Die Klimakrise rückt immer mehr in den Fokus der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit. Während einige Expert:innen meinen, es sei schon zu spät für jegliche Unternehmungen, sind andere optimistischer und drängen auf eine schnelle und konsequente Umsetzung konkreter Maßnahmen. Ein wichtiger Aspekt bei der Bekämpfung ist das Erreichen eines CO2-neutralen Verkehrswesens. Hier sind insbesondere Elektroautos interessant. Ließe sich solch ein Projekt vielleicht im Unterricht aufgreifen?
Ein Beitrag von Mahdi El Tegani, Jonas Tillmann und Prof. Dr. Claas Wegner vom Osthushenrich-Zentrum für Hochbegabungsforschung an der Fakultät für Biologie (OZHB) an der Universität Bielefeld
Dieses Projekt zeigt, wie sich ein elektrisches Fahrzeug mithilfe eines Kartons, zwei kleiner Motoren und eines Mikrocontrollers ohne großen Aufwand realisieren lässt und dabei Anknüpfungspunkte in verschiedene MINT-Bereiche bietet. So können Schüler:innen bereits in der Unter- und Mittelstufe ihr eigenes elektrisches Fahrzeug bauen und durch das projektorientierte Arbeiten lernen, wie ein großes Ziel mithilfe von Arbeitsteilung gemeinsam erreicht wird.
Das Fahrzeug
Das vorgestellte Fahrzeug ist ein elektrisch betriebenes Dreirad. Die Antriebe sitzen jeweils an den beiden Hinterrädern im Heck und bestehen aus zwei freilaufenden Servomotoren, die ganz einfach mit einem Mikrocontroller-Board gesteuert werden können. Das Vorderrad ist passiv und besitzt keinen eigenen Antrieb. Als Korpus des Fahrzeugs kann ein (Schuh-)Karton benutzt werden.
Die Projektphasen
Das Projekt gliedert sich in vier Phasen: Planung, Konstruktion, Programmierung und Testung. Bevor die Schüler:innen in die Projektarbeit gehen, werden diese Phasen kurz besprochen. Anschließend finden sich Gruppen von etwa sechs Personen zusammen. Die Aufgabenbereiche Planung und Testung werden von allen Mitgliedern der Gruppe gemeinsam durchgeführt.
Phase 1: Planung
In der Phase Planung sollen sich die Schüler:innen Gedanken zur Funktion und zum Aussehen des Fahrzeugs machen. Dazu fertigen sie eine Skizze des Fahrzeugs an. Danach führen die Schüler:innen auf, welche Materialien ihr Fahrzeug benötigt. Bestimmte Materialien sind dabei als limitierende Faktoren vorausgesetzt. So erhalten sie zum Beispiel nur ein Mikrocontroller- Board und zwei Servomotoren. Es ist daher sinnvoll, einige Materialien in vorbereiteten Boxen auszugeben und andere Materialien wie Pappe, Lampen, Druckknöpfe, Kabel etc. zentral auf Tischen auszulegen, sodass sich die Gruppen frei daran bedienen können.
Phase 2: Konstruktion
Nachdem das Fahrzeug designt wurde, gehen die Schüler:innen in die Konstruktionsphase über. Zunächst werden Aussparungen für die beiden Hinterradservos ausgeschnitten, anschließend werden die Servos platziert und festgeklebt. Danach wird mithilfe von zwei Büroklammern ein Vorderrad vorne an den Karton geklebt. Anschließend werden zwei Drucktaster auf einem Steckbrett befestigt und auf ein Stück Karton geklebt, bevor das Mikrocontroller- Board mit den Servomotoren und den Drucktastern verbunden wird. Dabei ist darauf zu achten, dass die Kabel über eine ausreichende Länge verfügen, sodass das Fahrzeug noch bequem gesteuert werden kann.
Phase 3: Programmierung
Nachdem die gesamte Elektronik miteinander verbunden ist, wird das Programm in Tinkercad vorgeschrieben und der Schaltplan getestet. Danach wird das Programm auf das Mikrocontroller-Board geladen. Nun ist das Fahrzeug einsatzbereit.
