Karten, Atlanten, Globen, Fotos sowie detaillierte Informationen zu den meisten Planetenmissionen schlummern im Fundus der Regional Planetary Image Facility (RPIF) am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Diese Einrichtung der amerikanischen Weltraumorganisation NASA für den deutschsprachigen Raum sorgt dafür, dass viele Bilder von Raumfahrt und Planetenforschung für jedermann zugänglich sind.
„Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein riesiger Sprung für die Menschheit“. Knapp 50 Jahre ist es her, dass Neil Armstrong seinen Fuß auf den Mond setzte und kaum jemand, dem bei diesem Zitat keine Eindrücke von der kargen Mondoberfläche und den weißen Astronautenanzügen durch den Kopf schießen. Die Geschichte der Raumfahrt ist eine Geschichte, die vor allem in eindrucksvollen Bildern geschrieben wird.
Zunächst nur eine Sache für Spezialisten, fanden in den Sechziger- und Siebzigerjahren die ersten Missionen zu unseren Nachbarplaneten statt, zur Venus und zum Mars. Der damaligen UdSSR gelang es 1959 als erste, die Rückseite des Mondes zu fotografieren, mit überraschenden Erkenntnissen. Große Medienereignisse waren diese Aufnahmen jedoch nicht: Zu grob und mit dürftiger Auflösung waren die Bilder nicht wirklich öffentlichkeitswirksam. Das änderte sich 1976, als die NASA mit zwei Raumsonden namens Viking auf dem Mars landete und den Planeten mehrere Jahre mit den gleichnamigen Orbitern aus der Umlaufbahn beobachtete. Die Kameras sandten gestochen scharfe Aufnahmen in Farbe zurück zur Erde. Und dort erreichten diese erstmals über Journale und Magazine eine breite Öffentlichkeit, die sich mitreißen ließ durch den Anblick dieser „Neuen Welt“.
Raumfahrt übte in diesen Jahren eine unglaubliche Faszination aus. Die NASA feierte große Erfolge, und auch der Sowjetunion gelangen mit den Venera-Missionen, unter dem für Kameras undurchdringlichen Wolkenschleier, mehrere Landungen auf der Venus. Die sensationellen Aufnahmen unseres Nachbarplaneten wurden in diesen Zeiten allerdings sehr restriktiv veröffentlicht. Die NASA hingegen wusste um die Kraft ihrer Bilder, allen voran die der sechs Apollo-Flüge zum Mond. Während ihrer Missionen produzierten die insgesamt zwölf Astronauten hunderte brillante Aufnahmen, die zeigten, wie es auf unserem Trabanten aussieht – Informationen von hohem wissenschaftlichem Wert auch für die beratenden Geologen. Ikonen der Menschheitsgeschichte sind darunter, wie Buzz Aldrins berühmter Fußabdruck im Mondstaub. Diese Fotos, die erwähnten Farbbilder vom Mars, wurden bald übertroffen von den ersten Nahaufnahmen des Jupiter (Pioneer 11 und 12, vor allem aber Voyager 1 und 2 im Jahre 1979) und der Welt des Saturn (Pioneer 11 und wiederum die beiden Voyager, 1980 und 1981) – sie prägten eine Epoche, in der die Menschheit keine Grenzen zu kennen schien.
Die NASA gründet Bildbibliotheken und Datenzentren
Die NASA wurde Ende der Siebzigerjahre immer stärker von Anfragen der Medien, der Schulen, der Universitäten, der breiten, interessierten Öffentlichkeit sowie der Planetarien und Museen bedrängt. So gründete sie zunächst in den USA einige regionale Bildbibliotheken und Datenzentren, in denen solche Anfragen schnell und unbürokratisch bearbeitet wurden. Sie wusste um ihre Verpflichtung, die Bevölkerung am Abenteuer Raumfahrt teilhaben zu lassen, da es nur durch deren Steuergelder möglich war, Raketen auf die Millionen Kilometer lange Reisen durch das Sonnensystem zu schicken. Das System der Data Center erfuhr so großen Zulauf, dass die Verantwortlichen bei der NASA schließlich beschlossen, den Zugang zu Bildern, Karten und Informationen nicht nur auf die heimische Bevölkerung zu beschränken.
