch im Kontext einer Bildung für nachhaltige Entwicklung einsetzen?
Ein Beitrag von Dr. Oliver Straser, Aileen Fahrländer und Prof. Dr. Katja Maaß, Pädagogische Hochschule Freiburg
Bereits jetzt verwenden namhafte Hersteller im Fahrzeug- und Flugzeugbau 3-D-Drucktechnologien in der Serienfertigung zur Erzeugung besonders leichter und stabiler Bauteile. In der Medizinindustrie können durch 3-D-Druck Prothesen für Beine und Arme passgenau und kostengünstig hergestellt werden. Bei der Restauration alter Gebäude mit aufwendigen Ornamenten werden gut erhaltene Teile zunächst 3-D-gescannt und anschließend wieder ausgedruckt. Diese Anwendungsbeispiele sollen nicht nur die gesellschaftliche Relevanz dieser Technologie verdeutlichen, sondern zeigen auch, dass 3-D-Druck in immer mehr Berufen, auch außerhalb des MINT-Bereichs, eine zunehmend wichtige Rolle spielt.
3-D-Druck in der Schule
Seit der Verfügbarkeit von erschwinglichen und unkompliziert einsetzbaren 3-DDruckern kann die Implementierung des 3-D-Drucks auch im Bildungsbereich eine entscheidende methodische Bereicherung darstellen. Der 3-D-Druck kann dabei eine innovative Möglichkeit sein, wichtige Fähigkeiten wie räumliches Denken und Problemlösestrategien zu fördern, und bietet durch seine Anschaulichkeit einen ganz entscheidenden Mehrwert. So können im Fach Mathematik beispielsweise Kantenmodelle geometrischer Körper gedruckt werden, im Fach Geografie topografische Karten oder im Fach Biologie vergrößerte Modelle biologischer Zellen. Auf verschiedenen Onlineportalen werden bereits Anschauungsobjekte und Experimentiersets speziell für den Einsatz im Bildungsbereich kostenfrei angeboten, seien es optische Illusionen, mathematische Körper, Chaospendel oder lineare Partikelbeschleuniger.
Mathematischer Körper aus dem 3-D-Drucker | © Fahrländer/Straser
Plastikmüll vs. BNE?
Wichtig dabei ist, dass der 3-D-Druck – wie alle neuen Medien auch – kein Selbstzweck bleibt, sondern als neues Werkzeug im Lerngeschehen in ein pädagogisches Konzept eingebettet sein muss. Für Schüler*innen scheint außerdem die Möglichkeit, eine Fragestellung von der Planung bis zur Realisierung zu begleiten, stark motivierend zu sein. Kreativität sowie multiperspektivische Herangehensweisen können durch offene Zusammenarbeit am 3-D-Modell gefördert werden; vielfältige Problemlösestrategien bieten dann wiederum die Möglichkeit, einen konstruktiven Umgang mit Fehlern zu schulen. Allerdings lassen sich solche Lernumgebungen, auch aufgrund einer Druckdauer von häufig bis zu mehreren Stunden, nicht immer einfach realisieren. Doch wie passen 3-D-Druck inklusive des dadurch entstehenden Plastikmülls und Bildung für nachhaltige Entwicklung zusammen? Beim 3-D-Druck entstehen notwendigerweise Plastikabfälle, etwa durch Stützmaterialien und Fehldrucke. Daher müssen wir uns der Frage stellen, ob der Mehrwert des Einsatzes von 3-D-Drucktechnologien im Unterricht die zusätzliche Umweltbelastung rechtfertigt.
Plastikmüll lässt sich beim 3-D-Druck nicht vermeiden | © Fahrländer/Straser
Zur Funktionsweise des 3-D-Drucks
Die im Hobby- und Bildungsbereich am meisten verbreitete Technologie ist das Schmelzschicht- oder kurz FFF-Verfahren (Fused Filament Fabrication, also etwa Herstellung mittels geschmolzenem Filament). Dabei wird das Druckmaterial, in der Regel ein Kunststoff, in einer Düse geschmolzen und dann schichtweise auf eine Bauplattform aufgetragen. Dieses Verfahren ist vergleichsweise einfach umzusetzen, kostengünstig und vielfältig einsetz- und adaptierbar. Hauptsächlich wird dabei der Kunststoff PLA und seltener PETG und ABS als Druckmaterial verwendet. Die Wahl beeinflussen Faktoren wie Belastbarkeit, Witterungsbeständigkeit und Preis, was wiederum von der späteren Anwendung des Drucks abhängt.
Umweltfreundlicher 3-D-Druck ist möglich
PETG ist das durch Mehrwegflaschen bekannte Polyethylenterephthalat (PET) modifiziert durch Glykol. ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol) ist ebenfalls ein erdölbasierter Kunststoff und wird in der Industrie vielfältig eingesetzt, beispielsweise bei der Herstellung von Bausteinen der Firma Lego. PLA (Polylactide) ist dagegen ein vollständig biologisch abbaubarer, erdölfreier Kunststoff, der beispielsweise aus Mais gewonnen werden kann. Daher hat PLA auch den Ruf, der umweltfreundlichste 3-D-Druckwerkstoff zu sein, wobei ein Großteil der PLA-Abfälle entweder im heimischen Kompost oder im Plastikmüll landet.
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Die Synthese von PLA sowie der Kompostierprozess können im Unterricht umgesetzt und untersucht werden.
Vereinfachte Darstellung eines 3-D-Drucks | © krzysztof-m – Pixabay/
Fahrländer/Straser
Allerdings bedeutet biologisch abbaubar nicht kompostierbar. Im heimischen Kompost kann PLA nicht abgebaut werden und nur etwa 20 Prozent der industriellen Abbauanlagen sind dazu in der Lage, PLA zu kompostieren. Alternativ kann PLA auch recycelt werden. Dabei werden die Abfälle zunächst gewaschen, zerkleinert und dann durch eine Presse wieder in Form gebracht. Studien zeigen, dass beim Recycling mindestens 96 Prozent des PLA wiederverwertet werden können und dieses Verfahren daher aus ökologischer Sicht vorzuziehen ist, da beim Kompostieren erhöhte Mengen an CO2 freigesetzt werden. Verschiedene Firmen in Deutschland haben sich inzwischen auf das Recycling von PLA, PETG und ABS spezialisiert und bieten die kostenlose Annahme von 3-D-Druckabfällen an.
Eine Bilanz
Die 3-D-Drucktechnologie kann gut in den klassischen Unterricht integriert werden. Gesamtgesellschaftlich aktuelle Themen wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz können auf diese Weise handlungs- und lösungsorientiert bearbeitet und Schüler* innen zu kritisch reflektierten und verantwortungsvollen Entscheidungen befähigt werden. So lässt sich etwa durch die eigenständige Herstellung von Ersatzteilen auch das Konsumverhalten junger Menschen beeinflussen oder es können durch die Thematisierung von 3-D-gedrucktem Fleisch ethische Fragestellungen aufgeworfen werden. Gleichzeitig sollte stets ein Bewusstsein für einen sinnvollen Einsatz der Technologie, einen ressourcenschonenden Umgang sowie die Wiederverwertbarkeit der Druckreste geschaffen werden. Das bedeutet insbesondere, dass Druckabfälle sortenrein gelagert und wiederverwertet werden sollten.
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Literatur- und Link-Tipps
Wenn Sie mehr zum Thema Nachhaltigkeit beim 3-D-Druck wissen möchten, finden Sie hier eine Zusammenstellung interessanter Beiträge: