Die Initiative Junge Forscherinnen und Forscher e.V. (IJF) bietet für Schülerinnen und Schüler zu Themen aus Naturwissenschaft und Technik Forschervormittage in der Schule an. Wie beurteilen die Jugendlichen das Bionik-Programm, bei dem sie die fachlichen Inhalte anhand von Experimenten eigenhändig nachvollziehen können?
Seit 2010 engagiert sich die IJF in Kooperation mit der Universität Würzburg und weiteren Partnern für die Bildung von Kindern und Jugendlichen in den Bereichen Naturwissenschaften und Technik. Dabei setzt die IJF bayernweit vor allem auf Schulbesuche sowie auf Fortbildungen für Lehrkräfte, um Anregungen zu geben, wie sie ausgewählte Themen den Lernenden näherbringen und in einen lehrplankonformen Unterricht integrieren können. Aktuell werden folgende Themen angeboten: Bionik, erneuerbare Energien, Leichtbau und Nanotechnologie. Das aus Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern bestehende IJF-Team kommt dabei meist auf Initiative eines Fachlehrers oder der Schulleitung an die Schule.
Bionik im Unterricht und mit der IJF
Bionik taucht bundesweit in den Lehrplänen wiederholt an mehreren Stellen auf. Hierzu hat die IJF ein Lernmodul entwickelt, das einen 30-minütigen Vortrag sowie eine 60-minütige stationengeleitete Experimentierphase in Kleingruppen beinhaltet. Die IJF bringt dabei alle benötigten Materialien inkl. Experimentieranleitungen mit. Zielgruppe sind die Jahrgangsstufen 5–7 von Realschulen und Gymnasien. Das Lernmodul wird jeweils von IJF-Referenten an den Schulen mit gleichzeitig 40 bis zu 70 Schülerinnen und Schülern durchgeführt, sodass mit zwei Durchläufen in der Regel eine Jahrgangsstufe abgedeckt werden kann. Die Schule stellt lediglich die Räume sowie betreuende Lehrkräfte für die Aufsicht zur Verfügung. Inhaltlich wird dabei anhand konkreter Beispiele das „Prinzip der Bionik“ nachvollzogen, also Phänomene der Natur auf die Technik zu übertragen (z. B. Klettverschluss, Lotus-Effekt). Durch den Schwerpunkt auf das selbsttätige Experimentieren der Schülerinnen und Schüler und dem Aufzeigen von Wissenschaftler-Laufbahnen (z. B. Otto Lilienthal) werden darüber hinaus naturwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweisen geübt und vertieft.
Beurteilung des Forschervormittags
Stellvertretend für die IJF-Schulbesuche aber auch allgemein für außerschulische Lernangebote im MINT-Bereich wurde das Bionik-Programm von uns mit fachdidaktischen Fragestellungen beforscht. Einige der Ergebnisse stellen wir hier vor. Die Datenerhebung im Rahmen unserer Studie erfolgte an vier bayerischen Schulen (zwei Gymnasien, zwei Realschulen). Was sind die zentralen Aussagen? Der Bionik-Forschervormittag wird insgesamt sehr positiv bewertet. Die klare Mehrheit der Teilnehmenden verbuchte subjektiv einen fachlichen und motivationalen Zugewinn. Folgende Aspekte fallen zudem auf: Die Lehrkräfte bereiteten die Schülerinnen und Schüler nur teilweise auf die Veranstaltung vor. Dies betraf sowohl organisatorische Aspekte, wie die Gruppenaufteilung für die Experimentierphase, als auch inhaltliche Aspekte, was von dem Bionik-Vormittag zu erwarten war. Die durchgeführten Experimente wurden als gut verständlich empfunden und machten den Teilehmenden großen Spaß. Wir fanden bei der Entwicklung fachlicher Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler zum Teil deutliche Lernerfolge, etwa wie die Fähigkeit mancher Geckos zu erklären sei, dass sie kopfüber an der Decke laufen können. Dennoch äußerten einige Probanden sechs bis acht Wochen nach der Veranstaltung erneut alltagsweltliche Vorstellungen zu den behandelten Phänomenen. Dies ist kaum verwunderlich. Auch in vergleichbaren Studien zeigte sich, dass singuläre Lernereignisse nur einen bedingten Lernerfolg erzielen können.
Außerschulische Lernangebote setzen wertvolle Impulse
Eine längerfristige kontinuierliche Auseinandersetzung mit einem Thema, z. B. im Rahmen des Wettbewerbs „Jugend forscht“, führt bei den Lernenden langfristig zu besseren Lernerfolgen. Damit wird die Vor- und Nachbereitung von einzelnen Lernereignissen, wie des Bionik-Forschervormittags, und deren Einbettung in den normalen Unterricht umso wichtiger. So können derartige Lernangebote sehr wertvolle Impulse setzen. Für einen bestmöglichen Erfolg empfiehlt es sich daher, vor allem organisatorische Fragen, wie die Gruppenaufteilung für die Experimentierphase, im Voraus zu klären sowie inhaltliche Aspekte, wie z. B. die Auswertung der Versuchsergebnisse, im normalen Folgeunterricht aufzuarbeiten. Hierfür hält die IJF passendes Unterrichtsmaterial bereit. Wer als Lehrkraft ausgewählte MINT-Themen im Unterricht behandeln möchte, dem empfehlen wir einen Schulbesuch der IJF als besonderes Lernereignis zu integrieren.
Dr. Jürgen Paul & Prof. Dr. Jorge Groß
Zusatzmaterial
Hier finden Sie zusätzliche Informationen zu dem Artikel von Dr. Jürgen Paul und Prof. Dr. Jorge Groß mit dem Titel „Abgucken erwünscht – mit der IJF über Bionik lernen“, pubiziert in der Ausgabe 4/2016 des MINT Zirkels.