Smartphone, Tablet, Digicam sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, E-Autos sind im Kommen. Für ihre Verwendung benötigt man leichte, transportable Batterien mit hoher Energiedichte. Das lässt sich durch Kobalt, Nickel, Mangan in Lithiumionen-Akkumulatoren erreichen. Je knapper und teurer diese Rohstoffe an Land werden, umso verlockender ist der Griff in die Tiefsee, denn hier lagern die begehrten High-Tech-Metalle in Manganknollen und polymetallischen Krusten. Nachuntersuchungen in Testabbaugebieten zeigen, dass die Umweltauswirkungen eines Tiefseebergbaues selbst nach 26 Jahren noch nicht behoben sind.
Schon in vorgeschichtlichen Perioden nutzten die Menschen Metalle. Bis heute ist die Stahlerzeugung aus Eisenerz untrennbar mit Werkzeugherstellung, kultureller Entwicklung und Industrialisierung verbunden. Erze sind Gesteine, in denen Metalle in einer Menge vorkommen, die sich lohnend abbauen lässt. Gold und Silberfunde verhießen Reichtum und konnten einen wahren Rausch auslösen. Nickel, Kobalt und andere Metallbeimischungen störten und galten als verhext von Berggeistern („Nickeln“) oder bösen Kobolden. Erst im Technologie- und Elektronikzeitalter wurden ihre werkstoffverbessernden Eigenschaften und neue Einsatzmöglichkeiten erkannt.
Aus Störenfrieden werden Hightech-Metalle
Hightech-Geräte von heute enthalten leistungsfähige Lithiumionen-Akkumulatoren. Sie haben eine negative Elektrode aus Graphit mit Lithiumionen und eine positive Metalloxid-Elektrode (Kobalt, Nickel, Mangan oder Eisen) mit Lithiumionen, dazwischen befindet sich ein Separator. Auch die wasserfreie elektrolytische Flüssigkeit enthält frei bewegliche Li-Verbindungen, Aluminium- bzw. Kupferfolien leiten den Strom ab.
Nicht wiederaufladbare Standardbatterien nutzen Mangan oder Zink, das ansonsten als Korrosionsschutz dient. Nickel verwendet man außerdem als Rost- und Korrosionsschutz für Edelstahl, es stammt vor allem aus Nordrussland, Australien, Kanada. Kobalt kommt vielfach zusammen mit Nickel vor, die wichtigsten Lagerstätten befinden sich in der Demokratischen Republik Kongo und in Sambia. Man braucht es für magnetische Datenträger, sowie Farben und Pigmente. Auch Mangan verbessert die Eigenschaften von Stahl und Batterien, abbaufähige Mengen gibt es in Südamerika, Afrika, Australien, Indien und China. Kupfer (vor allem aus Chile) ist wichtiger Bestandteil von Photovoltaikanlagen und Ringgeneratoren in Windrädern. Kupfer bildet mit Zink (aus Nordamerika, Australien, Kanada, China) die Legierung Messing mit vielen Verwendungsmöglichkeiten. Molybdän (aus Amerika, China) ist Legierungsbestandteil für die Temperaturfestigkeit von Stahl und wird in Solarzellen, Halogenlampen, Röntgenröhren benutzt. Wolfram wird für Glühlampen und Röntgengeräte verwendet, es stammt aus China, Amerika, Europa. Molybdän oder Wolfram können zusammen mit Schwefel oder Selen echte Halbleiter bilden. Seltene Erdmetalle aus China fließen vor allem in die Computerchip-Herstellung.
Wegen dieses Bedarfs werden die Metallvorräte an Land schätzungsweise in 40–60 Jahren erschöpft sein. In Deutschland wurden Bergbaueinrichtungen schon in den 1990ern überwiegend geschlossen. Landminen im Ausland verursachen wirtschaftliche Abhängigkeiten und gleichzeitig oft erhebliche ökologische Schäden. Recyclingverfahren werden den Bedarf wohl nicht auffangen können. In der Tiefsee schlummern dagegen Metallreserven für bis zu 160 weitere Jahre – das macht einen zukünftigen Tiefsee-Bergbau trotz der hohen technischen Ansprüche wirtschaftlich immer attraktiver, doch die ökologischen Folgen sind schwer absehbar.
Ist eine nachhaltige Nutzung von Tiefseeressourcen möglich?
Die Metallvorräte in der Tiefsee der Ozeane werden auf 25 bis 40 Milliarden Tonnen geschätzt. Rein rechtlich ist Tiefseebergbau in den hoheitlichen Zonen einiger asiatisch-pazifischer Staaten möglich. Japan sucht z. B. bereits im Tiefseeschlamm rund um die pazifische Insel Minami Torishima nach seltenen Erden. Zwei Drittel der 326 Millionen Quadratkilometer Tiefsee gehören aber zu den internationalen Gewässern, deren Bodenschätze die internationale Meeresbodenbehörde ISA in Jamaika als „gemeinsames Erbe der Menschheit“ verwaltet. Dabei sollen auch Umweltbelange berücksichtigt werden.
Es dauert mehrere Millionen Jahre bis in der Tiefsee aus einem Kristallisationskeim, wie Muschelsplitter oder Haifischzahn, bei zwei bis vier Grad Kälte und bis zu 400 bar Druck ein 1 bis 15 Zentimeter dicker, steinartiger Klumpen entstanden ist. Solche Manganknollen enthalten etwa 27 Prozent Mangan, 15 Prozent Eisen, Kupfer, Kobalt, Zink, Nickel, sowie Molybdän, Lithium, Wolfram und seltene Erdmetalle. Es gibt Meeresboden-Flächen, die bis zu 25 Kilogramm Knollen pro Quadratmeter aufweisen, aber auch vollkommen knollenfreie Bereiche. Besonders ertragreich ist der pazifische Manganknollengürtel zwischen Mexiko und Hawaii. In Nachbarschaft zu anderen Staaten hat Deutschland eine 75.000 Quadratkilometer-Lizenz in der Clarion-Clipperton-Bruchzone. Hier simulierten Meereskundler schon 1989 Bergbauarbeiten in 4.150 Meter Tiefe mit einem Manganknollen-Pflug. Sie wollten dokumentieren, wie sich der Manganknollen-Abbau ökologisch auswirkt, also wie er Lebensgemeinschaften, Stoff- und Energietransfer in Nahrungsnetzen und biogeochemische Prozesse im Vergleich zu umliegenden ungestörten Manganknollenfeldern verändert. Auf dieser Grundlage soll entschieden werden, ob und wie ein Tiefseebergbau ökologisch verantwortlich stattfinden kann und welche internationalen Standards und Richtlinien dabei sinnvoll sind.
Ökologische Folgen des Abbaus
Im Jahr 2015 fuhr das Forschungsschiff Sonne mit 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus fünf europäischen Ländern wieder in diese Region. Für Videoaufnahmen, Probennahme und Messungen setzten sie autonome (AUV – Autonomous Underwater Vehicle) oder kabelgebundene (ROV – Remotely Operated Vehicle) Unterwasserfahrzeuge ein. 26 Jahre nach dem Testabbau mussten sie feststellen, dass die Pflugspuren der Test-Manganknollengewinnung bis heute deutlich zu erkennen sind. Größere bewegliche Tiere wie Stachelhäuter, Krebse, Tintenfische sind zwar teilweise in das Testgebiet zurückgekehrt, aber weniger individuenreich als früher. Festsitzende Tiere wie Schwämme, schwarze Korallen und Weichkorallen fehlen weitgehend, da sie Hartsubstrat in Form von Manganknollen zum Anheften brauchen. Die Mikrofauna im Sediment ist nicht wiederhergestellt, sie unterscheidet sich kleinräumig also in Rippeln, Senken und umgeschichteten Bereichen der Pflugspuren.
Die mikrobielle Aktivität ist weiterhin gestört. Selbst bei einer so begrenzten experimentellen Bergbauaktivität hat die Region sich nach Jahrzehnten noch nicht erholt. Die Resilienz, also die Fähigkeit eines Ökosystems nach einer Störung wieder in den Ausgangszustand zurückzukehren, ist in der Tiefsee damit auffallend gering.
Industrieller Tiefseebergbau braucht Schutzonen
Leider sind gerade die Flächen, die für den Manganknollenabbau besonders interessant sind, auch ökologisch besonders wertvoll. Lebensgemeinschaft am Tiefseeboden hängen stark vom Biomasse-Eintrag aus dem darüber liegenden Wasser ab, leichte Bodenströmungen sind nötig, um Nährstoffe zu verteilen. Sedimentwolken, wie sie beim Manganknollenbergbau entstehen, können toxische Metallionen freisetzen, Tiere verschütten und 1.000 Jahre alte Sedimentlagen umschichten. Die leicht erhabenen Knollen sind gerade für Tiere eine Rettung, deren Filterapparat durch Sedimente ansonsten verstopft wird. Vielleicht lassen sich einige Auswirkungen durch Ersatzhartsubstrat mildern – ausreichen wird das nicht. Die vorgeschriebenen Referenzgebiete als Schutzzonen im Lizenzareal dürfen also nicht dort platziert werden, wo der Bergbau weniger lohnend ist – denn diese sind von vornherein schwächer besiedelt als die Knollenfelder. Sie haben daher für die Beurteilung von Umweltauswirkungen keine Aussagekraft und können auch nicht für den Erhalt der Tiefsee-Biodiversität sorgen.
Ein industrieller Tiefseebergbau braucht ausgewiesene Schutzzonen sowie ein ökologisches Managementsystem mit Monitoring, Minderungs- und Restaurierungsmaßnahmen. Die Entwicklung einer neuen nachhaltigeren Akkumulator-Technik sollte dabei nicht aus den Augen verloren werden – sie könnte massive Eingriffe in Land- und Tiefseeökosysteme vielleicht überflüssig machen. In den neueren Natriumionen-Akkumulatoren ersetzen Natriumionen die Lithiumionen, sie sind preisgünstiger und tiefentladefest, aber wegen der geringeren Energiedichte bisher eher für den stationären Einsatz geeignet.
Dr. Inge Kronberg
Linktipps
Schülerinnen und Schüler werden ihre preisgünstigen IT-Geräte vielleicht wichtiger finden als Lebewesen in unzugänglichen Tiefen der Meere. Im Unterricht lohnt es sich, sie einmal in diese bizarre, unbekannte Welt zu entführen und skurrile Vertreter wie die Tiefseekrake Casper vorzustellen:
Caspar:
www.bit.ly/2hNpSQF
www.bit.ly/2x37Xfe
Technik der Unterwasserfahrzeuge:
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Japan – Seltene Erden:
www.nature.com/articles/s41598-018-23948-5
Chemie:
Rechtliche Aspekte:
International Seabed Authority (ISA), Jamaika
UN – Oceans and Law of the sea
MIDAS – Managing impacts of deep sea resource exploitation