Skip to content

Erdähnliche Planeten, SETI und die Frage nach dem Erstkontakt

Die spektakuläre Entdeckung erdähnlicher Planeten, die in bewohnbaren Zonen um rote Zwergsterne kreisen, lassen den Schluss zu, dass es tatsächlich zu einem Erstkontakt mit einer fremden Zivilisation kommen könnte. Und je mehr wir über das Weltall lernen, desto mehr erkennen wir, das unsere Erde nichts Besonderes ist. Aber wären wir auf das größte Ereignis der Geschichte ausreichend vorbereitet?

Am 19. April 2017 ging eine Sensation durch die Medien: Eine Super-Erde mit der Bezeichnung LHS 1140b umkreist einen fünf Milliarden Jahre alten, roten Zwergstern im Sternbild Walfisch (Cetus). LHS 1140b ist etwa 1,5 Mal so groß wie die Erde und befindet sich in der bewohnbaren Zone, in der Wasser, ein Grundelement für die Entstehung von Leben, in flüssiger Form möglich ist. Angesichts des hohen Alters könnte auf LHS 1140b eine technologisch fortgeschrittene Zivilisation entstanden sein. LHS 1140b reiht sich ein in eine Liste von ähnlich spektakulären Entdeckungen der jüngsten Zeit. So weisen die Sterne Proxima Centauri und Trappist-1 in 4,2 und 40 Lichtjahren Entfernung einen bzw. drei erdähnliche Planeten in bewohnbaren Zonen auf. Astronomen entdeckten sie während des Transits durch ihren Heimatstern, sodass sich die Lichtschwankungen in irdischen Messgeräten bemerkbar machten.

SETI – die Suche nach Radiosignalen fremder Zivilisationen

Die Suche nach außerirdischen Intelligenzen (SETI) nimmt sich dieser erdähnlichen Exoplaneten an. Falls auf LHS 1140b eine fremde Zivilisation existiert, die über Rundfunktechnologie verfügt, könnte SETI ihre Radiosignale empfangen. Die Voraussetzung: SETI müsste lange genug zur richtigen Zeit in der richtigen Wellenlänge und Frequenz lauschen, um sie zu finden. SETI begann am 8. April 1960: Der Astronom Frank Drake belauschte die Sterne Tau Ceti und Epsilon Eridani mit dem Radio­teleskop von Green Bank in West Virginia nach künstlichen Radioemissionen.

Er suchte in der 21-cm-Wellenlänge und einer Frequenz von 1420 Megahertz des neutralen Wasserstoffs, dem am häufigsten vorkommenden Element im Universum. Drake setzte damit die Idee der Physiker Giuseppe Cocconi und Philip Morrison in die Tat um, die wenige Monate zuvor in einem Brief an Nature vorgeschlagen hatten, in der 21-cm-­Wellen­länge nach Radiobotschaften von außerirdischen Zivilisationen zu lauschen. Dieser Bereich des elektromagnetischen Spek­trums ist vergleichsweise ruhig.

Doch Drake fand nichts. Seitdem sind bis heute 80 Suchprogramme durchgeführt worden. Nur ein Radiosignal vom 15. August 1977, das dreißig Mal so stark war wie der natürliche Strahlungshintergrund und nach 72 Sekunden wieder verschwand, ist nennenswert. Der Radio­astronom Jerry Ehman vermerkte mit dem Wort „Wow!“ sein Erstaunen am Rand des Computerausdrucks. Das Signal war jedoch zu kurz anwesend, um als Beweis für Außerirdische zu gelten. Diese „kosmische Stille“ aber könnte durch SETI-Projekte, wie das bis 2025 dauernde Projekt Breakthrough Listen, jäh enden.

Sozialpsychologische und mediale Faktoren

Gewissheit über die Existenz außerirdischer Intelligenzen gibt es nicht. Es ist vielmehr unsere Phantasie, die diese Frage sehr lebhaft etwa in Science-­Fiction-­Filmen beantwortet. Und Schülerinnen und Schüler kennen alle wichtigen SF-­Filme und -Serien. Steven Spielbergs „E. T.“ oder Ridley Scotts „Alien“ skizzieren den ersten Kontakt mit fremden Intelligenzen entweder als großen Segen oder als tödliche Katastrophe. „E. T.“ etwa spiegelt dabei die Hoffnungen und Sehnsüchte wider. „Alien“ oder „The Thing“ sind Echos unserer Urängste vor dem Unbekannten und Fremdartigen, die in uns noch immer schlummern: die Angst vor der Dunkelheit, vor Spinnen, vor Schlangen. Die mentale Repräsentanz hat diese Aliens im kollektiven Gedächtnis abgespeichert. Käme es zum Erstkontakt, tauchten Bilder dieser Monster unweigerlich wieder auf. Die Reaktion wird davon abhängen: Wie sehen die Außerirdischen aus? Welche Absichten haben sie? Wie weit sind sie entfernt?

