Haben Sie sich schon mal ein Video-Tutorial angeschaut, um sich neues Wissen anzueignen? Dieses Prinzip lässt sich sehr gut in den eigenen Unterricht integrieren, denn das Erstellen eigener Lernvideos bietet hervorragende Möglichkeiten, um Schülerinnen und Schüler zum eigenständigen Arbeiten zu motivieren. Dieser Beitrag zeigt für den Chemieunterricht am Beispiel der Elektrolyse von Zinkiodid, wie der Zusammenhang von Stoff- und Teilchenebene mit Hilfe selbsterstellter Lernvideos erarbeitet und verständlich gemacht werden kann.
Im Gegensatz zu den klassischen Medien, wie zum Beispiel Schulbuch oder Tafel, lassen sich mit Lernvideos Teilchenbewegungen und dynamische Systeme visualisieren. Studien zeigen, dass bewegte Bilder in Form von Videos oder Animationen das Lernen besser fördern können als statische Repräsentationen. Die kognitionspsychologische und fachdidaktische Forschung deutet darauf hin, dass die Lernwirksamkeit von Videos von zentralen Lernmerkmalen abhängt.
Solch zentrale Lernmerkmale, wie die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen, werden für multimediale Medien u. a. in der „cognitive theory of multimedia learning“ beschrieben. Lernende müssen sich ihr zufolge aktiv mit den gegebenen Informationen auseinandersetzen, damit eine schlüssige mentale Repräsentation – und damit ein Lernerfolg – erzielt werden kann. Daher ist es sinnvoll, wenn Lernende die Videos selbstständig entwickeln und produzieren.
Benötigtes Material
- Für das Experiment: U-Rohr, zwei Graphitelektroden (mit Stopfen), Gleichstromquelle, Kabelverbindungen, Stativ mit Doppelmuffe und Klemme, große helle Pappe, Zinkiodid-Lösung (und Natriumthiosulfat-Lösung für Entsorgung)
- Für das Modell: Whiteboard (magnetisch) und Whiteboard-Marker (Kreide), Magnetfolie, Laminiergerät, Laminierfolien (matt), Papier (A4), Drucker (Stift z. B. Edding), Schere, Kleber
- Für das Video: iPad mit den Apps iMovie, iMotion, TextVideo und Explain Everything, Stift und Stativ für das iPad
Experiment durchführen und Video aufnehmen
Das Experiment sollte im Abzug durchgeführt werden. Eine helle Pappe dient als Hintergrund. Man gibt so viel Zinkiodid-Lösung in das U-Rohr, dass die beiden Graphitelektroden in etwa zu einem Drittel in die Lösung eintauchen. Anschließend werden beide mit der Gleichstromquelle verbunden und eine Spannung von 10 V eingestellt. Das Experiment wird mit der iPad-Kamera aufgenommen. Die Aufnahmen werden in die App iMovie eingefügt. Die einzelnen Sequenzen können mit dieser App geschnitten und gekürzt werden. Die Originaltonspur sollte gelöscht werden, um Hintergrundgeräusche zu entfernen. Beschriftungen, die im Video eingeblendet werden sollen, können mit der App TextVideo hinzugefügt werden.
Chemische Vorgänge im Modell visualisieren
Für die Darstellung der Teilchenebene wird Papier bedruckt bzw. beschrieben, in unterschiedlichen Größen ausgeschnitten und laminiert (Ionen, Moleküle, usw.). Auf der laminierten Rückseite wird nun ein Stück der Magnetfolie befestigt. Die gebastelten Teilchen werden am Whiteboard so angebracht, dass eine geeignete Startposition für den zu erstellenden StopMotion-Film entsteht. Er wird z. B. mit der App iMotion erstellt. Zunächst wird die Startposition fotografiert. Sobald ein bzw. mehrere Teilchen verschoben werden, wird erneut ein Foto gemacht. Je kleinschrittiger das Verschieben der Teilchen durchgeführt wird, desto besser ist die Teilchenbewegung bzw. der Prozess der Elektrolyse im Film zu erkennen. Dies wird solange wiederholt, bis die gewünschte Endposition erreicht ist. Die App erstellt nun automatisch den StopMotion-Film. Mit der App iMovie kann er weiterbearbeitet und in das Gesamtvideo integriert werden. Die Reaktionsgleichungen der Redoxreaktion werden mit Hilfe der App Explain Everything erstellt, gespeichert und ebenfalls zur App iMovie exportiert.
Modell für die Elektrolyse von Zinkiodid
Video finalisieren
Sind alle Videosequenzen in der App iMovie zusammengefügt, wird mit Hilfe der App die Erklärung der Elektrolyse von Zinkiodid eingesprochen. Dabei kann – je nach Bedarf – die Geschwindigkeit der einzelnen Videosequenzen an den zu sprechenden Text angepasst werden. Ein passender Abspann kann mit iMovie über die Funktion „Trailer“ erstellt werden.
Tipps und Tricks
Die Tonaufnahmen sollten in einem ruhigen Raum stattfinden, ggf. mit Headset. Für eine gute Aufnahme mit angemessener chemischer Fachsprache sollte genügend Zeit eingeplant werden. Das Erstellen solch eines Lernvideos bietet sich insbesondere für eine Projektarbeit bzw. Projektunterricht an. Generell sollten die Lernvideos anschließend im weiteren Unterrichtsverlauf ausführlich besprochen werden.
Timo Fleischer und Claudia Nerdel
Naturwissenschaften digital – Toolbox für den Unterricht
Dieser Artikel ist eine gekürzte Version des Beitrags von Timo Fleischer und Claudia Nerdel (TU München School of Education) aus der kostenfreien Broschüre „Naturwissenschaften digital – Toolbox für den Unterricht“.
Alle Beiträge zum praktischen Einsatz von digitalen Werkezugen im Chemie-, Physik- und Biologieunterricht finden Sie hier.