Skip to content

Seltene Helden – ein Blick auf unsere Wildbienen

Bienen sind faszinierende Insekten, die sich vegetarisch ernähren. Durch die Bestäubung von Blütenpflanzen haben sie einen großen Anteil an der Diversifikation der Blütenpflanzen. Sie sind unersetzlich für die Schönheit und Fülle der Natur. Sie zeichnen sich durch gemeinsame Merkmale wie die Brutpflege mit Nestbau, das Anlegen von Nahrungsvorräten für Larven oder das leckend-saugende Mundwerkzeug aus. Die Insektengruppe ist insgesamt jedoch extrem divers. Weltweit kommen nach Schätzungen bis zu 20.000 verschiedene Bienenarten vor.

Mit dem Wort Bienen assoziieren die meisten umgangssprachlich die Westliche Honigbiene (Apis mellifera) – eben den heimischen Superorganismus, der aus Pflanzennektar Honig produziert und als Vorrat in seinem Nest anlegt. Eine Eigenschaft, die wir Menschen uns durch die Honigernte zu Nutze machen. Die gezüchteten Unterarten von Apis mellifera sind in Deutschland weit verbreitet. Die Honigbienen sind durch die Imkerei quasi allgegenwärtig: Bis zu 900.000 Honigbienenvölker gibt es in Deutschland. Doch der honigliefernde Star unter den Bienen ist nicht alleine in Wald und Flur unterwegs. In Deutschland kommen neben der einzigen Honigbienenart über 560 Arten Wildbienen vor. So berühmt wie Apis mellifera sind die wilden Schwestern der Honigbienen aber leider nicht.

Die Hochspezialisierten

Wildbienen sind meist hochspezialisiert auf ihre Umwelt. Etwa ein Drittel aller heimischen Wildbienen sind auf spezifische Pflanzen angewiesen. Bienenarten, die durch die Weibchen ausschließlich Pollen einer einzigen Pflanzenart oder nah verwandter Pflanzenarten sammeln, werden als mono- oder oligolektisch bezeichnet. So ist die Kleine Glockenblumen-Scherenbiene (Chelostoma campanularum) auf Glockenblumen spezialisiert. Es gibt auch andere Formen der Anpassung. Die Mohn-Mauerbiene (Hoplitis papaveris) tapeziert die Wände ihrer Niströhre mit Mohnblütenblättern, die sie dafür abschneidet. Die Hummel Ragwurz gehört zu den Orchideen und setzt einen Sexuallockstoff frei, der die Wildbienenart Eucera longicornis anzieht. Andere Wildbienen sind abhängig von artenreichen Lebensräumen, die immer seltener werden. Viele Wildbienen nisten in der Erde, manche nagen das Mark vom Pflanzenstängel an, andere benutzen vorhandene Hohlräume wie Fels- und Mauerspalten, manche sind sogar auf verlassene Schneckenhäuser spezialisiert oder bauen ihre Brutzellen aus Lehm oder Harz. Über die Hälfte der deutschen Wildbienenarten werden in der Roten Liste als gefährdet eingestuft, einige sind akut vom Aussterben bedroht. Der deutsche Gesetzgeber hat zurecht alle Wildbienen unter Schutz gestellt.

Exemplar einer Chelostoma-Art (Scherenbienenart) nistet in Reetdach im Spreewald

Wildbienen versus Honigbienen

Unsere Einteilung der Bienen in Honig und Wildbienen ist vage, denn die Honigbiene ist per Definition auch ein Wildtier. Sie kann vom Menschen nicht gezähmt werden – ihr Flug ist ungehindert und frei. Sinnhafter wäre die Einteilung der Bienen in vom Menschen gehandhabte Bienen und wildlebende Bienen. Diese Unterscheidung würde auch untermauern, dass die Haltung von Bienen ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein erfordert. Der Vorwurf, der Bienenhaltern häufig gemacht wird ist, dass Wildbienen durch vom Menschen gemanagte Bienen Schaden zugefügt werde. Honigbienen könnten zum Beispiel eine direkte Konkurrenz für Wildbienen darstellen hinsichtlich des Futterangebotes oder der Nisträume. Indirekt könnten Honigbienen die Artengemeinschaft von Wildpflanzen negativ für andere Bienen beeinflussen. Zudem bestehe die Gefahr, dass Honigbienen Krankheiten auf Wildbienen übertragen. Um dem Vorwurf gerecht zu werden, sind komplexe, multifaktorielle Studien erforderlich. Die Autoren einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2017 kommen zu dem Schluss, dass trotz zahlreicher Fachartikel weitere Studien notwendig sind. Dabei müssen die direkten Effekte sowie Langzeit- und Populationseffekte genauer berücksichtigt werden, um den Einfluss der vom Menschen gehaltenen Bienen auf Wildbienen besser zu verstehen.

Hummeln zählen zu den Wildbienen

Können die faszinierenden Tiere geschützt werden?