Doch sind die eigentlich schwerwiegenden Faktoren medialer Natur:

  • Würden die Massenmedien über den Erstkontakt wahrheitsgetreu und unvoreingenommen berichten?
  • Erführen wir vom Erstkontakt in Facebook-Verschwörungsforen oder aus den Mainstream-Nachrichten?
  • Wären wir in der Lage, zwischen SETI und fiktiven Szenarien wie „Independence Day“ zu unterscheiden?
  • Wie fundiert ist unser Wissen über den Weltraum generell?

Alle Faktoren bedingen sich: Der Erst­kon­takt wäre die größte Mediensensation der Geschichte. Demzufolge wäre der Druck sehr groß, mit immer größeren Schlagzeilen aufzumachen, um sich Auflage und Einschaltquoten zu sichern. Darunter litte sicher die Faktentreue. Da Boulevard-­Medien für viele die Hauptinformationsquelle sind, bedürfte es einer dringenden Verbesserung des Weltraumwissens – auch bei Schülerinnen und Schülern. Allerdings belegen aktuelle Studien (USA), dass das Weltraumwissen selbst bei Studierenden an Universitäten nicht ausreichend ist. Zudem ist das Fach Astronomie in Deutschland bislang nur in den Bundesländern Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt fester Bestandteil des Unterrichts.

Fazit

Nur Schülerinnen und Schüler mit einem fundierten astronomischen Wissen wären nicht beunruhigt oder verängstigt, denn sie wüssten die kosmischen Entfernungen und Bedingungen gut einzuschätzen. Medienästhetik und Astronomie wären als feste Unterrichtsfächer nötig, um psychosoziale Überreaktionen im Falle eines Erstkontakts zu vermeiden.

Daniel Gerritzen
www.eti-research.net

Literatur

Gerritzen, Daniel (2016): Erstkontakt – Warum wir uns auf Außerirdische vorbereiten müssen. Stuttgart: Franckh-Kosmos Verlag
Michaud, Michael A.G. (2006): Alien civilizations. New York: Copernicus Books
Schetsche, Michael und Engelbrecht, Martin (Hrsg.) (2008): Von Menschen und Außerirdischen. Bielefeld: Transcript Verlag
Webb, Stephen (2002): If the universe is teeming with aliens… Where is everybody? New York: Copernicus Books

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Pinterest
XING
WhatsApp
Email

