Naschen und gleichzeitig etwas für die Gesundheit tun, wen würde das nicht locken? Vitamin-C angereicherte Süßigkeiten und Säfte gehörten zu den ersten Produkten, bei denen mit einem gesundheitlichen Effekt von Zusatzstoffen geworben wurde. Inzwischen ist das Angebot solcher funktioneller Lebensmittel groß und unübersichtlich geworden.
Functional Food ist ein unscharf definierter Begriff, es handelt sich um traditionelle Nahrungsmittel, denen Stoffe zugesetzt oder auch entzogen wurden, um das körperliche Wohlbefinden der Konsumenten zu steigern oder ihr Erkrankungsrisiko zu mindern. Als Zusatzstoffe im Functional Food kommen vor allem Mineralstoffe, Vitamine, Bakterienkulturen, Ballaststoffe, ungesättigte Fettsäuren oder bioaktive Substanzen infrage. Diese Stoffe und ihre Wirkung sind teilweise als Nahrungsergänzungsmittel bekannt, kommen dabei aber nicht in konzentrierter Pulveroder Pillenform zum Einsatz, sondern werden dem Lebensmittel direkt zugesetzt. Daher passt auch der Begriff Nutraceuticals (von nutrition: Ernährung und pharmaceutical: pharmazeutisch). Speisesalz wird beispielsweise vielfach mit Jod angereichert, welches zur normalen Funktion der Schilddrüse beiträgt. Milchprodukte werden lactosefrei angeboten, damit sie auch bei Milchzuckerunverträglichkeit bekömmlich sind. Zur Senkung des LDL-Cholesterin- Wertes und damit des Risikos von koronaren Herzkrankheiten versetzt man Margarine mit Pflanzensterinen und Stanolen. Hersteller versuchen ähnliche Effekte auch über den Zusatz von Omega- 3-Fettsäuren zu erreichen.
Ein Trend aus Japan ohne rechtliche Definition in der EU
Der Functional Food-Trend stammt aus Japan, dort ist FOSHU („Foods for specified health use“) als eigene Lebensmittelkategorie gesetzlich verankert. In Europa gibt es dagegen keine rechtliche Definition, es greifen aber verschiedene Verordnungen im Lebensmittelrecht. Das Inverkehrbringen neuartiger Lebensmittel und Lebensmittelzutaten regelt die Novel-Food- Verordnung der EU, sie gilt aber nur für einige Functional Food-Produkte. In Deutschland fallen diese Produkte unter das allgemeine Lebensmittelrecht oder unter die Rahmenrichtlinien für Diätetische Lebensmittel. Werbung für Functional Food wird über die europäische Health-Claims-Verordnung geregelt: Demnach müssen Nährwert- und gesundheitsbezogene Aussagen über Lebensmittel wahr und belegbar sein, irreführende Werbung ist somit unzulässig. Als Menschen neigen wir dazu, größtmöglichen Nutzen mit dem geringsten Aufwand erreichen zu wollen. In der Ernährung möchten wir Sättigung mit Genuss und Gesundheit verbinden. Und am besten das Ganze auch noch schnell und bequem auf den Tisch bringen können. Funktionelle Lebensmittel können aber allenfalls in Verbindung mit einem gesunden Lebensstil einen positiven Beitrag zum Wohlbefinden leisten. Wäre ihre Wirkung stärker, müsste man sie wie ein Arzneimittel klinisch auf Nebenwirkungen testen, was bei Functional Food aber nicht vorgeschrieben ist. Außerdem sind sie oft auf bestimmte Käufergruppen zugeschnitten: Für Lactose-Tolerante ist L-Minus-Milch nur teurer, aber nicht gesünder, Jodsalz ist nur in Jodmangelgebieten sinnvoll. Frisches Obst liefert Vitamine ganz ohne Industriezucker. Viele Probiotika überleben die Verdauungsreise im Darm gar nicht. Gerade die unsichere Dosierung der Zusatzstoffe sowie mögliche Wechselwirkungen sind kritisch zu sehen. Solange Gesetzgeber und Wissenschaftler noch nicht alle Hausaufgaben gemacht haben, bleibt dem Verbraucher nur die kritische Kaufwahl.
Inge Kronberg