Eine zentrale Anforderung an Lehrende der naturwissenschaftlichen Fächer war schon immer die Notwendigkeit, komplexe und abstrakte Inhalte zu unterrichten. Eine neuere Herausforderung ergibt sich für Lehrkräfte der Naturwissenschaften dadurch, dass diese komplexen Themen nun in immer heterogeneren Klassen unterrichtet werden müssen. Die Nutzung von digitalen Methoden ermöglicht es Lehrkräften, auf diese Herausforderungen einzugehen und gleichzeitig die Entwicklung der digitalen Kompetenz aller Schüler*innen zu unterstützen.
Im Rahmen eines von der Akademie für Lehrentwicklung (ALe) an der Friedrich-Schiller-Universität Jena geförderten Projekts wird eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um angehenden Lehrer*innen der naturwissenschaftlichen Fächer zu vermitteln, wie sie digitale Modelle im Unterricht nutzen und ihre eigenen Modelle im Unterricht erstellen können, um das Lernen in den Naturwissenschaften für alle Schüler*innen interessanter und zugänglicher zu gestalten. Hier geben wir einen kurzen Überblick über dieses Projekt zusammen mit Vorschlägen, wie diese Technologien in Übereinstimmung mit den staatlichen Lehrplänen eingesetzt werden können.
Beispiel eines der ersten digitalisierten Modelle aus der Sammlung der AG Biologiedidaktik, Friedrich-Schiller Universität Jena. Mit einem Klick auf das Bild gelangen Sie zum Modell.
Erstellung und Verwendung von digitalen 3-D-Modellen aus bestehenden analogen Modellen
Die historische biologiedidaktische Sammlung beinhaltet ca. 1.200 analoge Modelle. Diese sollen zum Teil digitalisiert und in den bestehenden Online-Katalog (digiCULT) integriert werden. Um die Modelle der historischen Sammlung für Lehrer*innen besser verfügbar und zugänglich zu machen, wird die Sammlung derzeit im Rahmen eines größeren Digitalisierungsprojekts der Friedrich-Schiller-Universität Jena digitalisiert. Der Digitalisierungsprozess erfordert eine enge Kooperation mit universitätsübergreifenden Partnern sowie die Unterstützung durch externe
Stellen. Hierbei werden die Modelle mit einem High-End-3D-Scanner gescannt und die fertigen Produkte dann in eine Online-Bibliothek hochgeladen, wo sie zur Sichtung zur Verfügung stehen.
Digitale Modelle im Klassenzimmer
Während die Schüler*innen in der Klasse physische Modelle nur abwechselnd untersuchen können, hat jede*r Schüler*in mit dem persönlichen Endgerät Zugang zu einem eigenen digitalen Modell. Im Gegensatz zu herkömmlichen physischen Modellen haben die Schüler*innen mit digitalen Modellen die Möglichkeit, so viel Zeit mit der Untersuchung des Modells zu verbringen, wie sie möchten, und es sogar mit nach Hause zu nehmen. Die Modelle können je nach Plattform entweder am Endgerät, mit Augmented Reality (AR) oder Virtual Reality (VR) betrachtet werden. Die Lehrenden haben die Wahl, ob sie beispielsweise die Modelle im Voraus annotieren oder die Beschriftung den Schüler*innen überlassen. Auf diese Weise können sich die Lernenden nicht nur über die im Modell dargestellten Inhalte informieren, sondern auch mit digitalen Prozessen wie dem Einsatz von AR und digitalem Etikettieren vertraut machen. Sie bekommen so die Möglichkeit, sowohl ihre naturwissenschaftliche als auch ihre digitale Kompetenz auf einen Schlag zu steigern.
Download Lehrerhandreichung
Verwendung digitaler Modelle für den Unterricht zur Anatomie und Physiologie des menschlichen Herzens.
Diese Handreichung enthält Anleitungen, wie Lehrer*innen digitale 3-D-Modelle für den Unterricht verwenden können, sowie eine Schüler*innenaktivität zur Verwendung derselben Modelle
Die Erstellung und Verwendung von 3-D-Modellen aus vorhandenen 2-D-Illustrationen
Neben der Erstellung digitaler 3-D-Modelle durch das Scannen physischer Modelle ist es auch möglich, 2-D-Illustrationen in 3-D-Modelle umzuwandeln. Mit Microsoft Paint 3D ist es möglich, zweidimensionale Illustrationen in 3-D-Darstellungen umzuwandeln. Dabei können die Schüler*innen entweder ihre eigenen 3-D-Modelle von Grund auf mit 3-D-Zeichenwerkzeugen erstellen oder 2-D-Illustrationen in 3-DModelle verwandeln, wobei sie Texturen hinzufügen können, um sie realistischer zu gestalten. Auf diese Weise können komplexe Systeme leichter verständlich und ansprechender gestaltet werden. Bei der Erstellung von 3-D-Modellen ist es möglich, die Aufgaben zu differenzieren, um den heterogenen Bedürfnissen der Schüler*innen in der Klasse gerecht zu werden. Die Aufgaben können von der einfachen Beschriftung vorhandener digitaler Modelle über die Erstellung von Modellen und deren Beschriftung bis hin zur Integration selbst erstellter digitaler Modelle in wissenschaftliche Präsentationen reichen. Auf diese Weise lernen alle Schüler*innen die gleichen wissenschaftlichen Inhalte, aber durch individuell unterschiedliche Aufgaben, um ihre derzeitige digitale Kompetenz zu erweitern.
Beispiel dafür, wie 2-D-Illustrationen mit Paint 3D in 3-D-Modelle umgewandelt werden können
Fazit
Im Bereich der Digitalisierung sehen wir das Potenzial, den Zugang zum Lernen zu verändern und ein personalisiertes Lernen zu ermöglichen, das an die Bedürfnisse jedes einzelnen Lernenden angepasst werden kann.
Dr. Elizabeth Watts
Julia Fleischmann