Manch einer hat es schon immer geahnt, seit der Hattie-Studie ist es quasi amtlich: Das formative Feedback ist ein wirksames Werkzeug zur Optimierung individueller Lernprozesse. Dennoch wird es in vielen Klassenzimmern eher selten eingesetzt – aber warum?
Der Grund liegt auf der Hand: Die kontinuierliche lernbegleitende Rückmeldung erscheint vielen Lehrkräften zu umständlich. Wird sie analog durchgeführt, ist der zeitliche Aufwand für die Durchführung und Auswertung recht hoch. Gegen eine elektronische Erfassung spricht die oft fehlende technische Ausstattung – die meisten Tools setzen für alle Schülerinnen und Schüler ein einsatzbereites eigenes Endgerät sowie eine leistungsfähige Internetverbindung voraus. Dies hat zur Folge, dass im Unterricht tendenziell eher auf summative Beurteilungen zurückgegriffen wird.
Mit der Software Plickers gehören diese Schwierigkeiten der Vergangenheit an – das Umfragetool funktioniert bereits mit einem einzelnen Smartphone in Lehrerhand, selbst auf Lerngängen und Exkursionen. Kann man dann noch auf einen einfachen Internet-PC und einen Beamer zurückgreifen – in vielen naturwissenschaftlichen Fachräumen inzwischen Standard – besitzt man bereits die optimale Vollausstattung für ein regelmäßiges Feedback. Die Schülerinnen und Schüler geben ihre Rückmeldungen dabei mithilfe einfacher ausgedruckter Barcodes.
Wie funktioniert’s?
Das Umfragetool besteht aus zwei Komponenten: Mithilfe einer browserbasierten Software wird der Unterricht am PC vor- und nachbereitet. Nach einer einmaligen kostenlosen Registrierung können Klassen erstellt und verwaltet sowie verschiedene Fragenkataloge angelegt und den einzelnen Lerngruppen zugewiesen werden. Auch eine detaillierte Auswertung der Umfrageergebnisse kann plattformunabhängig im Browser abgerufen werden.
Im Unterricht selbst dient das Smartphone der Lehrkraft als Erfassungsgerät für das Feedback der Lerngruppe. Die Fragestellungen werden appgesteuert im Browser angezeigt und über einen Beamer projiziert, die Schülerinnen und Schüler halten einen individuellen quadratischen Code hoch, der durch die Ausrichtung das jeweilige Feedback signalisiert. Die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten A bis D sind dabei so klein auf der Karte vermerkt, dass ein Abschauen beim Nachbarn nur schwer möglich ist. Die Lehrkraft kann über den Bildschirm des Handys das Abstimmungsverhalten in Echtzeit verfolgen und, falls gewünscht, durch gezielte Hinweise und Bemerkungen beeinflussen. Solange die Umfrage läuft, können die Lernenden ihre Antwort beliebig oft ändern. Im Browser können sie erkennen, ob ihr Feedback erfasst worden ist. Falls gewünscht, kann das Umfrageergebnis auch der Klasse direkt präsentiert werden.
Was bringt’s?
Plickers ist ein hervorragendes Diagnoseinstrument. Es ermöglicht sowohl das Abfragen von Vorwissen als auch die Durchführung von Wissensüberprüfungen oder Umfragen aus dem laufenden Unterricht heraus. Gerade beim Erfassen von naturwissenschaftlichen Phänomenen sind die Vorstellungen der Lernenden oft nicht sehr präzise. Durch geeignete Fragestellungen können Missverständnisse aufgedeckt werden, sodass eine unmittelbare Klärung, Ergänzung oder Vertiefung des Wissens stattfinden kann. Wenn mit dem Tool die Meinungsfindung während einer laufenden Abstimmung sichtbar gemacht wird, kann dies die Diskussion bei der Formulierung und Begründung von Hypothesen anregen.
Die Lehrkraft kann den aktuellen Lernstand der gesamten Gruppe oder einzelner Schüler jederzeit erfassen und auch über einen längeren Zeitraum hinweg unkompliziert dokumentieren. Die so gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen es, das Vorverständnis der Lernenden besser einzuschätzen, ihnen noch während der Arbeitsphase lernfördernde Rückmeldungen und Hinweise zu geben oder sie beispielsweise im Rahmen von Coachinggesprächen auf der Grundlage der gewonnenen Daten fundiert zu beraten. Da bei dem Feedback mit Plickers immer die gesamte Lerngruppe gefragt ist, wird die Motivation, kontinuierlich im Unterricht mitzuarbeiten, bei vielen Schülerinnen und Schülern deutlich erhöht.
A propos Motivation: Auch die Möglichkeit, regelmäßig ein Feedback zum Lernprozess selbst abgeben zu können, fördert den Lernerfolg der Schüler – und ermöglicht der Lehrkraft die Optimierung des Unterrichts. So kann beispielsweise am Ende jeder Unterrichtsstunde ein kurzes, standardisiertes Feedback zur Qualität der Stunde und der Motivation der Schülerinnen und Schüler eingeholt werden. Mit kurzen Statements wie „Das Thema der Stunde war interessant.“, „Ich bin heute gut mitgekommen.“, „Ich möchte (noch) mehr über das heutige Thema erfahren.“ oder „Die Stunde hat mir Spaß gemacht.“ und den immer gleichen Antwortmöglichkeiten A („Trifft voll zu.“) bis D („Trifft überhaupt nicht zu.“) ist diese niederschwellige Evaluation schnell abgeschlossen.
Wenn die Klasse ihre Abstimmungskärtchen stets zur Hand hat, dauern auch umfangreichere Abfragen nur wenige Minuten – bereichern den Unterricht aber auf Dauer.
Dr. Thomas Rudel
Weitere Informationen
Das Umfragetool lässt sich – nach einmaliger Registrierung – auf der Seite www.plickers.com einrichten. Hier können die Umfrageergebnisse und eine detaillierte Auswertung des Feedbackverhaltens der einzelnen Lernenden ausgewertet werden. Das Angebot ist kostenlos und werbefrei.
Die Smartphone-Apps lassen sich sowohl im App Store (iOS) als auch im Play Store (Android) kostenlos herunterladen.
Aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes sollte nicht mit den vollständigen Namen der Lernenden und Schul- oder Klassenangaben agiert werden. Spitznamen genügen, notfalls auch die laufende Nummer aus der Klassenliste. Eine „anonyme“ Nutzung als Gast ist ebenfalls möglich – dazu unterbleibt bei der Einrichtung einfach die Zuordnung der Codes zu bestimmten Personen.