Die Betrachtung unserer Bienen und ihrer Lebensumstände kann uns dabei helfen, die Zusammenhänge der Natur und unseren Umgang mit der Natur besser zu verstehen. Es muss im Interesse aller Menschen sein, die faszinierenden Tiere zu schützen. So wurde Bienen nicht zuletzt durch das Insektensterben eine hohe mediale Aufmerksamkeit zuteil. Auslöser war eine Langzeituntersuchung des Entomologischen Vereins Krefeld. Von 1989 bis 2016 nahm danach die Masse flugaktiver Insekten in allen untersuchten Schutzgebieten in den letzten Jahren um über 75 Prozent ab. Weder die Änderungen der mittleren Jahrestemperatur noch die der Nährstoffe oder der Vegetation konnten in Zusammenhang mit dem Negativergebnis gebracht werden. Der Rückgang erstreckte sich dabei über alle untersuchten Biotoptypen. Die untersuchten Naturschutzgebiete sind aber häufig von Ackerflächen umgeben. Mögliche Gründe für das Insektensterben könnten nach Meinung der Autoren Überdüngung oder der Einsatz von Pestiziden (u. a. Insektizide) sein, im Endeffekt unsere Eingriffe in die Natur, z. B. durch intensive Landwirtschaft.

Dr. Jan Hellberg, Aurelia Stiftung


Linktipps

Allgemeine Infos:

Film

Biene Majas wilde Schwestern

Literatur

Immer mehr Wildbienen droht der Tod, FAZ 24.05.2017


Aurelia Stiftung

Aurelia ist eine gemeinnützige, unabhängig operativ tätige Stiftung. Durch die jahrzehntelange praktische und wissenschaftliche Arbeit mit den Bienen inspiriert, setzt sie sich für eine vielfältige Natur, Biodiversität in der Stadt und eine lebensfreundliche Landwirtschaft ein. Mit der Bewertung von Projekten „rund um die Bienen“ unterstützt Aurelia andere Stiftungen, Organisationen und Medien.

www.aurelia-stiftung.de

 

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Pinterest
XING
WhatsApp
Email

