Brenzlig! Kilometerweit kann man es riechen: Rauch und Feuer haben eine zugleich anziehende und alarmierende Wirkung. Wir Menschen haben dafür „einen Riecher“, denn Feuer hat uns in der Evolution Nutzen und Schaden gebracht. Zunächst konnten wir Feuer verwenden, dann selbst entzünden – aber wirklich kontrollieren können wir es offenbar bis heute nicht.
Ein Beitrag von Dr. Inge Kronberg
Das zeigen verheerende Brände im Mittelmeerraum, Australien, Amerika, und sogar in der Arktis. Auch in Deutschland ist das Waldbrandrisiko gestiegen. Unkontrollierte Feuer können Mensch und Natur direkt durch Rauch, Hitze und Gas schaden oder indirekt durch die Ausstoßung von Klimagasen. Die globale Erwärmung wird das Risiko eher verschärfen – ein wirksames Feuermanagement ist daher gefragt wie nie. Feuer entsteht durch eine exotherme chemische Reaktion, bei der ein Brennstoff sich sehr schnell mit Sauerstoff verbindet (Oxidation) und Energie in Form von Hitze und Licht freisetzt. Bei Zimmertemperatur reagieren Holz oder Erdölprodukte nicht, aber bei Hitze beginnen solche kohlenstoffhaltigen Brennstoffe Kohlenstoffmonoxid (CO) oder Methan (CH4) abzugeben. Methan entzündet schon durch einen Funken und oxidiert zu Kohlenstoffdioxid (CO2), Wasserdampf und Ruß (C). Rauch steigt auf und zieht sauerstoffhaltige Frischluft nach; in einer Kettenreaktion sorgt die entstehende Hitze für einen weiteren Zerfall des Brennstoffes. Das Feuer bleibt erhalten, solange die drei Komponenten Brennstoff, Sauerstoff und Hitze ausreichen. Umgekehrt lässt sich ein Feuer eindämmen und löschen, wenn mindestens eine dieser Komponenten fehlt: Wasser kühlt und entzieht durch den entstehenden Wasserdampf den Zugang zum Sauerstoff, genau wie Sand, Löschschaum oder Löschdecken.
Feuer und Erdgeschichte
Waldbrände sind erdgeschichtlich älter als die Menschheit. Sie sind verknüpft mit der Entwicklung von Landpflanzen vor ca. 450 Millionen Jahren. Farne und Moose waren durch Leitgewebe und ein festes Zellgerüst aus Zellulose landtauglich geworden, aber an feuchte Lebensräume gebunden. Erst die Samenpflanzen eroberten vor 370 Millionen Jahren auch Trockengebiete: Samen und Früchte machten ihre Vermehrung unabhängig vom Wasser, zusätzliche teilungsfähige Zellen (Kambium) ließen sie in Dicke und Höhe wachsen, aus mit Lignin imprägnierter Zellulose entstand Holz. Durch die Fotosyntheseaktivität stieg zeitgleich mit der brennbaren Biomasse der atmosphärische Sauerstoffgehalt vorübergehend vermutlich auf mehr als die heutigen 21 Prozent – bereits 15–17 Prozent reichen zur Erhaltung eines Brandes aus. Ein Blitzeinschlag oder Vulkanausbruch – und das Feuer war entfacht. Holzkohlefunde beweisen, dass es schon vor 200 Millionen Jahren Brände gab, sie formten die Vegetation von Wüsten, Steppen, Grasländern und Wäldern. Heiße Trockengebiete brennen zwar leicht und oft, wegen knappen Brennmaterials aber nur kurz und selten ausgedehnt. Bei andauernder Trockenheit können trotz Kälte Feuer entstehen, wie arktische Brände noch heute zeigen. Sie sind zwar seltener, aber oft andauernder. In tropischen Klimazonen, wie im Regenwald, ist das natürliche Brandrisiko trotz hoher Temperaturen und reichlicher Biomasse wegen der kühlenden Nässe gering. Allerdings brennen bei hohem Sauerstoffgehalt und größerer Hitze auch feuchte Substrate. Traurige Beweise sind die durch Brandstiftung ausgelösten Amazonas-Feuer der letzten Jahre.