Die Geburtsstunde der RPIFs
Die Amerikaner suchten Partner für ihr System von Bildbibliotheken und fanden sie in Europa, Japan, Israel und Kanada. Verträge wurden geschlossen, nach und nach wurde ein Netzwerk geknüpft. Eine Regional Planetary Image Facility (RPIF) war jeweils für eine bestimmte Region zuständig. Auch für Deutschland war eine solche Einrichtung geplant. Im Herbst 1985 wurde ein Abkommen zwischen der NASA und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geschlossen, das sich der Aufgabe annahm, die Betreuung der Einrichtung zu übernehmen. Heute gibt es 16 RPIFs, davon befinden sich neun in den USA, vier in Europa und je eine in Kanada, Japan und Israel. Die einzelnen Bildbibliotheken sind über das Planetary Data System (PDS) der NASA vernetzt und bieten umfangreiche Recherchemöglichkeiten in den Datenbanken.
Von Bayern nach Berlin
Die Gründung der deutschen RPIF fand damals in der winzigen Abteilung Planetare Erkundung am ehemaligen DLR-Institut für Optoelektronik in Oberpfaffenhofen statt. Heute ist die RPIF Teil des Instituts für Planetenforschung in Berlin Adlershof. Die Bildbibliothek bedient in vier großzügigen Räumen auf 200 Quadratmetern den gesamten deutschsprachigen Raum. Als sehr aktive RPIF außerhalb der USA beantwortet sie auch Anfragen aus ganz Europa und von anderen Kontinenten. Für die Besuchenden und Mitarbeitenden vor Ort verfügt sie über eine umfassende Präsenzbibliothek.
Ein besonderer Schatz sind Bildmosaike, wie topografische und thematische Kartenwerke aller Planeten und Monde des Sonnensystems, für viele Körper gibt es Globen. Wissenschaftshistorisch hervorzuheben sind ein kompletter Satz von mehreren tausend analogen Erstkopien der Viking-Missionen zum Mars sowie die großformatigen Lunar-Orbiter-Aufnahmen, mit denen 1967 bis 1969 die Landungen des Apollo-Projekts geplant wurden.
Einzigartig ist auch die Sammlung an Kleinbilddias, die vor den Zeiten der Digitalisierung mehrere Schränke füllten. Heute sind alle Bilder der Viking- und Voyagerzeit digitalisiert und in eine Bilddatenbank eingespeist. Dafür gibt es jetzt in der RPIF mehr Platz für Tische, um auf ihnen einen der mächtigen Atlanten des Sonnensystems zu wälzen.
Ulrich Köhler
Tipp
Die Regional Planetary Image Facility (RPIF) befindet sich am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin Adlershof. Direktor der RPIF ist Prof. Ralf Jaumann vom DLR-Institut für Planetenforschung. Über das Kontaktformular auf der Homepage www.dlr.de/rpif ist es möglich, Karten und Bildmaterial in digitaler Form oder ausgedruckt zu bestellen. Dies kostet allenfalls eine Aufwandsentschädigung für Druck oder Vervielfältigung. Vor allem ist die RPIF alles andere als ein passives Archiv, das nur auf Interessierte wartet. Sie sieht sich vielmehr als Multiplikator des umfangreichen Wissens um Planeten, Monde, Asteroiden und Kometen im DLR und trägt dies in Wort und Bild auch nach außen. Jedes Jahr lassen sich Schülerinnen und Schüler von Vorträgen der DLR-Wissenschaftler in den Räumen der RPIF begeistern. Besonders empfehlenswert für den Astronomie-Unterricht ist auch die kostenlose 120-seitige Broschüre „Unser Sonnensystem“, die gerade in vierter Auflage erschienen ist.