Überlegen Sie einmal, welche Gegenstände aus Kunststoff Sie heute schon benutzt haben. Ob Zahnbürste, Autoschlüssel, Brotbüchse – Kunststoffe sind in unserem Alltag omnipräsent, und das nicht grundlos. Wir nutzen sie jeden Tag. Doch was macht den Alltagsbegleiter Kunststoff eigentlich so besonders? Und gibt es vielleicht doch nachhaltigere Alternativen, die genauso viele Vorteile bieten?
Ein Beitrag von Prof. Dr. Leena Bröll und Dr. Aline Haustein
Fragen wie diese stellen sich viele Menschen schon seit Langem. Auch Kinder und Jugendliche beschäftigt das „Plastikproblem“ unserer heutigen Gesellschaft. Hier kommen ein paar Ideen, wie das Thema auf spannende Weise bereits in der Grundschule in den Unterricht integriert werden kann.
Vorteile und positive Eigenschaften von Kunststoffen
Schauen wir uns zunächst einmal an, weshalb es der Alleskönner Kunststoff überhaupt so weit gebracht hat. Kunststoffe …
- sind vergleichsweise billig, ein Kilogramm Standardthermoplaste kostet etwa 1 Euro.
- haben eine geringe Dichte und damit ein geringes Eigengewicht.
- haben für den Menschen nützliche Eigenschaften. Sie isolieren thermisch und werden sowohl bei der Kälte- als auch bei der Wärmeisolierung eingesetzt. Außerdem isolieren sie elektrisch und umhüllen nahezu alle Kabel, die wir Menschen im Alltag nutzen.
- sind sehr beständig. Sie korrodieren nicht und sind auch gegenüber vielen Chemikalien resistent.
- haben eine angenehme Haptik, die beim Herstellungsprozess von Kunststoffgegenständen gezielt eingestellt werden kann. So können Kunststoffe beispielsweise weich, hart oder haftend sein.
- können beliebig eingefärbt und gestaltet werden.
- können gut mit anderen Werkstoffen wie Metall oder Textilien kombiniert werden.
Einige Kunststoffarten sind zudem wiederverwend- und -verwertbar und können einem Recyclingkreislauf zugeführt werden (Mette et al. 2006, Bonten 2020).

Plastik ist allgegenwärtig
All diese positiven Eigenschaften führen dazu, dass viele Gegenstände im Alltag aus Kunststoffen bestehen oder in ihnen Kunststoffe verbaut sind. Dabei werden in Europa 39,6 Prozent der verbrauchten Kunststoffe für Verpackungen, 20,4 Prozent für das Bauwesen und 11,5 Prozent für Textilien genutzt (Heinrich-Böll-Stiftung & BUND 2019, PlasticsEurope 2020). Ebenfalls werden viele Massenartikel im Haushalt (z. B. Kochgeschirr) und für Freizeit und Sport (z. B. Inline-Skates) aus Kunststoffen gefertigt. Aber auch bei höherwertigen technischen Artikeln kommen Kunststoffe zum Einsatz, so etwa im Maschinenbau, im Fahrzeugbau sowie in der Geräte- und Elektrotechnik. Final finden Kunststoffe auch in Hightech-Anwendungen Verwendung. In Luftfahrt, Raumfahrt oder auch in der Medizintechnik sind Kunststoffe ebenfalls nicht mehr wegzudenken (Bonten 2020; Hengstmann & Tamminga 2022). Man sieht: Plastik ist nicht nur in unseren Haushalten allgegenwärtig.
Nachteile und negative Eigenschaften von Kunststoffen
Leider haben Kunststoffe aber auch negative Eigenschaften. So werden sie in Abhängigkeit von unterschiedlichen Umwelteinflüssen wie Temperatur, UV-Strahlung und Luftfeuchtigkeit mit der Zeit rissig, verblassen und verlieren ihre Reißfestigkeit (Hengstmann & Tamminga 2022). Das alltagsnächste Beispiel ist der Gummiring, der im Lauf der Zeit spröde wird und seine Elastizität verliert.
Einige Kunststoffe wie Polyethylenterephthalat (PET) können zwar einem Recyclingkreislauf zugeführt werden, problematisch ist dies aber bei Mehrstoffsystemen, wenn also unterschiedliche Kunststoffarten in einem Produkt verarbeitet sind. Weil hier eine Trennung oftmals kompliziert ist, werden in Deutschland viele Kunststoffabfälle verbrannt oder zu einem weniger hochwertigen Material recycelt (Hengstmann & Tamminga 2022).

So werden beispielsweise 44,7 Prozent der PET-Einwegflaschen wieder geschmolzen, in 11,2 Prozent der Fälle werden Fasern daraus hergestellt und in 26,8 Prozent Folien. Im Laufe der Zeit gehen hier wichtige Ressourcen verloren (GVM 2022).
Exkurs: Das sind Kunststoffe
Kunststoffe sind künstlich oder halb künstlich erzeugte Polymere. Durch die Verbindung vieler Monomere entstehen lange Molekülketten, die sich aus Millionen sich strukturell wiederholender Grundeinheiten zusammensetzen.
Monomer: Mono = eine, Mer = Einheit (z. B. Ethen)
Polymer: Poly = viele (z. B. Polyethylen)
So sieht die Verbindung aus, wenn das Monomer Ethen durch eine Kettenwachstumsreaktion zu Polyethylen (C2H4)n reagiert.

