Die meisten Menschen lieben Rätsel. Deutlich sichtbar wird dies beim Trend der Exit-Games und Escape-Rooms. Wie kann man dies fruchtbar im MINT-Unterricht einsetzen?
Allen Escape-Formaten ist gemeinsam, dass man innerhalb einer vorgegebenen Zeit im Rahmen einer motivierenden Geschichte ein Problem lösen muss. Dafür muss man verschiedene Rätsel und praktische Aufgaben bewältigen, Wissen und Gegenstände anwenden und vor allem gut im Team kooperieren. Dies sind doch eigentlich alles Kennzeichen von modernem und innovativem Unterricht: Problem- und Praxisorientierung, motivierender Kontext, Anwendung von Wissen, kooperatives Lernen. Wäre es nicht toll, wenn man die Begeisterung für Escape-Games in die Schule bringen und dabei auch noch lehrplangemäß Fachkompetenzen fördern könnte? Das war die Leitfrage, als ich mich vor einigen Jahren auf die spannende Reise der Escape-Games im Unterricht machte. Das Konzept des Classroom-Escapes war geboren. Auch hier müssen die Schülerinnen und Schüler Rätsel lösen und Aufgaben bewältigen, nur eben mithilfe ihrer erworbenen Fachkompetenzen. Classroom-Escapes sind also keine Spielerei, sondern eine motivierende und praxisorientierte Methode des intelligenten Übens.
Live-Classroom-Escapes
Am bekanntesten sind Classroom-Escapes. Hierzu arbeiten die Schülerinnen und Schüler in einer Gruppe von ca. sechs Personen im Klassenraum. Ihre Aufgabe besteht meist darin, ein Problem innerhalb von 60 Minuten zu lösen, um etwas zu verhindern. Gute Beispiele sind das Stoppen einer chemischen Reaktion eines „verrückten Wissenschaftlers“ oder die Herstellung eines bestimmten chemischen Stoffes. Dann gilt es, den Raum zu erkunden, Hinweise zu entschlüsseln, Gegenstände zu finden und Rätsel zu lösen. Classroom-Escapes beinhalten oft praktische Aufgaben, bei denen die Schülerinnen und Schüler laborspezifische Arbeitsweisen anwenden müssen. Dadurch werden neben den Fachkompetenzen auch soziale Kompetenzen gefördert, denn für den erfolgreichen Escape müssen sie ein hohes Maß an Kommunikation, Entwicklung von Lösungsstrategien und gemeinsamen Absprachen beweisen. So knobeln sich die Schülerinnen und Schüler im Verlauf des Escapes entlang der Rahmengeschichte durch mehrere Rätsel, geben Codes in Schlösser ein und folgen Hinweisen. Sollten sie einmal nicht weiterkommen, kann man als Lehrkraft Hinweise zum weiteren Vorgehen geben. Schließlich sollen die Schülerinnen und Schüler den Escape ja letztendlich schaffen und ihr Erfolgserlebnis haben.
Minuten-Escapes
Eine andere Umsetzung von Escape-Games sind die Minuten-Escapes im Fachunterricht. Das sind thematische Escape-Games im Umfang von 15 bis 45 Minuten. Sie bieten sich hervorragend an zur Wiederholung und praktischen Anwendung von Fachwissen am Ende von Unterrichtssequenzen. Zudem erfordern Minuten- Escapes nicht viel Vorbereitung seitens der Lehrkraft. Zentrales Material ist der Escape-Umschlag. Dies ist ein Ausdruck, der gefaltet und an einigen Seiten zugeklebt wird. Auf der Vorderseite werden die Schülerinnen und Schüler in das Szenario eingeführt. Daraus ergibt sich das Problem, das sie lösen sollen, und er Zeitrahmen, der ihnen dafür zur Verfügung steht Die Rück- und Innenseiten enthalten zwei bis vier Rätselstufen. Das sind Aufgaben aus dem Bereich Fachwissen sowie allgemeine Rätsel (Worträtsel oder Logik- und Kombinationsaufgaben). Neben dem Escape-Umschlag werden, je nach Aufgabe, weitere Materialien für die praktischen Arbeiten benötigt, z. B. Stoffproben, pH-Papier, Fachbücher und Laborgeräte. Nach jeder Rätselstufe dürfen die Schülerinnen und Schüler eine Seite des Umschlags öffnen und gelangen zur nächsten Stufe. Nach der letzten Aufgabe erhalten sie einen Code, der ein Schloss an einem Behälter öffnet. Darin befindet sich eine kleine Belohnung.
Die Schülerinnen und Schüler arbeiten während eines Minuten-Escapes in Gruppen von zwei bis vier Personen mit einem eigenen Escape-Umschlag. So können alle zeitgleich, aber in ihrem individuellen Tempo an den Rätselaufgaben knobeln. Der Vorbereitungsaufwand ist relativ gering. Es muss lediglich das Dokument für jede Gruppe ausgedruckt und als Escape-Umschlag präpariert werden. Ein Behälter für die Belohnung sowie Schlösser können nach einmaliger Anschaffung immer wieder für verschiedenen Minuten-Escapes verwendet werden.
Wichtig: Für die Rätselstufen gibt es Hinweis- und Lösungskarten, die die Schülerinnen und Schüler bei Bedarf anschauen können. Die Lehrkraft kann in bestimmten Zeitintervallen auf die Hinweise und Lösungen aufmerksam machen, um ihnen eine zeitliche Orientierung zu geben. So wird sichergestellt, dass alle Gruppen weiterkommen und eine Chance haben, den Escape zu schaffen.
Varianten und Mischformen
Beide Formate können auch als digitale Variante gestaltet werden. Dabei benötigen die Schülerinnen und Schüler nur ihr Smartphone, einen WLAN-Zugang und einen Startpunkt, wie z. B. einen Internetlink oder einen QR-Code. Sämtliche Aufgaben und Infoquellen werden dann digital präsentiert. Zudem lassen sich analoge Escapes auch sehr leicht mit digitalen Anwendungen verbinden. So könnten Hinweise per QR-Code gegeben werden, benötigte Fachinfos werden als Blogbeitrag präsentiert oder die Schülerinnen und Schüler müssen in Quiz-Apps ihr Fachwissen unter Beweis stellen, um den Code für das nächste Schloss zu erhalten.
Fabian Bendlow
Über den Autor
Fabian Bendlow ist Lehrer für Biologie, Chemie und Biochemie an der Gesamtschule Oberpleis. Als MINTKoordinator entwickelt er diverse Escapes für den Einsatz im Unterricht.
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