Feuer und Lebensraum
Die Ausbreitung eines Feuers wird durch die Windbedingungen sowie den regionalen Verlauf von Gewässern und Höhenzügen beeinflusst. Dabei steigern vorausgegangene Wetterverhältnisse wie Regenmangel oder Hitzetage das Brandrisiko durch die Anhäufung trockenen Brennmaterials. Oberflächenfeuer (Bodenfeuer, Lauffeuer) erfassen zunächst trockenes Gras, Gestrüpp und Falllaub; von dort können sie sich bis in die durch die Hitze austrocknenden Baumkronen ausweiten. In vorgeschädigten absterbenden Bäumen kann ein Blitzeinschlag direkt ein Kronenfeuer auslösen, das sich von Wipfel zu Wipfel schnell ausbreitet. Mit über 1.000 °C sind Kronenfeuer deutlich heißer als Oberflächenfeuer von bis zu 400 °C, im Boden ist die Hitze bereits weniger lebensbedrohlich. Allerdings kann sogar in unterirdischen Torfschichten ein Grundfeuer (Erdfeuer, Schwelbrand) entstehen. Pflanzen und Tiere haben sich im Laufe der Evolution an eine bestimmte natürliche Häufigkeit und Stärke von Feuern in ihrem Lebensraum angepasst. In feuergefährdeten Regionen pflanzten sich nur Arten fort, die trockene Hitze und Brände tolerieren oder sogar von ihnen gefördert werden.Mammutbäume in Kalifornien gehören zu diesen Pyrophyten. Sie haben eine geschichtete Borke, in der die Flamme wie in einem Papierstapel erstickt. Wurzelstöcke und Kapselfrüchte können im Boden überleben.

Die Zapfen von Kiefern in europäischen Heidelandschaften öffnen sich erst bei 70 °C, ihre Samen keimen dann auf abgebrannten, mineralstoffreichen Freiflächen. Verdunstende ätherische Öle kühlen Pflanzen in Hitzeregionen. Das macht den typischen Duft vieler Nadelbäume und Gewürzkräuter aus – es macht sie aber auch leicht entflammbar. Das gilt auch für die Eukalyptusbäume (700 Arten) in Australien: Sie wachsen schnell und bilden großflächige schattenlose Wälder in Hitzeregionen. Nach einem Feuer treiben teilungsfähige Gewebe im Stamminneren wieder aus. Tiere können einem nicht allzu ausgedehnten Feuer entfliehen oder sich vergraben. Viele kehren gezielt auf der Suche nach Brandopfern zurück. So haben wohl auch die Frühmenschen das Feuer genutzt. Allerdings änderten sich die natürlichen Brandrisiken mit dem Auftreten des „zündelnden“ Menschen.
Feuer und Mensch
Mindestens seit dem Jungpaläolithikum (vor 40.000 bis 10.000 Jahren) nutzt Homo sapiens das Feuer – vermutlich bereits seine Vorfahren vor 1,5 Millionen Jahren. Schon in der griechischen Mythologie wird diese Kulturtechnik mit der „Menschwerdung“ verbunden: Prometheus stiehlt den Göttern das Feuer und bringt es den Menschen. Das Garen der Nahrung macht vor allem Fleisch besser verdaulich und keimfrei, der Rauch konserviert Vorräte. Feuerstellen sind wichtig für die Gruppenbildung und spenden Wärme, Licht und Schutz vor Raubtieren. Im Feuer lassen sich Waffen härten, Keramik brennen, Metalle gewinnen und schmieden. Feuer wird bei Treibjagden und Rodungen eingesetzt sowie bei kriegerischen Auseinandersetzungen. Seit Beginn der Geschichtsschreibung sind aber auch Schadfeuer im Siedlungsbereich dokumentiert, wie der Brand des ersten Tempels in Jerusalem (586 v. Chr.) oder der Bibliothek von Alexandria (48 v. Chr.). Versehentlich oder bewusst entzündete Schadfeuer im Siedlungsbereich prägen seit Generationen die Angst vor Bränden. Brandschutz, Feuerwehr und Löscheinrichtungen haben eine lange Tradition und sind in Siedlungsräumen unerlässlich, um Menschen und ihr Hab und Gut zu schützen. In ländlichen Räumen gab es historisch einen anderen Umgang mit Feuer. Vielfach waren Stoppelbrände üblich, um auf Ackerböden die Mineralstoffe der Asche unterzupflügen. Durch Rauchbelästigung kam es in der Nähe von Häusern und Straßen allerdings zunehmend zu Konflikten. Die indigene Bevölkerung von Australien und Südamerika verwendet seit Generationen die Methode „cool-burning“, um landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen. Dabei werden kontrollierbar kleinräumige Oberflächenbrände entzündet und trockene Pflanzenreste bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen verbrannt. So entstand ein Landschaftsmosaik aus abgebrannten und frisch ergrünten Flächen, das gleichzeitig das Auftreten und die Ausbreitung von Großbränden verhinderte, denn es konnte sich nie übermäßig viel Brennmaterial ansammeln. Seit der Industrialisierung ist der Platz-, Rohstoff- und Energiebedarf der Menschheit kontinuierlich gestiegen. Das hat sich in mehrfacher Hinsicht auf das Brandrisiko ausgewirkt. Siedlungen und landwirtschaftliche Flächen haben die natürliche Vegetation mit ihren angepassten Arten zurückgedrängt. Aus den ursprünglichen Wäldern sind oft gebietsfremde Monokulturen geworden. In den Mittelmeerraum importierte Eukalyptusbäume lieferten zwar sehr schnell Holz, aber auch eine dort bisher unbekannte Feuer-Ausbreitung. Das gilt ähnlich für Fichten- und Kieferforste in Mitteleuropa, die die natürlichen Laubmischwälder ablösten. Wetter-Anomalien durch den Klimawandel, wie lange Hitzeperioden, geringe Niederschläge und schwere Stürme, haben das Feuerrisiko regional verschärft. Durch die ausgedehnten Brände entstehen neben den sichtlichen Schäden zusätzliche Treibhausgase, die wiederum
die globale Erwärmung „befeuern“. Absinkende Rußpartikel auf Schnee- und Eisflächen lassen diese schneller erwärmen und schmelzen. Damit ist Feuermanagement untrennbar mit der Klimapolitik verknüpft und erfordert eine grenzübergreifende Koordination der regionalen Maßnahmen. Feuermanagement heißt nicht nur Feuer vermeiden oder löschen. Es kann auch bedeuten, kleinflächige Brände zuzulassen, um katastrophale Großfeuer zu verhindern. Wir können also von der indigenen Bevölkerung in Risikogebieten lernen, auch wenn sich ihre Praktiken nicht eins zu eins in andere Regionen und zukünftige Zeiten übertragen lassen. Brennmaterialfreie Schneisen oder Mosaike in der Landschaft und in Übergangszonen zur Siedlungsfläche können die Ausbreitung von Bränden stoppen. In Gebäudekomplexen sind vergleichbare Brandwände schon lange üblich. Dabei muss man sich keine ausgeräumten Landschaften vorstellen; beispielsweise können auch Feuchtgelände solche Aufgaben erfüllen. Bei der Aufforstung muss das Brandrisiko neu angepflanzter Arten bezogen auf die Region berücksichtigt werden. GPS und Drohnentechnik machen Vegetationsaufnahmen, Monitoring und Brand-Datensammlung heute überregional leichter möglich. Im Unterricht bietet das Thema „Feuer“ daher nicht nur offensichtliche Anknüpfungspunkte zu naturwissenschaftlichen und historischen Themen, sondern auch zur (jährlichen) Brandschutzübung und zum verantwortungsvollen Umgang mit Feuer.
Weitere Informationen
Aktuelle Waldbrände weltweit
go.nasa.gov/3nh8TYv
Bowman, D. et al. (2020). Wildfires: Australia needs a national monitoring agency.
go.nature.com/3mWyPIo
ed. (2019). Take action to stop the Amazon burning.
go.nature.com/3DFRFcV
Farfax, E., Whittle, A. (2020). Smokey the Beaver: beaver-dammed riparian corridors stay green during wildfire throughout the western USA.
www.bit.ly/3jFdem2
Scott, A. (2020). Fire: A Very Short Introduction. Oxford University Press. Witze, A. (2020). The Arctic is burning like never before – and that’s bad news for climate change
go.nature.com/38x6tMy
Umweltbundesamt: Waldbrände in Deutschland
www.bit.ly/3tgNiQQ
Über die Autorin

Dr. Inge Kronberg
ist promovierte Biologin, Fachautorin und Wissenschaftsjournalistin. Sie schreibt in Lehrbüchern und Fachzeitschriften über aktuelle Themen aus der Ökologie, Genetik und Evolutionsbiologie. Im Schulbereich ist sie als Autorin von Natura Oberstufe, Markl Biologie und verschiedenen Unterrichtsheften tätig.