Unseren Ernährungsgewohnheiten stehen weitreichende Folgen für unseren Planeten und dessen Bewohnerinnen und Bewohner gegenüber, weshalb die Stimmen, die sich für eine pflanzenbasierte Ernährung aussprechen, zunehmend lauter werden.
Menschen sind es gewohnt, Fleisch zu essen. Die mit dem Fleischkonsum verbundene Freude und der Genuss erhöhen für viele Menschen das individuelle Wohlbefinden und die Lebensqualität. Nicht nur die jüngsten – durch den Coronavirus ausgelösten – Fleischskandale führten dazu, dass neben arbeitsrechtlichen Fragen der Fleischerzeugungsbranche auch die grundlegende Frage nach einer umweltverträglichen und gesundheitsförderlichen Quantität von Fleisch sowie die Missstände bei der Verteilung von Ressourcen bei der Tierhaltung stärker in den Fokus des öffentlichen Interesses rücken.
Der moderne Fleischkonsum fördert Massentierhaltung
Auch wenn der Fleischkonsum in Deutschland langsam zurückgeht und einige Menschen ihre Ernährungsgewohnheiten allmählich ändern, hat sich in Deutschland in den letzten 20 Jahren die Tierproduktion nahezu verdoppelt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts (2020) wurden 1994 allein in Deutschland rund 2,7 Millionen Tonnen Schweinefleisch produziert, 2019 waren es 5,2 Millionen Tonnen, das entspricht 55,1 Millionen getöteter Schweine pro Jahr. Solche Mengen lassen sich nur durch intensive Tierhaltung, sogenannte Massentierhaltung, produzieren.
Der Fleischkonsum der Industrieländer verstärkt Armut und Hunger
Die „Sustainable Development Goals“ (SDGs) der Vereinten Nationen (SDG 1 und 2) zielen darauf ab, dass alle Menschen dieses Planeten Zugang zu ausreichend gesunden Lebensmitteln haben. Dieses Ziel ist direkt mit der Produktion von tierischen Lebensmitteln verknüpft: Weltweit nimmt der Anbau von Futtermitteln etwa 30 Prozent der global nutzbaren Agrarflächen in Anspruch. In Deutschland wird fast die Hälfte der Landfläche landwirtschaftlich genutzt. Aber nur etwa ein Viertel davon wird direkt zur Herstellung von Nahrungsmitteln für Menschen verwendet. Weit mehr Fläche dient der Futtermittelproduktion für die Tierhaltung. Würden diese Anbauflächen direkt für die menschliche Ernährung genutzt, stünden den Menschen deutlich mehr Nahrungsmittel zur Verfügung. Durch eine Reduktion des Fleischkonsums in den Industriestaaten um etwa 20 Prozent könnte die Ernährungssituation in den Entwicklungsländern bereits sichtbar verbessert werden. Industrieländer wie Deutschland verfügen nicht über ausreichend eigene Anbauflächen für die Produktion der verwendeten Mengen an Futtermitteln für die Schweine-, Rinder- und Geflügelhaltung. 2017 importierte Deutschland nach Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (2020) etwa 5,8 Millionen Tonnen Soja; dafür wurde in Brasilien, den USA und Argentinien eine Anbaufläche von 2,3 Millionen Hektar benötigt. Durch die Fleischproduktion nehmen Industrieländer somit mehr der global bestehenden Flächenmenge, als ihnen infolge einer Gleichverteilung zustehen würde, wodurch die dortige Bevölkerung in eine Konkurrenzsituation mit unseren Tieren gebracht wird und Armut und Hunger verstärkt werden.
Der gegenwärtige Fleischkonsummgefährdet unsere Gesundheit
Die Gesundheit von Menschen wird zum Großteil von der Ernährungsweise bestimmt. Ein gesundes Leben für alle Menschen steht im Fokus von SDG 3. Der menschliche Körper ist auf eine überwiegend pflanzliche Kost eingestellt. Fleisch enthält zwar als wichtigste Nährstoffe Proteine, Mineralstoffe wie Eisen und Zink sowie Vitamin B1, B6 und B12, aber diese Stoffe können wir auch aus anderen Lebensmitteln beziehen. Erwachsene Menschen können Fleisch weitestgehend durch pflanzliche Lebensmittel ersetzen. Eine ausgewogene Ernährung ohne oder mit wenigen tierischen Produkten wirkt sich sogar gesundheitsfördernd aus und beugt Zivilisationskrankheiten vor. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt aus ernährungsphysiologischer Sicht, wöchentlich max. 300 bis 600 Gramm fettarmes Fleisch zu verzehren – wird die Perspektive einer nachhaltigen Ernährung einbezogen, sind es max. 150 Gramm Fleisch. Auch aus ernährungsphysiologischer Sicht ist es daher notwendig, den Fleischkonsum zu reduzieren.
Hoher Fleischkonsum hat schwerwiegende Folgen für die Umwelt
Das SDG 6 zielt auf eine gute Wasserqualität und eine effiziente Wassernutzung ab. Auch dieses Ziel ist eng mit der Tierhaltung verbunden: Etwa 8 Prozent des globalen Wasserverbrauchs sind auf landwirtschaftliche Tierhaltung und die Herstellung von Futtermitteln zurückzuführen. Der Einsatz von Pestiziden und Dünger belastet zudem die Wasserqualität. Grundwasserproben zeigen, dass die Nitrat-Grenzwerte für Trinkwasser besonders in Regionen mit hoher Viehdichte überschritten werden. Monokulturen und die Abholzung von Regenwald in Anbauländern sind weitere Folgen der Tierhaltung und wirken sich nicht nur direkt auf die Zerstörung ganzer Landschaften und natürlicher Ökosysteme sowie das Artensterben aus, sondern gelten auch zu den stärksten Verursachern des Klimawandels. Auf die Tierhaltung gehen 14,5 Prozent der durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen zurück. Während des Verdauungsvorgangs von Wiederkäuern sowie bei der Lagerung und beim Düngen entsteht das klimaschädliche Gas Methan. Es trägt erheblich zur globalen Erwärmung bei. Dünger bewirkt zudem den Ausstoß großer Mengen von Stickstoffoxiden. Die heutige industrielle Landwirtschaft setzt außerdem viel Kohlenstoffdioxid frei. Da pflanzliche Lebensmittel weniger Ressourcen benötigen und weniger Umweltbelastungen verursachen, kann eine fleischlose Ernährung einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz (SDG 13) und zur Biodiversität (SDG 15) leisten.
Beitrag der Schulen zur Realisierung der SDGs
Fleischgerichte stehen in vielen Schulmensen nahezu t.glich auf dem Speiseplan. Forschende haben berechnet, dass bei einem Verzicht auf Fleisch und andere Tierprodukte die Landwirtschaft in den Industrieländern mehr als doppelt so viele Menschen ernähren könnte wie derzeit. Durch vegetarische Schulmensen oder zumindest die Einführung von „Veggie-Days” könnten Schulen nicht nur einen Beitrag zur
Umsetzung der SDGs leisten, sondern auch die FFF-Bewegung aufgreifen sowie das Ernährungsverhalten von Lernenden prägen.
Jun.-Prof. Dr. Nadine Tramowsky, PH Freiburg
Download: Arbeitsblatt „Fleischkonsum und BNE“
Der hier vorliegende Beitrag basiert auf dem Buch „Leben mit Tieren“ von N. Tramowsky, J. Groß und J. Paul (erschienen in der Reihe „Neue Wege in die Biologie“, Friedrich Verlag). Das Lernbuch kann im Unterricht und zum Selbststudium verwendet werden.