„Inspiration Biene“ von Thomas Radetzki und Matthias Eckoldt ist ein umfassendes und überraschendes Sachbuch über Bienen, das voller Leidenschaft und Lebensmut immer tiefer und eindrücklicher ins Bienenvolk und seine Lebensprozesse eintaucht.
Im Laufe der Evolution sind Bienen und Blütenpflanzen eine für alle Beteiligten gewinnbringende Beziehung eingegangen: Bienen bekommen Nektar und sorgen im Gegenzug für eine zielsichere Bestäubung, was uns Menschen wiederum vielfältige und fruchtbare Landschaften beschert. Bienen sind vortreffliche Symbiosepartner. Inspiriert und beflügelt, angestachelt und wachgerüttelt von diesem „erfolgreichsten Unternehmen der Welt“ ziehen Radetzki und Eckoldt zahlreiche Parallelen zur menschlichen Lebenswelt. Es geht im Buch nicht nur um Unternehmensstrukturen, sondern um Politik, Bildung und Bürgerbeteiligung, um Krisenbewältigung, Resilienz und Resonanz, nachhaltige Landwirtschaft und ein am Gemeinwohl orientiertes Miteinander. Dabei öffnet sich ein Netzwerk aus gesamtgesellschaftlichen Zusammenhängen, das zum (selbst)kritischen Weiterspinnen einlädt.
Dasselbe Ziel vor Augen
Was macht die Bienen so erfolgreich? Der sprichwörtliche Bienenfleiß der Arbeiterinnen? Die Führungsqualität der Bienenkönigin? Diese Begrifflichkeiten sind menschengemacht und irreführend, sie haben mit dem Wesen Bienenvolk nichts gemeinsam. Bienen machen nur so viel, wie nötig ist, sind weder perfektionistisch noch außergewöhnlich arbeitseifrig. Es gibt keine Chefin, die das Sagen hat, und keinen Controller, der die Aufgaben verteilt. Bienen können nur im Volkszusammenhang überleben. Dabei verfolgt jede Biene dasselbe Ziel: Es geht ums Überleben der Gemeinschaft und um Fortpflanzung. Um durch die kalten Wintermonate zu kommen und für sämtliche Lebensprozesse im Volk, legen sie einen Honigvorrat an. Über die Aufzucht von Drohnen und den Schwarmvorgang pflanzen sie sich fort. Wie effektiv ein gemeinsames Ziel bei Entscheidungsfragen ist, beweisen die Schwarmbienen: Sie haben sich im Freien als Schwarmtraube an einem Baum versammelt und müssen eine geeignete neue Behausung finden. Die Zeit drängt! Mehrere Hundert Kundschafterinnen begutachten die potenziellen Nistplätze. Dann wird – tanzend auf dem Schwarm – demokratisch abgestimmt. Auf diese Weise kristallisiert sich der fürs Überleben bestmögliche Platz in der Umgebung heraus.
Flexibel, plastisch und mit allem vertraut
Im Volk stehen zahlreiche Arbeiten an: putzen, heizen, ventilieren, Brut füttern, Honig machen, Waben bauen, Eindringlinge verjagen und Nektar sammeln. Dennoch gibt es keine festgelegte, lebenslange Spezialisierung. Alle Arbeiterinnendurchlaufen nach und nach dieselben Stationen, sind mit denselben Aufgaben vertraut und können je nach Bedarf die „Berufe“ wechseln. So ist das Volk in der Lage, schlagartig auf veränderte Situationen
zu reagieren. Kommt beispielsweise ein Großteil der Sammlerinnen durch einen Pestizideinsatz ums Leben, überspringen junge Arbeiterinnen ein paar Entwicklungsschritte und übernehmen direkt die Sammeltätigkeit. Dieses plastische Verhalten funktioniert auch umgekehrt: Werden Bau- oder Ammenbienen im Volk gebraucht, bilden Sammelbienen erneut Wachs- bzw. Futtersaftdrüsen aus, um den Fachkräftemangel schnell auszugleichen. Ein Bienenvolk bildet einen perfekt aufeinander abgestimmten Superorganismus: ein lebendiges System, das sich aus sich selbst heraus steuert und dank seiner Flexibilität und Plastizität besonders widerstandsfähig ist. Ein Erfolgsmodell seit 45 Millionen Jahren – dann kam der Mensch. Nun können sich die Bienen nicht mehr selbst helfen. Nun sind wir dran! Es ist höchste Zeit zu begreifen, dass wir nicht länger außerhalb der natürlichen Kreisläufe agieren dürfen. Wenn wir die Bienen retten wollen, sollten wir uns von ihnen inspirieren lassen. Sie haben das Zeug, uns Herz und Augen zu öffnen,damit wir unser gewohntes Handeln kritisch
hinterfragen und den Systemwandel wagen, der unser aller Überleben sichert.
Angelika Sust
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