Ähnliche Beiträge

Weite Moorlandschaft
22. April, 2025
Frans Martens, ein Bursche aus dem Nachbardorf des Moorprofessors Hans Joosten in den Niederlanden, radelte eines schönen Tages ein bisschen durch die Gegend, da fiel er plötzlich ohnmächtig mit seinem Fahrrad um. Der Pups eines nebenliegenden Moores hatte ihn umgehauen.
Illustration von Neutronensternen
18. März, 2025
Mit Gravitationswellen lassen sich die verborgenen Seiten des Alls belauschen. Die meisten bislang entdeckten Quellen sind kollidierende Schwarze Löcher.
Erschöpfte Frau greift sich an die Stirn
3. März, 2025
Lampenfieber vor einer Präsentation, Prüfungsangst oder einfach ein stressiger Schultag – Stress gehört für viele Schüler:innen leider zum Schulalltag, ebenso wie für Lehrkräfte. Doch zu viel davon kann die Konzentration und das Wohlbefinden beeinträchtigen. Genau hier kommt der Vagusnerv ins Spiel: Wie kein anderer Nerv hat der längste Nerv unseres Körpers, der Vagusnerv, und das damit verbundene parasympathische Nervensystem, in den letzten Jahren höchstes Interesse bei gesundheitsorientierten Menschen gewonnen. Kein Wunder, ist er doch DAS zentrale Kommunikationsorgan zwischen dem Gehirn und den Körperorganen. Das Beste: Er lässt sich aktivieren.
Zeppelin in der Abendsonne
25. Februar, 2025
Von Radaröfen haben Sie nie gehört? Auch Hydrobergbau ist Ihnen kein Begriff, ebenso wenig wie die Kohlenstaub-Lokomotive? Selbst beim Itera-Plastikfahrrad oder beim Elektropflug glimmt kein Erinnerungsfunke auf? Kein Grund zur Sorge: Fast niemand erinnert sich mehr an diese Dinge, denn es sind „gescheiterte Innovationen“, deren Existenz über kurz oder lang von der Welt vergessen wurde. In Erinnerung sind bestenfalls die angesichts verlorener Subventionsmillionen spektakuläreren Fälle, etwa die zumindest vorerst gefloppte Magnetschwebebahn Transrapid oder der 2002 wohl endgültig gescheiterte Frachtzeppelin Cargolifter, in dessen Halle sich heute immerhin vom Urlaub in den Tropen träumen lässt.
Forscherin mit Handschuhen bearbeitet eine grüne Salatpflanze im Labor mit einer Pinzette
20. Februar, 2025
Die Klimakrise verschärft sich rasant und stellt schon jetzt weltweit Menschen vor existenzielle Probleme, auch im Hinblick auf Landwirtschaft und Ernährung. Die Landwirtschaft leidet unter den Folgen der Klimakrise und muss sich an die neuen Extremwettersituationen anpassen. Zudem erhöhen das massive Artensterben und andere ökologische Folgen menschlichen Handelns zunehmend den Druck, bisherige ökonomische und soziale Praktiken zu hinterfragen und zu verändern. Ein aktuell kontrovers diskutierter Ansatz ist die Neue Gentechnik (NGT).
viele Euro-Münzen auf einem Haufen
20. Februar, 2025
Der reichste Mann der Welt ist der Entenhausener Erpel Dagobert Duck. Auch der zweit-reichste Mann ist ein Erpel. Er heißt Mac Moneysac und lebt in Simililand in Südafrika. Erst auf Platz drei kommt mit dem Amerikaner Elon Musk ein Mensch. Doch wie reich Dagobert Duck ist, darüber gibt es unterschiedliche, zum Teil stark widersprüchliche Angaben, und da er, genau wie Donald Trump, seine Steuererklärungen nicht veröffentlicht, wird man die genaue Größe seines Vermögens wohl auch nie erfahren. Der am häufigsten genannte und wahrscheinlichste Wert ist 30 Fantastillionen Taler. Aber wie groß ist die Zahl Fantastillion?
Schüler und Schülerin sitzen an einem Tisch im Klassenzimmer, während ihnen die Lehrerin etwas erklärt
11. Februar, 2025
Die Auseinandersetzung mit politischer Neutralität in Schulen und die Verantwortung von Lehrkräften in gesellschaftlichen Krisensituationen sind von zentraler Bedeutung für die Weiterentwicklung und den Schutz einer demokratischen und menschenfreundlichen Gesellschaft. Der Beutelsbacher Konsens bietet seit Jahrzehnten Orientierung für die politische Bildung in der Schule, auch über den Politikunterricht hinaus. Er betont die Notwendigkeit, kontroverse Themen im Unterricht kontrovers zu behandeln, ohne die Schüler:innen dabei zu indoktrinieren.
Mädchen löst eine Matheaufgabe
22. Januar, 2025
Trotz vielfältiger Maßnahmen in den Bereichen Gendersensibilisierung, Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit sind Frauen in Deutschland in MINT-Berufen im Schnitt immer noch unterrepräsentiert. Zwar gibt es mittlerweile Fachgebiete mit paritätischer Verteilung (etwa Biologie, Medizin), aber auch viele Fachgebiete mit weiterhin extrem niedrigen Frauenanteilen (beispielsweise Physik, Ingenieurswissenschaften). Das zeigt, wie wichtig es ist, eine gendersensible MINT-Bildung zu fördern, die Mädchen und junge Frauen gezielt ermutigt, sich in bisher männerdominierten Bereichen auszuprobieren und langfristig Fuß zu fassen.
Bild eines Schülers mit VR-Brille
16. Januar, 2025
Kann die Zukunft uns verzaubern? Oft blicken wir mit gemischten Gefühlen auf das, was vor uns liegt. Doch Trend- und Zukunftsforscher wie Matthias Horx ermutigen uns, die Möglichkeiten von morgen nicht nur als mitunter Angst einflößende Herausforderung, sondern auch als vielversprechende Chance zu sehen. Sein Buch Der Zauber der Zukunft lädt dazu ein, sich mit einem positiven Blick auf Veränderungen einzulassen – ein Gedanke, der gerade für Lehrkräfte spannend ist. Doch wie können wir diese Perspektive auch in die Klassenzimmer bringen?
Mit dem DESI-Instrument in Arizona wird gegenwärtig eine dreidimensionale Karte der Position und Bewegung vieler Millionen Galaxien erstellt
27. November, 2024
Der Erkenntnisfortschritt der modernen Kosmologie verlief in den letzten zwei, drei Jahrzehnten rasant. Und doch sind die Konsequenzen äußerst kurios. Noch tappt die Wissenschaft vom Universum buchstäblich im Dunkeln, denn der Hauptbestandteil des Alls ist rätselhaft.
Strahlend heller Sonnenschein am klaren blauen Himmel mit ein paar zarten, dünnen Wolken im Hintergrund.
25. November, 2024
Wie fängt man Sonnenlicht am besten ein? Das ist nicht nur bei der Aufstellung von Photovoltaikanlagen wichtig, sondern auch für die Sonnenenergiewandler der Pflanzen, also bei ihren Blättern und deren Verzweigung und Ausrichtung. Es ist nicht vorteilhaft, wenn sie sich gegenseitig im Wege stehen und beschatten. Die Blattstellung folgt einem geometrischen Muster, das, mathematisch betrachtet, mit Spiralen, Selbstähnlichkeit, Fibonacci-Zahlen und dem Goldenen Winkel zu tun hat.
Mehrere Hände, die in einem Klassenzimmer vor einer Tafel mit mathematischen Formeln in die Luft gehoben sind
15. November, 2024
Bildungsdiskussionen in Deutschland sind immer auf Messers Schneide: Auf der einen Seite müssen wir darüber sprechen, was wir eigentlich erreichen wollen. Auf der anderen Seite soll es nicht in langwierige Diskussionen über abstrakte Begriffe abdriften. Was vonnöten ist, ist ein Kern, der die Diskussion bestimmt. Dieser liegt darin, warum wir noch Schulen haben. Sie sind Orte des Lernens – oder sollten es sein. Wir brauchen einen Gegenentwurf zu dem traditionellen Schulverständnis.