Phase 4: Testung
Sobald ein Prototyp existiert, wird dieser auf seine Funktion getestet. Anschließend werden Verbesserungen vorgenommen und Fehler korrigiert. Dieser Zyklus kann mehrmals ablaufen, bis ein funktionstüchtiger Prototyp besteht. Wenn alle Gruppen mit ihrem Fahrzeug zufrieden sind, werden alle Fahrzeuge den jeweils anderen Gruppen präsentiert. Die Schüler:innen bewerten die Fahrzeuge der anderen Gruppen im Hinblick auf Design, Funktionalität und Handling.
Download
Die begleitende und detailliert bebilderte Konstruktionsanleitung zum Bau und zur Verkabelung des Fahrzeugs finden Sie hier:
Beispielhafte Lernziele
Das Projekt vereint verschiedene Lernziele, darunter methodisch handwerkliche Fähigkeiten. Den Schüler:innen wird vermittelt,
- fachgerecht mit Werkzeugen und Werkstoffen umzugehen.
- die festgelegten Sicherheitsregeln zu beachten.
- vorgegebene Arbeitsschritte selbstständig zu erfassen und durchzuführen.
- die Steuerung von elektrischen Fahrzeugen zu übernehmen und gezielt damit zu arbeiten.
- elektrische Schaltkreise korrekt nachzubauen und zu bedienen.
- technische Geräte
Des Weiteren werden fachlich-intellektuelle Fähigkeiten vermittelt. Die Schüler:innen lernen,
- die Wirkungsweise von elektrischen Systemen nachzuvollziehen und zu übertragen.
- selbstständig Arbeiten in der Gruppe aufzuteilen.
- die Wirkungsweise von elektrischen Motoren zu erklären.
- projektbedingte Hierarchien zu bilden und selbstständig in diesen zu arbeiten.
- designtechnische Entscheidungen in Abhängigkeit von der Funktionalität zu treffen.
Die angestrebten Lernziele des Unterrichtsprojekts variieren je nach Fach, Thema und Altersgruppe.
Resümee und Einsatzmöglichkeiten
Insgesamt sollte für den Bau eine Dauer von 180 Minuten eingeplant werden, während die Dauer der anschließenden Präsentation der Fahrzeuge variabel gewählt werden kann. Der Bau des Fahrzeugs kann darüber hinaus in verschiedenen Fachkontexten genutzt werden. So ist er in der Informatik oder Technik angebracht, aber er kann auch in der Physik als Abschluss einer Unterrichtsreihe zu alternativen Antriebsformen und dem Thema Elektromagnetismus eingesetzt werden. Es ist auch eine fachübergreifende Einheit zum Thema Klimawandel denkbar, indem der Akku des Fahrzeugs beispielsweise durch Solarenergie geladen wird. Das Unterrichtsprojekt zeigt, wie Projektarbeit mit Lebensweltbezug und Aktualität verbunden werden kann. Der Bau eines elektrischen Fahrzeugs ermöglicht es den Schüler:innen, sich aktiv mit Ideen der modernen Mobilität auseinanderzusetzen und dabei eigene Entscheidungen zu treffen. Dies schafft ein Gefühl der Selbstbestimmung und steigert die Involviertheit in solche Themen.
Begleitendes Material
Um das geplante Unterrichtsvorhaben digital zu unterstützen, finden Sie unter folgendem Link ein interaktives 3-D Modell des Fahrzeugs:
Damit haben die Schüler:innen die Möglichkeit, den Aufbau des Fahrzeugs genau zu studieren. Außerdem kann mithilfe der Software digital an möglichen Weiterentwicklungen des Projekts gearbeitet werden.
Hinweis: Um den Link nutzen zu können, wird eine Registrierung als Lehrkraft bei Tinkercad benötigt. Diese ist kostenlos und ermöglicht die Nutzung einer umfangreichen, browserbasierten 3-DModellierungssoftware. Außerdem haben Sie als Lehrkraft die Möglichkeit, digitale Klassenräume zu erstellen, in denen Ihre Schüler:innen auch ohne Registrierung ihre Entwürfe hochladen und sammeln können.