Skip to content

Was ist ein Quantencomputer?

Quantencomputer sind in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit ein zunehmend diskutiertes Thema. Sie basieren auf Gesetzen der Quantenmechanik, die im frühen 20. Jahrhundert entwickelt wurden und können genutzt werden, um Berechnungen durchzuführen, die klassischen Computern nicht zugänglich sind.

Manche Probleme sollten sich daher mit Quantencomputern schneller lösen lassen, die auf klassischen Computern (zu)viel Rechenleistung erfordern würden. Diese besonderen Computer sind heute keine reinen Gedankenkonstrukte mehr, in den letzten Jahrzehnten wurden erste Prototypen realisiert. Die Anzahl der Quantenbits – Qubits – dieser Quantencomputer ist allerdings noch extrem gering, sodass ihre potenziellen Fähigkeiten in den meisten Anwendungsfällen noch keine relevanten Vorteile gegenüber klassischen Computern besitzen.

Bits und Qubits

Auf klassischen Computern werden Informationen als Bits gespeichert und verarbeitet. Jedes Bit kann nur genau einen von zwei möglichen Zustände annehmen, nämlich 1 oder 0. Analog dazu gibt es die sogenannten Qubits, also quantenmechanische Bits. Dies sind quantenmechanische Systeme, die ebenfalls mit zwei Zuständen beschrieben werden können. Beispielsweise besitzt ein einzelnes Elektron – wie ein kleiner Stabmagnet – ein magnetisches Moment. Wird die Ausrichtung dieses magnetischen Moments entlang einer bestimmten Richtung gemessen, erhält man nur einen von genau zwei Werten, nämlich entweder eine Ausrichtung entlang (↑) oder entgegen (↓) der Messrichtung. Bis hierhin unterscheidet sich das durch die Zustände des Elektrons dargestellte Qubit nicht von einem klassischen Bit. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass sich ein Qubit auch in einer sogenannten Überlagerung der beiden möglichen Zustände befinden kann. Befindet es sich beispielsweise zu gleichen Teilen in den beiden Zuständen (quasi ↑ + ↓), so würde bei einer Messung mit einer Wahrscheinlichkeit P(↑) = 50 % die Ausrichtung ↑ bzw. mit P(↓) = 50 % die Ausrichtung ↓ gemessen werden. Dies bedeutet, dass das Qubit in beiden Zuständen gleichzeitig ist. Dies ist die zentrale Besonderheit der Quantenmechanik: Bei der Messung „entscheidet“ sich das Teilchen zufällig, in welchem Zustand es ist. Ist das Elektron in einem bestimmten Überlagerungszustand, so wird bei einer Messung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit P(↑) der Wert ↑, ansonsten ↓ gemessen wird. Im Allgemeinen kann sich die Messwahrscheinlichkeit beliebig auf die beiden Zustände verteilen, P(↑) und P(↓) müssen nicht gleich groß sein. Warum ist es aber wichtig, dass es Überlagerungen geben kann, wenn man doch immer nur einen der beiden Werte messen kann? Die Antwort ist, dass mit der Überlagerung dann sinnvoll gearbeitet werden kann, solange nicht gemessen wird. Und in ihr steckt deutlich mehr Information als in einem klassischen Bit, das nur zwei
verschiedene Werte kennt.

Vorteile und Ausblick

Was ist nun der Vorteil von Qubits gegenüber klassischen Bits? In einem klassischen System mit n Bits kann nur einer von 2n binären Zuständen, wie z. B. ↑↑↓↑↑↓↓↓, eingenommen werden, in der Quantenmechanik hingegen können alle 2n Zustände überlagert werden. Eine Operation auf einem Quantencomputer kann all diese Zustände gleichzeitig verarbeiten – solange nicht gemessen wird! Damit kann er bei bestimmten Problemen mit deutlich weniger Rechenschritten eine Lösung finden als ein klassischer Computer, der alle Optionen nacheinander probieren müsste. Ein solches Problem ist zum Beispiel das Knacken des RSA-Verschlüsselungsverfahrens, auf dessen Sicherheit heute Banken, Wirtschaft und die sichere Kommunikation im Internet vertrauen. Die Sicherheit dieser Verschlüsselung beruht darauf, dass es viel einfacher ist, zwei große Primzahlen zu multiplizieren (z. B. 11 · 13=143), als die Primfaktoren von 143 (11 und 13) zu finden. Der für Quantencomputer geschriebene Shor-Algorithmus ist jedoch in der Lage, die Primfaktoren großer Zahlen in deutlich weniger Rechenschritten zu berechnen als ein klassischer Computer, der bei großen Zahlen Jahrhunderte brauchen würde. Damit lägen den Entwicklerinnen und Entwicklern eines hinreichend großen Quantencomputers fast alle heute verschlüsselten Daten zu Füßen. Allerdings müsste dieser für sinnvolle Anwendungen aus mindestens einigen Hundert Qubits bestehen, heutige Quantencomputer weisen jedoch gerade mal ca. 10–20 gut funktionierende Qubits auf.

Leo Herrmann, juFORUM e. V.


Linktipps:

IBM Q – lernen und experimentieren direkt am Quantencomputer quantumexperience.ng.bluemix.net/qx
Wie funktionieren Quantencomputer? www.bit.ly/2qn2c7P

Bildnachweis:

Header-Bild © AB Electrical & Communications Ltd (https://www.abelectricians.com.au/)

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Pinterest
XING
WhatsApp
Email

Ähnliche Beiträge

Header_Entdeckt_02-2023 (3)
27. September, 2023
Der Tag hat noch gar nicht richtig angefangen, da haben wir schon tausend Dinge im Kopf: schnell anziehen, frühstücken, zur Arbeit hetzen … Kaum dort angekommen, füllt sich der Schreibtisch schneller als ein Fußballstadion beim Finale der Weltmeisterschaft. Der Kopierer streikt, das Meeting wurde vorverlegt und der Kaffee ist alle. Nach nur zwei Stunden Arbeit ist man direkt wieder reif für das Bett, weil man letzte Nacht schon wieder kaum geschlafen hat.
MZ-2023_Beitragsbild (1)
15. September, 2023
Digital First, Textverstehen zweitrangig? Der Eindruck könnte entstehen, wenn man das Leseverhalten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit den Ergebnissen der empirischen Leseforschung kontrastiert. Denn die Leseforschung sagt, dass wir anspruchsvolle Sachtexte weniger gut verstehen, wenn wir sie digital lesen. Befragt nach ihren Lesegewohnheiten berichten aber Studierende, dass sie mehr als 80  Prozent ihrer Lesezeiten vor dem Bildschirm verbringen. Belletristik wird hingegen lieber auf Papier gelesen als auf dem E-Reader. Dabei gibt die Leseforschung mit Blick auf die narrativen Texte Entwarnung: Ein Nachteil ist mit der digitalen Lektüre nicht verbunden.
MZ-01-23_Beitragsbild BecksEcke
27. Juni, 2023
Ein raffiniertes Konzept könnte die elementarsten Arbeitsschritte eines Rechners auf eine völlig neue Grundlage stellen – aber das wird voraussichtlich nicht passieren.
MZ-02-23_Beitragsbild (4)
16. Juni, 2023
Viel Glück im neuen Jahr – das sollen die kleinen „Glücksklee“-Blumentöpfe verheißen, die alljährlich zu Silvester auf den Markt kommen. Tatsächlich handelt es sich dabei um Sauerklee (Oxalis tetraphylla) aus Mexiko, bei dem alle Blätter grundsätzlich aus vier Einzelblättchen bestehen. Ein Glücksklee (Trifolium repens) verdient aber seinen Namen gerade dadurch, dass er sich nur mit etwas Glück finden lässt. Die normalen Blätter von echtem Klee bestehen aus drei Blättchen, die fingerförmig angeordnet sind. Daher der wissenschaftliche Gattungsname Trifolium, also Dreiblatt. Bei nur einem von 5.000 Blättern sind vier Blättchen vorhanden – solche Seltenheiten gelten in vielen Kulturen als Glücksbringer. Ob Gene oder Umwelt zu Viererklees führen, wird schon seit Jahrzehnten diskutiert. Der Schlüssel zum Glück(sklee) ist zwar noch nicht gefunden, aber sein Versteck konnte eingegrenzt werden.
MZ-02-23_Beitragsbild
2. Juni, 2023
Frei schwebend vor dem schwarzen Hintergrund des Weltalls leuchtet die blaue Weltkugel: „The Blue Marble“, aufgenommen am 7. Dezember 1972 etwa 29.000 Kilometer entfernt von der Erde von der Crew der Apollo 17 auf dem Weg zum Mond. Die analoge Hasselblad-Mittelformatkamera mit f-2,8/80 mm Festbrennweite von Zeiss bannt die ganze Erde auf ein Bild und zeigt dabei fast ganz Afrika, den Atlantik und den Indischen Ozean mit einem entstehenden Taifun über Indien.
MZ-01-23_Beitragsbild (4)
30. Mai, 2023
In einem spannenden Forschungsprojekt der Freien Universität Berlin werden Honigbienen zu Verbündeten, um den schädlichen Umwelteinflüssen von Agrargiften auf die Spur zu kommen.
MZ-01-23_Beitragsbild (3)
26. Mai, 2023
Erstmals wurde ein Planetoid beschossen, um seine Umlaufbahn zu verändern. Der Test hat gezeigt, dass sich die Menschheit künftig gegen Meteoriteneinschläge aus dem Weltraum wehren kann.
durchblickt-Fortbildung-KlettMint-Header-Blog
Gesponserte Inhalte
25. Mai, 2023
DURCHBLICKT! unterstützt Lehrerinnen und Lehrer dabei, mehr digitale Gesundheitskompetenz und einen sicheren Umgang mit digitalen Medien in den Unterricht zu integrieren. Auf dieser Grundlage fördern sie künftige Generationen selbstbestimmt und mit den Möglichkeiten der digitalen Welt über die eigene Gesundheit zu entscheiden. Neben direkt einsatzbereiten Unterrichtsmaterialien gibt es jetzt auch exklusive Live-Fortbildungen vor Ort! Jetzt mehr erfahren und anmelden!
pay-1036469_960_720
11. Mai, 2023
Warum klettern wir ohne Sauerstoffgerät auf den Mount Everest oder durchsteigen im Winter die Eigernordwand? Warum wollen wir immer schneller laufen, immer höher springen oder eine Kugel immer weiter stoßen? Warum reisen wir zum Nordpol, zum Südpol oder zum Mond? Warum haben die Menschen des Mittelalters gigantische und viel zu große Kirchen gebaut? Es ist nicht leicht, diese Fragen zu beantworten. Rationale Gründe, so etwas zu tun, gibt es nicht. Vielleicht ist es das Erfahren und Hinausschieben der eigenen Grenzen, das den Menschen einen süchtig machenden Kitzel verschafft. Vielleicht ist es auch der Genuss des Ruhms, die oder der Größte, Schnellste, Beste oder Weitestgereiste zu sein.
MZ-01-23_Beitragsbild (2)
28. April, 2023
Fortwährende komplexe Krisenszenarien erfordern von Lehrkräften und Schulen eine stärkere und fächerübergreifende Handlungsorientierung bei der Begleitung von Schüler*innen in ihrer Auseinandersetzung mit der Welt. Lehrkräfte haben hier eine zentrale Vorbildfunktion, die nicht zuletzt einen konstruktiven und reflektierten Umgang mit den eigenen Belastungen durch kleine alltägliche bis hin zu großen globalen Krisen erfordert.
coding-1853305_960_720
3. April, 2023
Vor zehn Jahren gründete ein französischer Tech-Milliardär die Programmierschule 42 – ohne Lehrkräfte, Noten und Stundenpläne: 42 Heilbronn. Mittlerweile gibt es 15.000 Studierende weltweit. Ein Besuch an einem deutschen Standort.
MZ_2022_04_Heft
14. März, 2023
Biokraftstoff gilt als umwelt- und klimafreundliche Alternative zu fossilen Treibstoffen. Denn weil er aus Pflanzen erzeugt wird, gibt er bei seiner Verbrennung kaum mehr Kohlendioxid ab, als die Pflanzen zuvor bei ihrem Wachstum aufgenommen haben – so jedenfalls die Theorie. Doch gibt es bei der Sache vielleicht einen Haken?