Der Wolpertinger (lateinisch crisensus crisensus) ist ein bayrisches Fabelwesen, das sich aus mehreren Tierarten zusammensetzt und in verschiedenen Formen auftreten kann. Er eignet sich besonders für den Einsatz im naturwissenschaftlichen Unterricht, da ebendiese individuelle Zusammensetzung eine tiefergehende Beschäftigung mit den Lebewesen des Waldes und den unterschiedlichen Besonderheiten erlaubt, die sie auszeichnen. Hier kommen konkrete Ideen, wie das auf spannende Weise umgesetzt werden kann.
Ein Beitrag von Colin Peperkorn, Lea Störmann und Prof. Dr. Claas Wegner
Die Herkunft des Wortes „Wolpertinger“ ist bisher ungewiss. Alfons Schweiggert führt den Begriff in seinem Buch Alles über den Wolpertinger (1982 im Ludwig Verlag erschienen) auf die unterschiedlichen Lebensräume des Wesens zurück: Die Silbe Wo- kommt dabei vom süddeutschen Wort „Woid“, was dem Morphem Wald entspricht. Der weitere Teil -lper- steht für den Lebensraum der Alpen und das Suffix -tinger steht im Süddeutschen für alles Unbekannte, eben „Dinger“. Der typische Wolpertinger hat ein Rehgeweih auf einem Hasenkörper und ist lateral mit Flügeln ausgestattet. Eine korrekte Darstellungsweise des Wesens gibt es aber nicht, der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
Was den Wolpertinger so besonders macht
Der Wolpertinger als Fabelwesen steigert die Neugier der Schüler:innen und gibt ihnen die Möglichkeit, ein für sie neuartiges Wesen zu erforschen. Gleichzeitig befasst sich der Wolpertinger mit tierischen Merkmalen, die die Schüler:innen durchaus kennen. Bekannte Inhalte werden also in ein unbekanntes Thema eingebettet.
Didaktische Vorbemerkungen
Die vorgestellten Experimente (siehe unten stehenden Downloadkasten) sind für Schüler:innen der Sekundarstufe geeignet. Sie können jeweils einzeln mit der gesamten Klasse oder in Gruppen in Form von Stationenlernen erarbeitet und besprochen werden.
Jeder Versuch orientiert sich an einem einzigartigen beispielhaften Wolpertinger nach Schweiggert und ist in drei Arbeitsblätter aufgeteilt. Diese führen an den naturwissenschaftlichen Erkenntnisweg heran, indem eine Hypothese aufgestellt wird, die dann fachlich erarbeitet und anschließend überprüft wird.
Das erste Arbeitsblatt dient dazu, das Interesse der Schüler:innen zu wecken. Die Schüler:innen werden an das Wesen herangeführt und betrachten es erstmals genauer, woraufhin eigene Forschungsfragen formuliert werden können. Das zweite Arbeitsblatt befasst sich mit einer der Besonderheiten der einzelnen Wolpertinger. Es ist ein Versuch vorgegeben, der mithilfe von Arbeitsblatt drei, dem Laufzettel, dokumentiert und ausgewertet wird.
Unterrichtsverlauf
Der Stundenverlauf könnte mit einer Heranführung an das Wesen starten. Es wird ein Impuls in Form eines Realobjekts oder einer Abbildung gegeben und die Schüler:innen sammeln im Plenum ihre Ideen dazu. Anschließend wird das weitere Vorgehen der Stationsarbeit besprochen und die Klasse wird gegebenenfalls in kleine Arbeitsgruppen aufgeteilt. Die Schüler:innen können in einer Gruppe jeweils eine Station erarbeiten, oder es werden mehrere Unterrichtseinheiten eingeplant, in denen die Gruppen dann rotieren können und so die Möglichkeit haben, an mehreren Stationen zu arbeiten.
Ablauf der Experimente
In den Kleingruppen erarbeiten die Schüler:innen dann ihre Station, einschließlich des Experiments, und halten ihre Ergebnisse auf dem Laufzettel fest. Während der Stationsarbeit können die Lernenden mithilfe der Arbeitsblätter eigenständig arbeiten und mögliche Hilfestellung durch die Lehrkraft einfordern. In der Sicherungsphase sollten die Ergebnisse gesammelt und besprochen werden, sodass jede:r Lernende eine Übersicht bekommt. Die Sicherung kann zum Beispiel anhand einer Basteleinheit erfolgen, bei der die Kinder ihren ganz eigenen, individuellen Wolpertinger basteln. Dieser Schritt kann in physischer oder digitaler Form ablaufen. Schließlich können die Kinder ihren Wolpertinger kurz vorstellen und erklären, welche Zusammensetzung sie gewählt haben und welche Vorteile die jeweiligen Merkmale haben.
Bernoulli-Effekt mit dem Niederbayrischen Gankerlstumpen
Das Experiment zum Niederbayrischen Gankerlstumpen fokussiert sich auf das Merkmal der Flügel. Durch das Bauen eines Flügelmodells kann die aerodynamische Kraft experimentell beobachtet werden. Die gewölbte Oberfläche des Modells stellt dabei den Flügel dar.
Die Schüler:innen kommen zur folgenden Erkenntnis: Die Form von Flügeln, oben gewölbt und unten flach, sorgt für eine effektive Fortbewegung in der Luft. Die aerodynamischen Kräfte, die oberhalb des Flügels wirken, lassen sich mit dem Bernoulli-Effekt beschreiben. Ein Druckunterschied auf Ober- und Unterseite des Flügels sorgt für einen Auftrieb des Tiers.
Stromlinienförmigkeit mit dem Fränkischen Antnschludara
Bei diesem Experiment steht die stromlinienförmige Körperform von Fischen im Vordergrund. An mithilfe von Schwimmknete geformten Körpern wird getestet, welche Formen sich im Wasser schneller fortbewegen können als andere und welche Formen Vorteile in diesem Lebensraum bieten.
Die Schüler:innen kommen zur folgenden Erkenntnis: Die Stromlinienförmigkeit eines Fischkörpers sorgt für einen geringeren Energieaufwand bei der Fortbewegung im Wasser. Durch eine runde und schlanke Körperform wird der Widerstand der Strömung im Wasser reduziert und das Lebewesen muss weniger Kraft aufwenden, um sich schnell und uneingeschränkt fortzubewegen.
Schallwellen mit dem Schwäbischen Dädllap
Dieses Experiment verdeutlicht die Vorteile von großen Ohren bei Tieren. Formen die Lernenden einen Trichter aus Papier, können sie die großen Ohren nachahmen und die verbesserte Schallaufnahme feststellen. Halten sie anschließend eine klingende Stimmgabel in ein Glas mit Wasser, können sie die Schallwellen sichtbar machen.
Die Schüler:innen kommen zur folgenden Erkenntnis: Die auditive Wahrnehmung von Lebewesen mit großen Ohren ist effizienter als die von Tieren mit kleineren Ohren. Eine größere Oberfläche sorgt für mehr Aufnahmeraum und die Schallwellen können besser und schneller aufgegriffen und verortet werden. Tiere mit großen Ohren können ihre Umgebung so unter schwereren Bedingungen, wie Dunkelheit, besser wahrnehmen.
Merkmal der Schwimmhäute mit dem Schnobernden Bolznschwanz
Das Experiment des Schnobernden Bolznschwanzes legt den Fokus auf das Merkmal der Schwimmhäute. Stülpen die Schüler:innen ihre Hand in eine Plastiktüte und halten diese dann ins Wasser, können sie das Merkmal nachahmen und selbst testen, welche Vorteile Schwimmhäute bei der Fortbewegung im Wasser bieten.
Die Schüler:innen kommen zur folgenden Erkenntnis: Tiere mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen/Fingern können sich im Wasser schneller fortbewegen. Die Schwimmhäute verknüpfen die Extremitäten und bilden damit eine größere Oberfläche, die im Wasser für einen stärkeren Vortrieb sorgt. Auch die Manövrierfähigkeit wird durch Schwimmhäute begünstigt.
Thermoregulation mit dem Oberbayrischen Gischpalgoaß
Bei diesem Experiment steht das Merkmal von Fell im Vordergrund. Die Wolle simuliert in diesem Versuch mit heißem und kaltem Wasser das Tierfell. Mithilfe eines Thermometers können die Schüler:innen Temperaturunterschiede zwischen dem Glas mit und ohne Fell ausmachen. Hier wird die Funktion der Thermoregulation verdeutlicht.
Die Schüler:innen kommen zur folgenden Erkenntnis: Das Fell sorgt im Wasser für eine effiziente Thermoregulation und die Tiere können ihre Körperwärme darüber regulieren. Es isoliert die Wärme oder hält sie davon ab, das Tier unter klimatischen Bedingungen zu stark zu beeinflussen. Fell ist ebenfalls ein Vorteil gegenüber äußeren Bedingungen wie Verletzungen oder Sonneneinstrahlung.
Buch
Tipp
MINT-Begabungen fördern mit fiktionaler Literatur
Eine begleitende wissenschaftliche Ausarbeitung zu diesem Beitrag finden Sie hier:
David Rott, Beate Laudenberg (Hrsg.): MINT-Begabungen fördern mit fiktionaler Literatur. Waxmann, 208 S., 34,90 Euro, 2024
Download
Die Arbeitsblätter mit Bildmaterial und der Anleitung für die Experimente gibt es hier zum Download: