Was müssen Lehrer*innen beachten, wenn sie Bilder, Illustrationen oder Texte aus dem Internet in ihre Unterrichtsmaterialien einbinden?
Ein Beitrag von Henry Steinhau (iRights.Lab)
Ein klassischer Fall: Lehrerin X erstellt drei Arbeitsblätter für den Physikunterricht. Es sollen Vorlagen im DIN-A4-Format werden, sowohl zum Ausdrucken als auch in digitaler Form, als PDF. Lehrer Y stellt für das Fach Biologie interaktive Lerneinheiten zusammen, die sich online bearbeiten lassen sollen. Beide möchten gerne Illustrationen, Grafiken, Fotos und vielleicht auch kleine GIF-Animationen nutzen, die sie im Internet entdecken bzw. in Büchern und Publikationen finden. Beiden ist bewusst, dass hierbei das Urheberrecht eine Rolle spielt: Sie wissen, dass es urheberrechtlich geschützte Inhalte gibt und dass sie unbedingt auf die Quellenangabe achten müssen. Mit diesen Vorsätzen liegen beide prinzipiell richtig. Doch worauf ist zu achten, wenn die beiden ihre Lehr- und Lernmaterialien auch per Mail oder im Onlineunterricht anderen zugänglich machen, sie in der Schulcloud teilen oder anderweitig öffentlich nutzbar machen wollen? Dann müssen sie auf mehrals nur die Quellenangabe achten.
Die Rechte der Urheber*innen
Bei Fotos, Illustrationen, Grafiken, Landkarten/ Stadtplänen, Datenvisualisierungen, Schaubildern und so weiter ist generell davon auszugehen, dass sie urheberrechtlichen Schutz genießen. Denn sie sind in der Regel geistig-persönliche Schöpfungen, die ein*e Urheber*in fotografiert, gezeichnet, illustriert oder anderweitig erstellt hat. Auch Animationen sowie Einzelbilder eines Films oder einer Fernsehsendung sind jeweils schutzfähig. Die Urheber*innen besitzen das alleinige Recht, darüber zu entscheiden, ob, wie und durch wen ihr Werk verbreitet, vervielfältigt, öffentlich zugänglich gemacht oder aufgeführt wird. Hierfür vergeben sie Nutzungsrechte an Verwerter*innen – Bildungsverlage, Medienwerkstätten oder Webseitenbetreiber*innen – in Werkverträgen oder auch im Rahmen von Arbeitsverträgen. Auch Bearbeitungen eines Werkes für die genannten Zwecke müssen explizit erlaubt beziehungsweise vertraglich anderen eingeräumt werden.
Herausbildung der mathematischen Formelsprache
Wichtig: Das Urheberrecht selbst ist nicht übertragbar, es bleibt stets an den oder die Schöpfer*in gebunden und dies bis 70 Jahre nach dessen oder deren Tod. Zeigen Fotos wiederum geschützte Werke – wie Gemälde, Skulpturen oder auch Illustrationen oder Grafiken – können sowohl der/die Urheber*in des Fotos als auch der fotografierten Werke ihre Schutzrechte geltend machen. Dies gilt ebenso für Screenshots, die – vereinfacht gesagt – digitale Fotos von Bildschirminhalten sind. Das heißt, es muss darauf geachtet werden, ob Fotos und Screenshots womöglich geschützte Werke zeigen. Der gesetzliche Urheberrechtsschutz ist unmittelbar wirksam. Das Werk muss dafür nirgendwo registriert oder angemeldet sein. Und es muss auch nicht gesondert gekennzeichnet sein – etwa mit einem Copyright-© oder mit der Formulierung „Alle Rechte vorbehalten“.
Allerdings finden sich solche Hinweise dennoch häufig im Impressum oder als Bildunterschrift. Das heißt: Bevor Lehrkräfte die Bildwerke Dritter für eigenes Lehrmaterial verwenden, sollten sie stets nach entsprechenden Hinweisen zum Rechtestatus suchen, um erstens zu erfahren, wer Urheber*in beziehungsweise Rechteinhaber*in der Werke ist, und zweitens dort zu erfragen, ob und wie sich die Inhalte nutzen ließen.
Gesetzliche Ausnahmen, auch speziell für Bildungszwecke
Der Gesetzgeber hat zahlreiche Ausnahmen ins Urheberrecht geschrieben. Das Zitatrecht sieht beispielsweise vor, dass aus geschützten Werken Texte und eben auch Bilder zitiert und in eigene Werke übernommen werden dürfen – unter bestimmten Voraussetzungen:
- Für ein Zitat muss es ein eigenes – nicht zwingend urheberrechtlich geschütztes – Werk geben.
- Es darf nur aus veröffentlichten Werken zitiert werden.
- Die Zitatquelle ist anzugeben.
- Das zitierte Ausgangswerk muss unverändert bleiben.
- Das Zitat muss im Verhältnis zum eigenen Gesamtwerk sowie zum zitierten Werk angemessen dimensioniert sein.
- Ein urheberrechtlich zulässiges Zitat muss einem anerkannten Zweck dienen, zwischen dem Zitat und den eigenen Ausführungen muss ein innerer Zusammenhang bestehen. Zu den anerkannten Zitatzwecken zählt beispielsweise die Belegfunktion, d. h., das Zitat belegt eigene Ausführungen, oder eben die Veranschaulichung, d. h., eigene Ausführungen werden veranschaulicht, etwa durch Zeigen einer Abbildung.
Die gesetzlich verankerten Ausnahmen für Bildungszwecke erlauben es speziell Bildungseinrichtungen und -akteur*innen, bereits veröffentlichte, geschützte Werke für nicht kommerzielle Unterrichtsund Lehrzwecke in gewissem Umfang zu verwenden. Das meint, sie dürfen im Bildungskontext vervielfältigt, verbreitet, öffentlich zugänglich und wiedergegeben werden, auch via Intranet, etwa im Rahmen eines Onlinekurses. Allerdings gibt es hierfür Vorgaben und wortwörtlich Grenzen des Erlaubten. So dürfen maximal 15 Prozent eines veröffentlichten Werkes verwendet werden, einzelne Abbildungen sogar vollständig. Aber, aufgepasst: Aus für den Schulunterricht erstellten Werken, wie Schulbüchern, darf nichts ohne Zustimmung des/der Rechteinhabers/-inhaberin für Unterrichtszwecke kopiert, digitalisiert oder digital zugänglich gemacht werden. Zudem dürfen die Teile der geschützten Werke ausschließlich den Lehrenden und Teilnehmenden des jeweiligen Unterrichts zur Verfügung gestellt werden. Im Fall von Servern, Schulintranets oder Bildungsclouds muss der Zugriff gesichert sein, etwa über Berechtigungen und Passwörter.
Offen lizenzierte und gemeinfreie Bildwerke
Im Netz finden sich Hunderttausende Fotos, Bilder und Grafiken, die per offener Lizenz urheberrechtlich unkompliziert zu nutzen sind. Die bekannten Creative-Commons-(CC-)Lizenzen ermöglichen beispielsweise per pauschaler Erlaubnis, dass ein Foto oder eine Illustration von jedem und jeder für eigene Inhalte übernommen und bearbeitet, aber auch vervielfältigt, vertrieben und öffentlich zugänglich gemacht werden darf, meist auch für kommerzielle Zwecke.
Zu den Bedingungen (fast) aller CC-Lizenzen gehört, dass an das neue Material ein Lizenzhinweis angebracht wird, am besten mit hinterlegtem Link. Aus ihm muss hervorgehen, von wem oder woher das darin genutzte Werk stammt und dass es unter einer Creative-Commons-Lizenz steht. Nicht zuletzt können Bildwerke auch als gemeinfreie und damit bedingungslos nutzbare Werke vorliegen.
Etwa weil für sie die gesetzlichen urheberrechtlichen Schutzfristen (siehe oben) bereits abgelaufen sind oder weil die Urheber*innen sie als gemeinfrei erklärt haben. Auch die Kennzeichnung mit „Creative Commons 0 (Zero)“ entspricht einer solchen „Generalfreigabe“.
Lösung
Für Lehrerin X und Lehrer Y stehen also mehrere gute Möglichkeiten zur Verfügung, geschützte Bildwerke Dritter in gewissem Maß in ihr eigenes Lehrmaterial zu integrieren: als zulässiges Bildzitat, im für Bildungszwecke erlaubten Rahmen oder durch bedingungsgerechte Nutzung offen lizenzierter Inhalte.