Ähnliche Beiträge

Mikrophon mit Publikum im Hintergrund
13. August, 2024
Im ersten Teil der Reihe über TED Talks ging es um Gamification-Ansätze im Klassenzimmer, um den „Schüler“ ChatGPT und darum, wie künstliche Intelligenz das Bildungssystem bereichern kann. Inzwischen ist das TED-Universum um einige weitere inspirierende Talks zum Thema Bildung angewachsen – und auch ältere Talks haben nichts an Aktualität verloren, denn der Wandel der Bildungslandschaft scheint ein immerwährendes Thema zu sein. Grund genug, immer mal über den eigenen Tellerrand zu schauen und sich für den eigenen Unterricht inspirieren zu lassen, etwa mit einem neuen Blick auf Tests und Klassenarbeiten.
Welcome Collection London
19. Juli, 2024
Wie groß ist der Radius der Erde? Fallen alle Objekte mit derselben Geschwindigkeit? Und warum erscheinen die Farben eines Regenbogens immer in der gleichen Reihenfolge? Bei all dem Wissen, das uns das Internet heute in Sekundenschnelle wie auf einem goldenen Tablett präsentiert, vergessen wir allzu oft, welch jahrhundertealte Geschichte hinter so manchen Fakten steckt – und wie viel Versuch und Irrtum.
Header_MZ Blogbeitrag_04-2023 (12)
18. Juni, 2024
Eine auf den ersten Blick völlig unförmige Figur wird um eine Achse gedreht. Plötzlich nimmt ihr Schatten die Gestalt einer aus einer Kindersendung wohlbekannten Maus an. Dreht man sie weiter, erscheinen nacheinander die beiden besten Freunde der Maus: ein Elefant und eine Ente. Wie kann das sein?
Header_MZ Blogbeitrag_04-2023 (11)
28. Mai, 2024
Inmitten der fortschreitenden Debatte über nachhaltige Mobilität ist der Verbrennungsmotor nach wie vor ein zentraler Akteur auf deutschen Straßen und macht den Verkehrssektor zu einem der größten CO2-Verursacher. Um den Klimawandel zu stoppen, müssen wir den CO2-Ausstoß jedoch reduzieren. Die Nutzung erneuerbarer Energien wie Solarenergie, Windenergie, Wasserkraft und Geothermie anstelle von fossilen Brennstoffen könnte genau dazu beitragen. Der Verkehrssektor könnte durch die Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektroantriebe oder sogenannte E-Fuels nahezu emissionsfrei sein und somit die Umwelt und das Klima schützen und das Leben auf unserem Planeten nachhaltiger gestalten.
Blogbeitrag_Fachkräftemangel
14. Mai, 2024
Obwohl die Digitalisierung ist in den letzten Jahrzehnten viele Bereiche unseres Lebens verändert hat, ist die Integration digitaler Technologien in Bildungseinrichtungen noch nicht so weit fortgeschritten, wie es sich so manche Lehrkraft und so manche Schüler:in wünschen würde. Dabei werden ebendiese Schüler:innen von heute die IT-Fachkräfte von morgen sein.
TED-Talk_Bildung_Header_1920x1080
28. Februar, 2024
Wenn wir uns für ein bestimmtes Thema interessieren und dazu unser Wissen erweitern möchten, ist unsere erste Anlaufstelle oft das Internet, gefolgt von Podcasts, Wissensvideos oder Sachbüchern. TED Talks haben in den vergangenen Jahren in Deutschland zwar sicherlich an Bekanntheit gewonnen, fristen jedoch verglichen mit ihrer Popularität in englischsprachigen Ländern wie den USA oder Großbritannien noch immer ein Schattendasein – das jedoch völlig zu Unrecht.
Header_MZ Blogbeitrag_04-2023 (4)
11. Januar, 2024
Es ist ein hübsches Spiel für geduldige Kinder: Auf einer Holzplatte ist ein Kreis aufgezeichnet, und auf dem Umfang dieses Kreises sind in gleichmäßigen Abständen p – 1 Nägel eingeschlagen, wobei p in der Größenordnung von einigen Hundert liegt und am besten eine Primzahl ist. Die Nägel n sind fortlaufend nummeriert. Die Aufgabe besteht darin, für alle n von 1 bis p – 1 einen Faden von Nagel n zu Nagel 2n zu ziehen.
Header_MZ Blogbeitrag_04-2023
20. Dezember, 2023
Seit ein Artikel in der New York Times im Dezember 2017 über ein geheimes Programm zur Erforschung von unbekannten Luftphänomenen (UAP) im US-Verteidigungsministerium berichtete, häufen sich die Nachrichten zu UAP. Ein ehemaliger Geheimdienstoffizier sagte nun vor dem Kongress aus, dass die USA sogar im Besitz „intakter, nicht menschlicher Technologie“ seien. Sollte uns eine außerirdische Intelligenz besuchen, könnte diese Erkenntnis die Menschheit jedoch in eine kosmische Krise stürzen.
Header_Entdeckt_02-2023 (20)
5. Dezember, 2023
Albert Einsteins Relativitätstheorie dient heute als Werkzeug: Erstmals wurde die Masse eines Sterns anhand der Deformation seiner Raumzeit ringsum gemessen. Schon 1912 hatte Einstein entdeckt, wie ein Stern durch seine Schwerkraft die Lichtstrahlen eines anderen, viel weiter entfernten Sterns geringfügig verbiegt. Weil der Ablenkwinkel winzig ist, schrieb er 1936, nachdem er diesen Gravitationslinseneffekt erneut untersucht hatte: „Selbstverständlich besteht keine Hoffnung, das Phänomen zu beobachten.“
Header_Entdeckt_02-2023 (14)
8. November, 2023
Mit Platz für sieben reguläre Besatzungsmitglieder und einer ununterbrochenen menschlichen Präsenz seit Oktober 2000 ist die Internationale Raumstation (ISS) die größte und erfolgreichste Raumstation aller Zeiten. Ihre Zukunft jedoch wird immer ungewisser.
Header_Entdeckt_02-2023 (4)
10. Oktober, 2023
Je größer die Frequenz einer schwingenden Klaviersaite, umso höher ist der Ton, den der Mensch hört. Allerdings steigt die Tonhöhe nicht gleichmäßig mit der Frequenz an, sondern wird vom Gehör logarithmisch abgeflacht.
Header_Entdeckt_02-2023 (3)
27. September, 2023
Der Tag hat noch gar nicht richtig angefangen, da haben wir schon tausend Dinge im Kopf: schnell anziehen, frühstücken, zur Arbeit hetzen … Kaum dort angekommen, füllt sich der Schreibtisch schneller als ein Fußballstadion beim Finale der Weltmeisterschaft. Der Kopierer streikt, das Meeting wurde vorverlegt und der Kaffee ist alle. Nach nur zwei Stunden Arbeit ist man direkt wieder reif für das Bett, weil man letzte Nacht schon wieder kaum geschlafen hat.