Synthetische Kunststoffe werden durch die Polymerisationsreaktion, Polyaddition und Polykondensation erzeugt, halbsynthetische Kunststoffe entstehen durch die Modifikation natürlicher Polymere (etwa Zellulose zu Zelluloid).
Plastik wird oft falsch entsorgt
Ein großes Problem stellen aber auch Kunststoffe dar, die nicht oder falsch entsorgt in der Natur landen, da ihr Abbau enorm viel Zeit beansprucht. So braucht eine PET-Flasche bis zu 2.000 Jahre, bis sie sich zersetzt hat (WWF 2020). Gleichzeitig findet dabei kein vollständiger biologischer Abbau statt. Zurück bleiben kleine, feste und wasserunlösliche Kunststoffpartikel. Sind sie bis zu 5 Millimeter groß, spricht man von Mikroplastik, sind sie kleiner als 0,1 Mikrometer, handelt es sich um sogenanntes Nanoplastik. Daraus resultiert ein weiteres großes Problem. Mikroplastik entsteht beispielsweise auch durch den Abrieb
- von Autoreifen bei Pkws, Lkws, Fahrrädern und Skateboards,
- von Polymeren und Bitumen aus Asphalt und Verwehungen von Sport- und Spielplätzen (Kunstrasenplätze, Tartanbahnen, Spielplätze),
- von Schuhsohlen oder
- bei der Wäsche von synthetischen Textilien (Bertling et al. 2018).
So gelangt Plastik in unseren Körper
Unabhängig davon, ob Mikroplastik durch den Zerfall von Kunststoffabfällen in der Umwelt, den Abrieb von unterschiedlichen Kunststoffquellen oder über die Freisetzung aus verschiedenen Kunststoffprodukten entsteht – es reichert sich zunehmend in ökologischen Kreisläufen an und gelangt über die Aufnahme von Trinkwasser und Nahrungsmitteln auch in den menschlichen Körper. Aus dem Verdauungstrakt gelangt Mikro- und Nanoplastik zudem sehr wahrscheinlich in den Blutkreislauf – mit noch unbekannten Folgen.
Wissenschaftler:innen der Freien Universität Amsterdam konnten in 17 von 22 untersuchten Blutproben Mikroplastik nachweisen (Leslie et al. 2022). Italienische Forscher:innen fanden Mikroplastik darüber hinaus sogar in 75 Prozent aller untersuchten Muttermilchproben (Ragusa et al. 2022). Dabei sind die Auswirkungen auf den menschlichen Körper noch nicht final untersucht, man vermutet aber ein erhöhtes Risiko für Allergie, Fettleibigkeit und Unfruchtbarkeit sowie einen Anstieg von Krebs- und Herzerkrankungen und Demenz (Gaspar et al. 2023).
Drei Ideen für Plastik als Thema im Unterricht
Die Plastikproblematik kann im Kontext einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) bereits in der Grundschule thematisiert werden. Mögliche Themen können dabei sein:
- Welche Arten von Plastikabfällen gibt es?
- Wie kann Plastikmüll vermieden werden?
- Wie kommt Plastik in die Umwelt und in die Meere?
- Welche Probleme entstehen durch Plastik in der Umwelt und im Meer?
Wie viel Plastikabfall befindet sich in der Umwelt und im Meer?
Dem Beutelsbacher Konsens folgend muss natürlich auch BNE überwältigungsfrei umgesetzt werden; die Schüler:innen sollten nicht überrumpelt und an der Gewinnung eines selbstständigen Urteils gehindert werden. Wir haben daher drei Ideen zusammengestellt, wie Kunststoff als Unterrichtsthema umgesetzt werden kann. Die dazugehörigen Vorlagen und Anleitungen finden Sie allesamt im Downloadkasten.
Idee 1: Memory
Ein Memory kann den Kindern Gedankenanstöße geben, wo und wie Einmalplastik im Alltag durch Alternativen ersetzt werden könnte. Dabei erkennen die Kinder auch, dass es nicht nur ganz oder gar nicht gibt, sondern auch Zwischenstufen, die im Alltag umgesetzt werden können. Um das Thema experimentell zu bereichern, können zwei Experimente durchgeführt werden.
Idee 2: Folie aus Stärke
Das erste Experiment thematisiert die Herstellung einer Folie aus Stärke. Hier kann Kindern ein Einblick gewährt werden, an welchen Alternativen zum Kunststoff aktuell geforscht wird, zugleich sieht man aber auch die Grenzen, die aktuell noch bestehen. Der Vorteil dieses Biokunststoffs besteht eindeutig in seiner biologischen Abbaubarkeit, zudem besteht er aus nachwachsenden Rohstoffen (Mais- oder Kartoffelstärke). Gleichzeitig sind die Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung durch die gelartige Konsistenz des Kunststoffs begrenzt.
Idee 3: Bienenwachstuch
Beim zweiten Experiment geht es darum, selbst einen Gegenstand herzustellen, der genutzt werden kann, um Kunststoffe im Alltag in einem Bereich zu vermeiden: Das Bienenwachstuch stellt eine Alternative zu Folienverpackungen dar, um trockene, fettarme Lebensmittel zu transportieren oder auch im Kühlschrank aufzubewahren. Zum Beispiel kann es von den Kindern anschließend zum Einwickeln des Pausenbrotes genutzt werden.
Fazit
Das Thema Kunststoffe ist in unserem Alltag allgegenwärtig, und auch in der Grundschule kommen wir nicht daran vorbei. Die vorgestellten Experimente und das Memory-Spiel bieten eine wertvolle Möglichkeit, Kinder frühzeitig für den bewussten Umgang mit Plastik zu sensibilisieren. So lernen sie spielerisch die Eigenschaften und Herausforderungen von Kunststoffen kennen und entwickeln ein nachhaltiges Bewusstsein, das weit über das Klassenzimmer hinauswirkt.
Downloads
Die Vorlagen für das Memory sowie die Anleitungen für die beiden Experimente finden Sie hier:
Die Quellen zum Beitrag stehen Ihnen hier zum Download zur Verfügung: