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cultur3D – Perspektiven auf eine Virtuelle Renaissance

Zur Digitalisierung von Kulturgut werden immer öfter auch 3D-Scan-Verfahren verwendet. In einem Projekt an der Friedrich-­Schiller-­Universität Jena sollen nun komplexe Prozessketten zur seriellen 3D-Erfassung für unterschiedliche Objekte und Sammlungen erarbeitet werden.

Die hohe Dynamik digitaler Technologien ist immer mit Herausforderungen und Chancen verbunden. Für die 2D- und 3D-Erfassung und virtuelle Dokumentation von Kulturgütern trifft dies in besonderer Weise zu, wie der Brand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar (2004) oder die Zerstörung wichtiger Kulturgüter in Syrien (Palmyra) schmerzlich vor Augen führen.

Die Digitalisierung sogenannter „Flachware“ wie Bücher und Graphiken ist bereits erfolgreich etabliert. Doch in Hinblick auf die Erfassung, Dokumentation und möglichst authentische Repräsentation dreidimensionaler Objekte in Form und Farbe, befinden wir uns erst am Anfang des Machbaren.

3D-Scans: Verfahren und Visualisierung

Bei den bislang zum Einsatz kommenden 3D-Scankits liegt der Schwerpunkt auf der Dokumentation der Form. Die unterschiedlichen Systeme erfassen Strukturen, vermessen die Originale und ermöglichen so deren virtuelle Re-Modellierung. Hingegen bleiben Aspekte wie die ursprüngliche Farbigkeit und die visuell vermittelten Informationen über deren Materialität bislang nahezu unberücksichtigt. Hier setzt das Projekt cultur3D an: Durch die Installation und den Einsatz eines mobilen und eines stationären 3D-Scankits sowie die Kombination mit extrem hochauflösender Kameratechnik können Kulturgüter schnell digital erfasst und anschließend eindrucksvoll visualisiert werden (www.cultur3d.de).

Dies stellt neue technische Anforderungen an alle Beteiligten: Struktur und Textur müssen pixelsynchron mit hoher Aufnahmegenauigkeit in einem kurzen Zeitraum durch Scanner und Kameras erfasst werden. Durch die Kombination digitaler Aufnahmen und perspektivischer Abbildungen entstehen flächige, pixeldichte Ansichten, die zu einer 3D-­Gesamtansicht kombiniert werden. Dabei kommen Verfahren der Streifenprojektion mit Methoden der Selbstkalibrierung unter Verwendung virtueller Passmarken zum Einsatz. Im Idealfall wird einem durch X-Y-Z-Koordinaten bestimmten Objektpunkt sein entsprechender objektiver, blickwinkelunabhängiger Farbwert zugeordnet.

Diese Technologie ist für eine Vielzahl von Kulturinstitutionen anwendbar: Der 3D-Scan schafft eine detailgetreue Kopie des Originals und ermöglicht zudem eine vielfältige digitale Bearbeitung. Ziel der Digitalisierung sind möglichst originalgetreue 3D-Modelle, die in der Forschung, Lehre sowie im musealen Bereich eingesetzt werden können. Zudem schont dies Verfahren die empfindlichen und historisch meist einzigartigen Originale.

Historische Globen in 3D

Zunächst werden beispielhaft historische Globen untersucht und virtuell erfahrbar gemacht. Für das Projekt stehen eine Vielzahl von Metadaten zur Verfügung, die multimedial aufbereitet werden und die umfassende 3D-Dokumentation ergänzen sollen. Der Globus rückt als Artefakt der Globalisierung in den Fokus, da er die Idee des Verfügbarhabens und der Verfügbarmachung der Welt in besonderer Weise verkörpert. Als Objekt präsentiert er sich als interdisziplinäres Ergebnis mathematischer und astronomischer Konstruktionen, aber auch als Kondensat politischer Konstellationen und kultureller Inskriptionen. In der Kombination von Geographie- und Kartographiegeschichte kann die digitale Erfassung und virtuelle Präsentation von verschiedenen Weltenmodellen zur Wiederbelebung tradierten Welt-Wissens beitragen. Als innovative Präsentationsform kann der 3D-Scan die Weltsicht so in neuer Weise verändern.

Dr. Andreas Christoph

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